• Ausgerechnet der in Obst natürlich vorkommende Fruchtzucker soll schädlicher sein als der verpönte Haushaltszucker.
  • Was steckt dahinter - und sollte man auf Obst lieber verzichten?
  • Wir haben nachgefragt.

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Lange Zeit hatte Fruchtzucker, in der Fachsprache Fructose genannt, einen sehr guten Ruf. Viele Produkte wurden als besonders gesund beworben, wenn sie statt Haushaltszucker Fructose enthielten.

Doch die jüngere Forschung zeigt, dass Fruchtzucker Krankheiten wie Diabetes und Fettleber begünstigt und stärker zu Übergewicht beiträgt als Haushaltszucker. Während ihr Energiegehalt gleich ist, werden die beiden Zuckerarten im Körper unterschiedlich verarbeitet.

"Das Besondere an Fruchtzucker ist, dass seine Verstoffwechslung anders als bei anderen Zuckerarten quasi ohne Insulin abläuft und dass es kein Sättigungsgefühl auslöst. Man kann darum viel mehr davon essen", sagt Prof. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.

Diabetiker-Produkte begünstigen Diabetes

Deshalb waren spezielle Diabetiker-Produkte laut Techniker Krankenkasse, die bis vor wenigen Jahren in Supermärkten angeboten wurden, mit Fructose gesüsst. "Die sind inzwischen verboten, weil man gesehen hat, dass gerade Fruchtzucker Diabetes verursacht und viel schädlicher ist als der normale Zucker", so Smollich.

Fructose ist ein Einfachzucker, der in Obst und Gemüse natürlich vorkommt. Der Haushaltszucker Saccharose ist ein Zweifachzucker, er besteht aus zwei Zuckerarten, nämlich Fructose und Glucose.

Fructose verarbeitet der menschliche Körper direkt in der Leber. So kommt es nicht zu einem Insulinanstieg. Bei dem Vorgang wird auch die Fettproduktion angeregt, hat das Max-Rubner-Institut herausgefunden. Waren die Fettpolster einst als Energiereserven für Hungerperioden überlebenswichtig, sind sie in den heutigen Industrieländern eher riskant: Übergewicht begünstigt viele Krankheiten.

Der menschliche Körper ist auf die Fruchtzuckermengen eingestellt, die unsere Vorfahren durch den Konsum verhältnismässig geringer Mengen Obst zu sich nahmen. Doch heute steckt Fructose in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot, Wurst, Joghurt, Limonaden und Fertiggerichten. Viele Menschen nehmen dadurch Fruchtzucker im Übermass zu sich.

Liebling der Lebensmittelindustrie

Für die Lebensmittelindustrie hat Fruchtzucker klare Vorteile. Er ist relativ billig in der Herstellung und doppelt so süss wie Glucose. "Die Lebensmittelindustrie verwendet Fructose auch schon wegen des Namens bevorzugt. Fruchtzucker klingt natürlich und gesund, während sich Saccharose, auch Industriezucker oder Haushaltszucker genannt, einfach nicht so gut anhört", sagt Smollich. Das führe dazu, dass besonders auch Lebensmitteln für Kinder bevorzugt Fructose zugesetzt werde.

Deshalb rät der Ernährungsmediziner dazu, im Supermarkt einen genauen Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe und Nährwertangaben zu werfen. Fructose steckt nicht nur hinter der Bezeichnung Fruchtzucker. Die Wörter Maissirup, Isoglucose und Fructose-Glucose-Sirup weisen ebenfalls auf einen hohen Fructosegehalt hin.

Bei den Nährwertangaben sollte man den Gesamtzuckergehalt im Blick haben. Dieser findet sich unterhalb der Angabe für Kohlenhydrate mit der Bezeichnung "davon Zucker". Denn unabhängig von der Zuckerart konsumieren die Menschen in vielen Ländern zu viel von dem Süssmittel.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt bereits seit Jahren vor den Gesundheitsschäden, die dadurch ausgelöst werden und empfiehlt, nicht mehr als fünf Prozent der Nahrungsenergie aus Zucker zu beziehen.

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Vorsicht vor Smoothies!

Auf Obst und fructosehaltiges Gemüse zu verzichten, wäre jedoch keine richtige Schlussfolgerung. "Ernährungsmedizinisch besonders kritisch ist die freie Fructose, die den Lebensmitteln zugesetzt wird. Der freie Zucker wird vom Körper schneller aufgenommen, dadurch hat man diese Stoffwechseleffekte viel drastischer", erklärt Smollich.

Ausserdem nimmt man mit Obst und Gemüse auch viele gesundheitsfördernde Stoffe wie Vitamine, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe auf. "Bei verarbeiteten Lebensmitteln, denen Fructose isoliert zugefügt wurde, hat man nur die Nachteile", so der Experte.

Ähnliches gilt auch für Smoothies. Der Zucker darin ist durch die Verarbeitungsart leichter für den Körper verfügbar. "Viele denken, dass es das Gleiche sei, ob man einen Apfel isst oder einen Smoothie trinkt. Das stimmt aber nicht. Im Smoothie wird die Fructose viel schneller freigesetzt", erklärt Smollich.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
  • Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel: Zuckergehalt von verarbeiteten Lebensmitteln
  • WHO: WHO calls on countries to reduce sugars intake among adults and children
  • TK: Ernährung bei Diabetes mellitus
Hinweis: Dies ist ein Artikel aus unserem Archiv.
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