Wasser leer, Essen fertig, unhöflicher Gast: Im Gastronomiebetrieb gibt es einiges, auf was Kellner und Co. achten und worüber sie sich mit ihren Kollegen austauschen. Weil Gäste aber nun mal nicht alles mitbekommen sollen, verwendet das Servicepersonal geheime Codes für unterschiedliche Situationen.
Mitarbeiter im Serivcebereich müssen Unglaubliches leisten: Sie müssen aufmerksam sein, freundlich, schnell, zuverlässig. Damit das funktioniert, ist ein eingespieltes Team wichtig. Eines, das sich quasi ohne Worte versteht. Ein Teil der Kommunikation zwischen Kollegen findet daher tatsächlich oftmals sehr subtil statt.
Kurze Handzeichen und eindeutige Gesten helfen dabei, untereinander effizienter zu arbeiten. Dadurch wird wertvolle Zeit eingespart – etwa beim Servieren des Essens oder dem erneuten Auffüllen eines Wasserglases.
Das stille Verständnis unter dem Servicepersonal hat aber noch einen anderen Grund: Nicht alles, über was sich Kellner und Co. austauschen, ist auch für die Ohren der Gäste bestimmt.
Drei-Finger-Zeigen mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger
Da kommen zwei Personen zur Tür herein, doch der Restaurantleiter zeigt beim Platzieren mit drei Fingern Richtung Küche. Wundern Sie sich nicht. Dieses Zeichen heisst nämlich nicht "bitte noch warten, da kommt noch jemand Drittes nach", sondern schlichtweg "VIP" ("Very important person").
Bei den Gästen handelt es sich also vermutlich um bekannte Gesichter, die einen entsprechend guten Service erfahren sollen. Tatsächlich kann aber auch das Zeigen eines einfachen "V" mit den Fingern bereits bedeuten, dass eine "sehr wichtige Person" eingetroffen ist.
Die Hand bestimmt das Wasser
"Darf es für Sie auch ein Wasser sein?", fragt die Bedienung meist, wenn sie die Bestellung aufnimmt. Kaum haben Sie geantwortet, sind Ihre Gläser vermutlich auch schon mit dem Wasser Ihrer Wahl gefüllt. Was in magischer Geschwindigkeit und scheinbar ohne Absprache zu passieren scheint, ist in Wirklich das Ergebnis klarer Kommunikation.
Zeigt der Kellner seinen Kollegen die flache Hand, bedeutet das "stilles Wasser". Eine geballte Faust steht hingegen für Leitungswasser. Eine Zappelbewegung der Finger übermittelt Ihren Wunsch nach Sprudelwasser.
Doch die Hände des Kellners verraten nicht nur, welches Wasser der Gast wünscht. Wischt sich die Bedienung mit der Hand über die Schulter, bedeutet das den Kollegen, dass ein Tisch schmutzig ist und sauber gemacht werden soll.
Platziert die Servicekraft ihren Zeigefinger auf dem Jacken- oder Hemdaufschlag, heisst das so viel wie "Ich benötige bitte Hilfe".
Bestimmte Körperteile verraten den Anlass
Haben Sie das Restaurant wissen lassen, dass Sie einen besonderen Anlass feiern? Dann seien Sie sich gewiss, dass das Personal entsprechend vorbereitet sein wird.
Selbst wenn Sie dem Kellner nur beiläufig sagen, dass heute Ihr grosser Tag ist, wird diese Information recht schnell die Runde machen.
Ein Fingertipp des Kellners auf den Ringfinger verrät seinen Kollegen, dass Sie Ihren Jahrestag oder Hochzeitstag feiern. Ein Fingertipp auf den Bauchnabel hingegen signalisiert "Der Gast hat Geburtstag".
Wenn die VNP auch noch ein WKF ist
Sie wollen einen Tisch in einem Restaurant reservieren? Dann seien Sie am Telefon besonders freundlich. Denn in vielen Lokalen wird nicht nur Ihr Name hinter der Reservierung notiert, sondern auch der erste Eindruck, den Sie am Telefon gemacht haben.
Wie der britische "Guardian" berichtet, steht das Kürzel "VNP" demnach für "Very nice person" (auf Deutsch: "besonders nette Person").
Sind Sie dem Restaurant bereits bekannt – sei es als Stammgast oder Prominenter – könnte sich hinter Ihrem Namen die Abkürzung "WKF" befinden. Das bedeutet so viel wie "Well-known face", also "bekanntes Gesicht".
Natürlich lassen sich diese Kürzel nicht verallgemeinern. Sie sind Beispiele aus dem englischsprachigen Raum, zeigen aber sehr gut, wie kreativ Servicekräfte werden können. Begriffe und Bezeichnungen für Vorgänge oder Gäste können selbstverständlich von Lokal zu Lokal variieren.
Das zeigt auch eine Übersicht aus den USA: Ein Kolumnist der "New York Times" hatte vor einigen Jahren für die Restaurants der Stadt eine höchst unterhaltsame Art von Wörterbuch erstellt.
Darin konnte man genau nachlesen, in welchen Gourmettempeln welche Abkürzungen verwendet wurden und wofür. Für deutsche Lokalitäten gibt es so etwas leider (noch) nicht.
Die geheime Sprache der Kellner
So unterhalten sich Servicekräfte in einer Sprache, die Aussenstehenden schlichtweg verborgen bleibt. Das ist übrigens nichts Neues, wie der österreichische Autor Robert Girtler behauptet.
Für sein Buch "Herrschaften wünschen zahlen" fand er heraus, dass es in Wien schon seit langer Zeit eine eigene Geheimsprache unter Kellnern gibt.
Damit ist keine Zeichensprache gemeint, sondern tatsächlich eine eigens unter den Bedienungen gesprochene Fantasiesprache.
Diese sogenannte Kellnersprache wandelte die normale Sprache um in eine Art Code. Die erste Silbe eines einzelnen Wortes wurde dem Wort hinten angestellt, ein "O" dafür vorn angefügt. Aus "blöder Trottel" wurde so "Otteltro oderblö".
Diese Sprache war zwar recht kompliziert zu erlernen, wurde aber von Kellnern aus ganz Österreich einheitlich gesprochen und verstanden.
Durch ihren Gebrauch sollte verhindert werden, dass Gäste mitbekommen, wenn über sie geredet wird. Ob die Kellnersprache auch heute noch Anklang in Wien findet, ist jedoch nicht überliefert.
Der nächste Restaurantbesuch wird spannend
Mithilfe unserer entschlüsselten Codes und Handzeichen können Sie bei Ihrem nächsten Restaurantbesuch mal darauf achten, ob sich Kellner und Küche etwas zu sagen haben, das sonst niemand hören kann.
Verwendete Quellen:
- The Guardian: The codes that tell you what your waiter is really thinking
- The New York Times: Terms of Service
- The Washington Post: VIP: Fingers positioned in a sideways V
- Robert Girtler: "Herrschaften wünschen zahlen" (Böhlau Verlag Wien)
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