Mehr als vier Stunden lang stellte sich der russische Präsident am Donnerstag in der Jahrespressekonferenz den Fragen der Journalisten. Dabei ging es unter anderem um den in Berlin erschossenen Georgier, Reaktionen auf die US-Sanktionen gegen "Nord Stream 2" und die Führungsqualitäten des britischen Premierministers Boris Johnson.
Während einer vierstündigen Pressekonferenz in Moskau hat Kremlchef
Der 40 Jahre alte Georgier, der in der russischen Teilrepublik Tschetschenien auf Seite der Separatisten gekämpft haben soll, war am 23. August in Berlin erschossen worden. Der mutmassliche Täter, ein Russe, sitzt in Untersuchungshaft und schweigt.
Die Bundesanwaltschaft verdächtigt staatliche Stellen in Russland oder der Teilrepublik Tschetschenien, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Der Kreml hat Verstrickungen in dem Fall zurückgewiesen.
Kein offizielles Auslieferungsgesuch
Putin räumte nun ein, dass es nie ein offizielles Auslieferungsgesuch für den in Russland gesuchten Georgier gegeben habe. Darüber sei nur auf Geheimdienstebene gesprochen worden, sagte Putin.
Nach seinen Angaben war von deutscher Seite signalisiert worden, dass der von Russland gesuchte Georgier nicht nach Moskau ausgeliefert werde. Deshalb sei auf ein offizielles Gesuch verzichtet worden.
Russland hatte Deutschland vorgeworfen, den Mann trotz eines Gesuchs nicht ausgeliefert zu haben. Putin deutete an, dass die Politik womöglich nichts von Kontakten auf Geheimdienstebene gewusst und es deshalb widersprüchliche Aussagen gegeben habe. In Berlin hiess es zuvor mehrfach, dass man nichts von einem russischen Ersuchen wisse.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch im Bundestag von Bewegung bei den Ermittlungen gesprochen. "Wir sehen jetzt mehr Kontakte." Die Bundesregierung agiere nun auf den "notwendigen Ebenen", sagte sie, ohne Details zu nennen. "Aber weder ist der Hergang dieses schrecklichen Mordes aufgeklärt noch sind wir am Ende dessen, was dazu an Wissen übermittelt werden muss."
Reaktion auf US-Sanktionen gegen Nord Stream 2
Ein weiteres Thema bei Putins Pressekonferenz war die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Auf die US-Sanktionen wird Russland laut Putin mit Gegenmassnahmen reagieren: "Moskau antwortet spiegelgenau."
Die in dieser Woche vom US-Kongress beschlossenen Sanktionen seien ein "unfreundlicher Akt" gegen Russland. "Das wird sich auswirken auf die Beziehungen." Die Unterschrift von US-Präsident Donald Trump steht noch aus. Russland sieht trotzdem keine Gefahr für Nord Stream 2.
Abgelehnt wird die Pipeline vor allem von der Ukraine, die bisher das wichtigste Transitland für die russischen Gaslieferungen nach Deutschland ist. Putin sagte, dass die USA der Ukraine lieber Geld geben sollten, um dem klammen Land zu helfen. Zugleich bekräftigte er, dass Russland den Transit durch die Ukraine in die EU erhalte.
Nord Stream 2 soll zwar Deutschland unter Umgehung der Ukraine versorgen. Trotzdem ist der Energie-Bedarf so hoch, dass auch das ukrainische Leitungsnetz vorerst weiter gebraucht wird.
Putin äusserte sich zudem zuversichtlich, dass sich Russland und die Ukraine über einen neuen Gastransit-Vertrag einigen. Der bislang gültige Vertrag läuft Ende des Jahres aus.
Lob für Boris Johnson
Lobende Worte fand der Kremlchef am Donnerstag für den britischen Premierminister Boris Johnson. Er habe ein feineres Gespür für die Stimmung im Land gehabt als seine politischen Gegner, sagte Putin. "Deshalb hat er die Wahl gewonnen."
"So wie ich es verstehe, wird er nun seine Brexit-Pläne umsetzen", sagte Putin. Der Premierminister will sein Land am 31. Januar aus der Europäischen Union führen. Putin mahnte, Johnson trage die Verantwortung sowohl für sein Land als auch für die Wirtschaft. Angesichts des Brexits sei Grossbritannien daran interessiert, wirtschaftliche Beziehungen zu Russland zu entwickeln. (awa/dpa)
Putin nennt in Berlin ermordeten Georgier einen "Banditen"
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