• Immer mehr Lebensmittelhersteller kennzeichnen ihre Produkte mit sogenannten Lebensmittelampeln.
  • Grün gekennzeichnete Produkte gelten dabei als besonders gesund und nährwertreich, rote weisen nährstoffarme Inhaltsstoffe auf.
  • Eine britische Studie hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Lebensmittelampeln wie der Nutri-Score tatsächlich zu einer gesünderen Ernährung beitragen - und findet eine klare Antwort.

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Farbige Nährwertkennzeichnungen oder Warnhinweise auf der Vorderseite von Verpackungen tragen zu gesünderen Einkäufen bei. Das berichten britische Wissenschaftler nach einer Metaanalyse im Fachblatt "PLOS Medicine".

Damit wird auch der Lebensmittelampel in Deutschland bescheinigt, Verbraucher zu gesünderen Einkäufen zu motivieren. Doch es gibt auch Kritik an dem System.

Nutri-Score-System: Farbenskala zeigt, wie gesund Lebensmittel sind

Im November 2020 startete hierzulande das sogenannte Nutri-Score-System. Dieses beinhaltet eine fünfstufige Farbskala sowie einen Buchstaben von A bis E und soll auf einen Blick verraten, wie gesund oder ungesund ein Lebensmittel ist.

In die Berechnung des Nutri-Score werden sieben Nährwerte einbezogen: Als ungünstig gelten Salz, gesättigte Fette, Zucker und ein hoher Energiegehalt, während sich Eiweiss- und Ballaststoffgehalt sowie der Anteil an Obst und Gemüse positiv auswirken.

Für die Mengen jener Nährwerte je 100 Gramm werden Plus- und Minuspunkte vergeben, das Ergebnis wird in der Farbe des Nutri-Score und im Buchstaben angegeben: je grüner und näher an A, desto besser die Bewertung, während Produkte mit einem roten E als ungünstig gelten.

Viele Firmen kennzeichnen Lebensmittel freiwillig

Das aus Frankreich stammende System soll vor allem einen Vergleich zwischen Produkten derselben Kategorie erlauben. Statt Schokomüsli gegen Fertigpizza abzuwägen, können Verbraucher mit der Lebensmittelampel etwa die vegetarische Pizza mit der Salamipizza vergleichen.

Wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Februar mitteilte, nutzten damals 116 Firmen mit 236 Marken freiwillig den Nutri-Score.

Wie sich derartige Kennzeichnungen auf Kaufentscheidungen von Verbrauchern auswirken, hat nun ein Team um die Epidemiologin Jing Song von der Queen Mary University in London untersucht.

Wie wirkt sich der Nutri-Score auf das Kaufverhalten aus?

Konkret analysierten die Wissenschaftler 134 Studien, die zwischen 1990 und 2021 erschienen. Dabei konzentrierten sie sich auf vier verschiedene Kennzeichnungssysteme: zwei mit Farbleitsystemen wie dem Nutri-Score und zwei mit Warnhinweisen, wie sie etwa in Chile und Kalifornien eingesetzt werden.

Der Studie zufolge können alle vier Systeme Verbraucher dazu motivieren, mehr ernährungsphysiologisch wertvolle Produkte zu kaufen. Dabei wirkten die Systeme psychologisch unterschiedlich: Farbcodierte Kennzeichnungen schienen eher dazu beizutragen, gesündere Käufe zu fördern, während Warnhinweise eher von ungesunden Produkten abhielten. Warnhinweise wurden als einfacher verständlich wahrgenommen, während Farbleitsysteme als informativer eingeschätzt wurden.

Studie mit gewissen Einschränkungen

Die Autoren räumen einige Einschränkungen für ihre Analyse ein: Zum einen bedeute ein gesünderer Einkauf nicht automatisch, dass sich die Menschen auch gesünder ernährten.

Zudem habe es sich bei den meisten Studien um Laborversuche gehandelt, in denen die Teilnehmer etwa in einem virtuellen Supermarkt Entscheidungen treffen sollten. Lediglich zu Farbleitsystemen gebe es eine Handvoll Untersuchungen mit Daten aus der echten Welt. Die zeigten aber tatsächlich einen Anstieg bei der Auswahl gesunder Lebensmittel.

Dennoch beinhalteten Laborstudien ein Verzerrungsrisiko: Dass den Teilnehmern bewusst war, dass es um gesunde Ernährung ging, könnte ihre Antworten beeinflusst haben.

Grüne Lebensmittel sind gut, rote schlecht - oder?

Darüber hinaus wurden in der Analyse nur Energie und ungünstige Nährstoffe wie etwa Zucker, Salz und Fett berücksichtigt, die in Kennzeichnungssystemen häufig vorkommen und als Risikofaktoren für Krankheiten gelten. Dagegen gebe es nur wenige Studien, die die Auswirkungen von Kennzeichnungssystemen auf günstige Nährstoffe wie Proteine und Ballaststoffe untersuchten.

Nicht zuletzt sei das Aufrechnen von günstigen und ungünstigen Werten umstritten, da es zu einem sogenannten Halo-Effekt führen könnte, bei dem Produkte trotz eines hohen Gehalts an Salz, Zucker oder Fett als "gesund" gelabelt werden, weil sie zusätzlich einige günstige Nährwerte enthalten.

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Dieser Halo-Effekt wird auch beim Nutri Score kritisiert: So erhalten einige stark zuckerhaltige Produkte ein grünes Label, weil sie auch einen hohen Ballaststoff- oder Fruchtanteil aufweisen. Umgekehrt flössen manche positive Inhaltsstoffe wie Omega-3-Fettsäuren und Vitamine nicht in die Berechnung ein, bemängelt etwa die "Stiftung Warentest".

In der Folge bekomme etwa Olivenöl wegen eines Fettanteils von hundert Prozent eine schlechte Bewertung, für seine vorteilhaften ungesättigten Fettsäuren aber keinen Ausgleich. Entsprechend urteilt auch die Verbraucherzentrale: "Ein Label wie der Nutri-Score eignet sich vor allem für komplex zusammengesetzte und stark verarbeitete Lebensmittel."

Forderung nach einheitlicher Kennzeichnung

Nicht zuletzt basiert der Nutri-Score auf der Freiwilligkeit der Hersteller. "Deutlich besser wäre es aber, ihn einheitlich und verbindlich einzuführen, und zwar europaweit", hatte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), schon zum Start gefordert.

Dieses Plädoyer wird von den Autoren der aktuellen Studie unterstützt: "Unsere Studie hat bestätigt, dass die verpflichtende Etikettierung auf der Vorderseite der Verpackung die Wahl der Verbraucher lenkt und die Lebensmittelindustrie ermutigt, ihre Produkte neu zu formulieren." (dpa/tar)

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