Limettenwasser mit Salz wird in Fitnessblogs sowie auf Instagram und TikTok als Wunderwaffe für die Gesundheit angepriesen. Ein Glas am Morgen soll nicht nur einen Energiekick geben, sondern auch Verdauungsprobleme lösen und den pH-Wert des Körpers regulieren. Ist das Getränk tatsächlich so gesund?
Aktuell wird Limettenwasser mit Salz vor allem in den sozialen Medien als Wundermittel für Gesundheit und Wohlbefinden empfohlen. Die Wiener Ernährungsmedizinerin Christine Tretter kennt das Trendgetränk jedoch auch aus einem anderen Kontext: "Im orientalischen Raum wird es gerne bei grosser Hitze getrunken."
Limettenwasser mit Salz liefere nicht nur Flüssigkeit und Mineralstoffe, die wir bei hohen Temperaturen durch Schwitzen verlieren. Das Salz hebe auch den Blutdruck und mache uns daher fitter. Denn bei Hitze weiten sich unsere Gefässe, was für das Herz eine enorme Belastung darstellt.
"Deswegen fühlen wir uns bei hohen Temperaturen oft schlapp", erklärt Tretter. Dagegen könne Zitronen- oder Limettenwasser mit Salz wahre Wunder wirken, wie die Ernährungsmedizinerin selbst schon getestet hat. "Das Salz wirkt wie ein Booster - dann oft besser als jeder Kaffee."
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Wie wichtig ist die Salzsorte?
Aber spielt es dafür eine Rolle, ob das Salz aus Bad Reichenhall oder dem Himalaya kommt? In vielen Rezepten wird das Getränk speziell mit Himalaya-Salz zubereitet. "Angeblich enthält es zusätzliche Mineralien, doch den Ursprung können wir oft nicht feststellen", sagt Tretter.
Im Prinzip sind Himalaya-Salz und unser Kochsalz das Gleiche: Natrium-Chlorid. Der grösste Unterschied sei wohl, dass dem heimischen Salz Jod zugesetzt werde, um einem Mangel in der Bevölkerung vorzubeugen. Das fehle bei dem fernöstlichen Verwandten.
Himalaya-Salz sei daher vor allem ein Geschäftsmodell. "Ich sehe keinen besonderen Nutzen darin, aber ein grosses Problem: Dieses Salz muss aus dem Himalaya - in Wirklichkeit meist aus Pakistan - zu uns transportiert werden. Das ist ökologisch Unsinn", sagt die Ernährungsmedizinerin.
Aus diesem Grund sieht Tretter viele dieser Ernährungstrends kritisch – von der Avocado über Chiasamen bis hin zu Quinoa. "Es gibt auf dem Markt einen ständigen Druck, etwas Neues zu finden und zu vermarkten. Schon sozial-ökologisch sind diese Trends nicht vertretbar", sagt Tretter.
Auch für unsere Gesundheit brächten diese Trends kaum Vorteile gegenüber heimischen Lebensmitteln. "Die erscheinen vielleicht nicht so modern, aber sie sind mindestens ebenso gesund und ökologisch nicht so sehr belastet."
Limettenwasser mit Salz soll gegen Übersäuerung des Körpers wirken
Ob mit oder ohne Himalaya-Salz: Zumindest das Versprechen, ein wahrer Wachmacher zu sein, kann das Trendgetränk Limettenwasser mit Salz halten. Im Versprechen, den pH-Wert des Körpers zu erhöhen, sieht die Medizinerin hingegen nur geringen Nutzen.
Das Konzept von säure- und basenbildenden Lebensmitteln ist ein schon seit längerer Zeit anhaltender Ernährungstrend. Er stamme aus der alternativen Medizin und finde erst allmählich Einzug in die Schulmedizin, sagt Tretter. "Was nicht heissen muss, dass es nicht stimmt."
Dem Konzept zufolge sinkt der pH-Wert des Körpers über Nacht ab und muss am Morgen wieder erhöht, also basischer, werden, um die Energieproduktion in den Zellen zu optimieren. Zitronen- und Limettensaft werden demnach trotz ihres sauren Geschmacks im Körper basisch verstoffwechselt und sollen somit der Übersäuerung des Körpers am Morgen entgegenwirken. "Eine Übersäuerung ist vielleicht bei starken Fleischessern nachvollziehbar", sagt Tretter, "aber wer sich halbwegs ausgewogen ernährt, sollte damit keine grösseren Probleme haben."
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Auch pures Wasser fördert die Verdauung
Ein Problem sei allerdings, dass wir durch unsere Ernährung generell viel zu viel Salz zu uns nähmen, ohne ausreichend körperlich aktiv zu sein. Zu viel Salz ist besonders für die Nieren eine grosse Belastung. Die WHO empfiehlt Erwachsenen daher, nicht mehr als fünf Gramm Salz pro Tag zu sich zu nehmen.
Die meisten Rezepten für Limettenwasser mit Salz sehen folgende Mischung vor:
- 1 Glas Wasser (mindestens 0,2 Liter)
- 1/4 TL Salz
- 1 Schuss/EL Limettensaft
Ein Viertel Teelöffel Salz entspricht etwa 1,25 Gramm – bereits ein Viertel der empfohlenen Maximaldosis. "Mit diesem Getränk fangen wir dann schon am Morgen damit an, uns zusätzlich Salz zuzuführen", sagt Tretter. "Das kann gerade für Patienten mit Bluthochdruck oder Magenbeschwerden problematisch sein."
Als tägliche Morgenroutine ist Limettenwasser mit Salz daher für sie eher nicht zu empfehlen. "Bei grosser Hitze oder nach intensiver sportlicher Anstrengung kann man das Getränk durchaus einmal probieren, insbesondere dann, wenn man noch nicht viel gegessen hat", sagt die Ernährungsmedizinerin. "Täglich würde ich das nicht trinken."
Wer es vor allem auf die verdauungsfördernden Eigenschaften des Getränks abgesehen hat, kann stattdessen zu einer einfacheren und günstigeren Alternative greifen: Ein grosses Glas Wasser hat denselben Effekt. "Grund dafür ist der Gastrokolische Reflex, der vom Mund über den Magen hinunter bis zum Dickdarm reicht", erklärt Tretter. Wer am Morgen zügig ein Glas Wasser trinkt, löst damit den Reflex aus und aktiviert den Dickdarm, sagt Tretter. "Salz und Limettensaft braucht es dafür nicht."
Verwendete Quellen:
- Telefoninterview mit Ernährungsmedizinerin Dr. Christine Tretter
- WHO.int: "Fünf Empfehlungen zur Reduzierung der Salzzufuhr für ein längeres und gesünderes Leben"
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