Die Volksinitiative ist das populärste Instrument der schweizerischen Direktdemokratie. Doch es gibt zahlreiche unsichtbare Hürden, die den Zugang erschweren. Was braucht es alles, damit eine Initiative erfolgreich sein kann? Über diese Frage brüteten Initianten, Verfassungsrechtler und Kampagnenprofis zusammen mit dem Publikum in Zürich.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Von der anfänglichen Idee bis zur finalen Abstimmung ist es ein weiter und hürdenreicher Weg. Was braucht es für eine erfolgreiche Initiative?

1. Alles beginnt mit einer Idee

Die wichtigste Voraussetzung steht ganz am Anfang des Prozesses: Eine zündende Idee, die in tiefster Überzeugung wurzelt und die Leute anspricht. Es erfordert aber auch Chuzpe, Kreativität, Idealismus, Opferbereitschaft und viel Schnauf.

Das "feu sacré" loderte auch in Armin Capaul, dem Vater der Hornkuh-Initiative. Der heitere und alles andere als wortkarge Bergbauer mit grauem Langbart und kariertem Woll-Käppi erklärte dem urbanen Publikum, dass es gar nie seine Absicht war, eine Initiative zu starten.

Behörden und Politik wollten von seinem Ansinnen nichts wissen. Mangels Optionen fasste er kurzerhand den Entschluss, eine Initiative zu starten.

2. Ein starkes Netzwerk aus Unterstützern

Die Bundeskanzlei teilte dem wackeren Einzelkämpfer mit, dass er sein Vorhaben nicht im Alleingang meistern könne, sondern dafür ein Komitee bestehend aus 7 bis 27 stimmberechtigten Personen brauche.

So reiste er landauf, landab auf der Suche nach Verbündeten, bis er schliesslich ein buntes Komitee von 16 Personen aus 15 verschiedenen Kantonen beisammenhatte.

Eine fleissige und verlässliche Entourage ist absolut zentral bei der Lancierung einer Initiative. Denn hinter dem Prozess steht viel handwerkliche und zumeist ehrenamtlich verrichtete Arbeit, die Manpower erfordert: Die Ausarbeitung des Verfassungsentwurfs, das Sammeln von Unterschriften, Strassenaktionen, interne und externe Vernetzungsarbeit, Erstellen von Konzepten, Medienarbeit, Anwesenheit auf Podien, usw.

Auch Daniel Straub, Urheber der Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, baute sich ein Netzwerk auf. Ohne dieses "Initiativmanagement" als Schaltzentrale der Bewegung wäre er auf verlorenem Posten gewesen. Er band diese Leute ganz nahe an sich und schaute zu ihnen wie zu seiner Familie, wie er auf dem Podium betonte.

3. Professionalität statt Träumerei

Hat man die nötigen 100.000 Unterschriften binnen 18 Monaten gesammelt und ist die Schlussabstimmung im Parlament durch, fällt der Startschuss für die Abstimmungskampagne.

Kommunikationsberater Andreas Hugi von der Kommunikationsagentur furrerhugi* verwies auf die Wichtigkeit einer professionell geführten Kampagne. Dazu brauche es Profis der öffentlichen Kommunikation.

Was die Menschen anspreche seien einfache und bewegende Geschichten, Emotionen statt Kopflastiges. Und einen Helden mit Identifikationswert (wie Capaul als "David gegen Goliath").

4. Ohne Geld geht nix

Wer sich für die Lancierung einer Volksinitiative entscheidet, geht auch ein finanzielles Wagnis ein. Straub von der Grundeinkommensinitiative musste für die Finanzierung der Initiative gar seine 2. Säule plündern. Rund eine Million Schweizer Franken kostete die Initiative insgesamt.

Auch der Hornkuh-Rebell Capaul musste auf die Ersparnisse von sich und seiner Frau zurückgreifen. Rund 55.000 Franken brachte er persönlich für die Initiative auf. Das meiste davon floss in die Unterschriftensammlung.

Fazit: Als Einzelner kann man etwas bewirken

Und was ist die Moral der Geschichte? Eine Volksinitiative zu lancieren ist kein institutioneller Spaziergang. Wer den Weg beschreitet, investiert sehr viel ohne grosse Erfolgsaussichten. Doch gerade der Fall Capaul zeigt eindrücklich, dass es kein "abstraktes Recht" ist.

Als Einzelner ist man nicht machtlos. Man hat durchaus die Möglichkeit, die Änderung der Bundesverfassung anzuregen, wenn es ein grosses Anliegen ist. Und wer weiss, vielleicht klappt es ja. Denn bekanntlich ist nichts mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.

Volksrecht Nummer 1

Die Volksinitiativen ist die Perle der direkten Demokratie. Doch ihre Erfolgsbilanz fällt erstaunlich mager aus.

Viele Initiativen versanden bereits im Stadium der Unterschriftensammlung und von den übrigen Verfassungsvorlagen wird im Schnitt gerade mal jede zehnte von Volk und Ständen angenommen. Dies zeigt die die folgende Grafik:

Dieser Beitrag ist Teil von #DearDemocracy, der Plattform für direkte Demokratie von swissinfo.ch. Hier äussern nebst internen auch aussenstehende Autoren ihre Ansichten. Ihre Positionen müssen sich nicht mit jener von swissinfo.ch decken.


  © swissinfo.ch

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.