- Bequem auf dem Sofa sitzen, statt mit FFP2-Maske in den Supermarkt zu gehen. Die Milchtüten und die Kisten mit Mineralwasser andere schleppen lassen. Lebensmittel-Lieferdienste werden immer beliebter und gehören zu den grossen Gewinnern der Corona-Pandemie.
- Lesen Sie hier, wie die Angebot der etablierten Unternehmen funktionieren und was Startups in der Branche zu bieten haben.
- Und dann ist da noch die Frage: Geht der Boom weiter, wenn die Pandemie vorbei ist?
Der Einzelhandel zählt zu den Branchen, die während der Corona-Krise besonders stark unter die Räder gekommen sind. Das gilt aber nicht für alle Produktgruppen. Angesichts geschlossener Restaurants und Kantinen kochen die Deutschen vermehrt zuhause.
Supermärkte und vor allem auch der Onlinehandel mit Lebensmitteln sind eindeutige Gewinner der Pandemie. Während die Lebensmittel-Lieferdienste in Deutschland im Jahr 2019 noch rund 1,6 Milliarden Euro umgesetzt haben, ist die Zahl im Coronajahr 2020 auf 2,7 Milliarden hochgeschnellt.
Neue Unternehmen drängen in den wachsenden Markt
Von dem Boom profitieren nicht nur die etablierten Supermärkte, die schon seit Jahren einen Lieferservice anbieten. Von dem wachsenden Milliardenmarkt wollen auch zahlreiche neue Startups ein Stück abhaben.
Einige davon versuchen sich mit besonderen Liefermodellen eine Nische zu sichern. Picnic liefert beispielsweise wie einst der Milchmann zu festgelegten Zeiten die georderten Lebensmittel aus, sodass ein Viertel mit mehreren Kunden nur einmal angefahren werden muss. Gorillas verspricht dagegen, die Ware innerhalb von zehn Minuten nach der Bestellung an die Haustür zu bringen.
Laut einer Befragung von Statista tätigten Ende 2020 die meisten Deutschen ihre Onlinekäufe bei den folgenden Anbietern mit einem klassischen Lebensmittel-Vollsortiment:
Amazon Fresh
Der Platzhirsch unter den Lebensmittel-Lieferdiensten ist Amazon Fresh. Der Versandriese hat auch bei frischen Lebensmitteln ein grosses Sortiment und stellt den Einkauf werktags zwischen 8 und 22 Uhr mit eigenen Fahrzeugen zu. Einen Mindestbestellwert gibt es nicht. Der grösste Nachteil: Das Angebot können nur Kunden nutzen, die eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für Amazon Prime oder auch eigens für Amazon Fresh (je ab 7,99 Euro monatlich) abschliessen.
Rewe
Das Onlineshopping von Lebensmitteln bietet Rewe bereits seit 2012 an. Die Produktauswahl ist gross. Die Lieferung erfolgt von Montag bis Samstag zwischen 8 und 22 Uhr. Es stehen jedoch nicht immer Liefertermine in naher Zukunft zur Auswahl. Kunden können vorbestellte Ware aber auch fertig eingepackt selbst im Markt abholen. Der Mindestbestellwert beträgt 50 Euro.
food.de
Auch food.de hat eine grosse Auswahl an klassischen Supermarkt-Produkten. Aktuell bedient das Unternehmen 55 deutsche Städte und ihr Umland. Laut Auskunft des Unternehmens können Kunden in der Regel noch am selben Tag ein Zeitfenster für die Lieferung auswählen. Diese liegen von Montag bis Samstag zwischen 8 und 14 Uhr sowie zwischen 16 und 22 Uhr. Einen Mindestbestellwert gibt food.de nicht vor.
Bringmeister
Bringmeister gehört zu Edeka und liefert aus dem breiten Sortiment der Supermarktkette. Der Dienst hat sehr grosszügige Lieferzeiten. Dem Kunden stehen von Montag bis Samstag Zeiten zwischen 6 und 24 Uhr zur Auswahl. Der Mindestbestellwert beträgt 40 Euro. Allerdings steht Bringmeister nicht überall zur Verfügung. Aktuell werden nur die Standorte Berlin, München und Potsdam bedient.
Die Zahl der Anbietern für Lebensmittellieferungen wächst beständig. Neben anderen will beispielsweise der tschechische Händler Rholik mit seiner Tochter knuspr.de in Kürze in Deutschland fussfassen.
Doch wie wird es nach der Corona-Krise weitergehen? Reicht der Kuchen dann noch für alle?
Onlinekäufe von Lebensmitteln etablieren sich vermutlich anhaltend
Statista erwartet in seiner aktuellen Prognose auch nach der Pandemie keinen Rückgang des E-Commerce-Umsatzes mit Lebensmitteln. Der Datenanbieter rechnet sogar mit einem weiteren wenn auch deutlich abgeschwächten Wachstum des Marktes.
Getnow, Hellofresh, myTime, Amazon Fresh, Edeka und Gorillas liessen eine Anfrage unserer Redaktion zu ihren Erwartungen an die Zukunft unbeantwortet. Rewe weist in seiner Stellungnahme auf die über Jahre gewachsene starke Struktur seines Lieferdienstes "mit zehn spezialisierten Food Fulfillment Centern, über 2.500 Mitarbeitern und einer eigenen Flotte an Lieferfahrzeugen" hin. Auch was den Abholservice an den bundesweit bereits existierenden rund 1.100 Standorten angeht, könnten neue Konkurrenten vermutlich nicht so schnell aufholen.
Der Online-Supermarkt food.de geht davon aus, dass er auch nach der Pandemie von einem Gewöhnungseffekt profitieren kann. Durch den aktuellen Boom würden immer mehr Kunden den Service schätzen lernen. "Wer geht schon los die Wasserkästen schleppen, wenn er sie umweltschonend und einfach am selben Tag nach Hause gebracht bekommt?" heisst es in der Antwort des Unternehmens auf unsere Anfrage.
Verwendete Quellen:
- Antworten von food.de und Rewe auf Anfragen unserer Redaktion
- E-Commerce-Bundesverband bevh: Wie sieht eigentlich der Lebensmittel-Onlinehandel aus?
- Statistisches Bundesamt: Einzelhandelsumsatz im Jahr 2020
- ifo: Branchen im Fokus: Lebensmitteleinzelhandel
- ifo: Konjunkturperspektiven 04/2021
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