• In Jerusalem gibt es die heftigsten Auseinandersetzungen seit Jahren.
  • Hunderte Menschen werden verletzt.
  • Die islamistische Hamas reagiert mit massivem Raketenbeschuss, bei Gegenangriffen in Gaza gibt es Tote.

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Nach heftigen Zusammenstössen in Jerusalem wächst die Sorge vor einer Zuspitzung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Auf dem Tempelberg in der Altstadt kam es am Montag erneut zu schweren Auseinandersetzungen. Vor der Al-Aksa-Moschee setzten Polizisten Blendgranaten, Tränengas und Gummigeschosse gegen Steine werfende Palästinenser ein. Palästinensische Rettungskräfte sprachen von mehr als 300 Verletzten. Nach Polizei-Angaben wurden fast zwei Dutzend Beamte verletzt.

Hamas fordert Abzug der Siedler und Polizisten vom Tempelberg sowie aus Ost-Jerusalem

Der militärische Flügel der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas stellte Israel am Montag ein Ultimatum. Ein Sprecher der Organisation in Gaza forderte, Israel müsse bis 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ) alle Polizisten und Siedler vom Tempelberg sowie aus dem Viertel Scheich Dscharrah in Ost-Jerusalem abziehen. Ausserdem müssten alle im Rahmen der jüngsten Konfrontationen festgenommenen Palästinenser freigelassen werden. Es handele sich um eine Warnung.

Aus Sorge vor neuen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen wurden nach Medienberichten öffentliche Luftschutzräume in mehreren Städten im Süden des Landes geöffnet. Ausserdem seien die Routen der internationalen Flüge vom Flughafen Ben Gurion weiter in Richtung Norden verlegt worden. Man stelle sich auch auf mögliche Raketenangriffe auf den Grossraum Tel Aviv ein, berichtete der Sender Kan.

Palästinensern in Ost-Jerusalem drohen Wohnungsräumungen durch israelische Behörden

Die Lage im Westjordanland und im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems ist seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan angespannt. Viele Palästinenser sind zornig, weil die Polizei Bereiche der Altstadt abgesperrt hatte, um Versammlungen zu verhindern. Zudem drohen einigen palästinensischen Familien im Stadtteil Scheich Dscharrah Wohnungsräumungen durch israelische Behörden. Dies verschärfte die Spannungen. Vergangenes Wochenende hatte es jede Nacht Konfrontationen mit zahlreichen Verletzten im Osten der Stadt gegeben.

Israel beging am Montag den Jerusalem-Tag. Das Land feiert damit die Eroberung des Ostteils von Jerusalem einschliesslich der Altstadt während des Sechstagekriegs 1967. Am Nachmittag begann ein Marsch. Nach Warnungen, er könne neue Spannungen auslösen, wurde dessen Route verändert. Sie führte nun nicht mehr durch das Damaskustor und das Muslimische Viertel der Altstadt. Zuvor hatte es die Polizei Juden bereits verboten, bei dem Marsch auch den Tempelberg zu besuchen.

Massive Raketenangriffe auf Israel - Tote in Gaza bei Gegenangriff

Militante Palästinenser im Gazastreifen haben nach Angaben der israelischen Armee am Montag insgesamt rund 150 Raketen auf Israel abgefeuert. Dutzende davon seien von der Raketenabwehr Eisenkuppel abgefangen worden, teilte das Militär am Abend mit.

Die israelische Luftwaffe bombardierte daraufhin Ziele in Gaza. Wie die Armee mitteilte, wurden dabei drei Aktivisten der dort herrschenden islamistischen Hamas gezielt getötet. Das Militär veröffentlichte bei Twitter ein Video des Vorfalls im Norden des Küstengebiets. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza seien dabei 20 Palästinenser getötet worden, darunter neun Kinder. Zudem seien 67 Menschen verletzt worden. Es war zunächst unklar, unter welchen genauen Umständen die Menschen zu Tode kamen. Es gab auch Berichte aus dem Gazastreifen, nach denen einige Einwohner möglicherweise durch fehlgeleitete Raketen der eigenen Seite getötet wurden.

Ein Zwischenfall auf einer Strasse am Rande der Altstadt von Jerusalem verschärfte am Montag zudem die Spannungen: Ein israelischer Autofahrer rammte mit seinem Auto einen Palästinenser, nachdem sein Fahrzeug von einer Gruppe von Palästinensern mit Steinen beworfen worden war. Die israelische Polizei teilte mit, der Mann habe die Kontrolle über das Auto verloren. Anschliessend wurde der Fahrer von einer Menge attackiert. Ein israelischer Polizist schoss in die Luft und zwang die Palästinenser, von ihm abzulassen.

Brand auf Tempelberg ausgebrochen

Am Montagabend brach zudem auf dem Tempelberg nach neuen Zusammenstössen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften ein Brand aus. Die israelische Polizei teilte mit, er sei offenbar durch Feuerwerkskörper verursacht worden. Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sprach bei Twitter von unverantwortlichem Verhalten palästinensischer Demonstranten.

Ein Video zeigte, wie ein grosser Baum in Flammen aufging. Der Brand war auch von der Klagemauer aus zu sehen, wo zahlreiche Israelis weiter den Jerusalem-Tag feierten. Das Land zelebriert damit die Eroberung des Ostteils von Jerusalem einschliesslich der Altstadt während des Sechstagekriegs 1967. Zuvor hatte es die Polizei Juden bereits verboten, bei dem Marsch auch den Tempelberg zu besuchen.

Israelis und Palästinenser machten sich gegenseitig für die jüngste Eskalation verantwortlich. Israels Präsident Reuven Rivlin erklärte: "Der Staat Israel respektiert die Religionsfreiheit und wird dies auch weiterhin tun. Er wird allerdings Störungen der öffentlichen Ordnung, Sabotageakte und Unterstützung von Terrorismus nicht dulden." Ein Sprecher Netanjahus beschuldigte militante Palästinenser, Steine in der Al-Aksa-Moschee gesammelt zu haben, um damit israelische Soldaten zu bewerfen. Hussein al-Scheich, Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, warf Israel eine "Erstürmung" des Tempelberg-Geländes vor.

Der Status Jerusalems ist eine der zentralen Streitfragen im Nahost-Konflikt. Israel beansprucht Jerusalem als "ewige und unteilbare Hauptstadt" für sich. Die Palästinenser halten ihrerseits an ihrem Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt fest. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist für Juden wie Muslime von herausragender Bedeutung. Es ist die drittheiligste Stätte im Islam. Zugleich standen dort früher zwei jüdische Tempel, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde. Die Klagemauer ist ein Überrest jenes zerstörten Tempels und die heiligste Stätte der Juden. (ash/dpa)

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