Berlin - Ob für Klamotten, Schulbedarf oder Freizeit: Vielen Familien ist das Kindergeld im Alltag eine wichtige finanzielle Stütze. Umso schwieriger ist es für sie, wenn die Zahlungen mit Beginn der Volljährigkeit des Nachwuchses auslaufen. Das muss aber gar nicht sein.
Denn in vielen Fällen steht Familien das Kindergeld auch über den 18. Geburtstag des Sohnes oder der Tochter hinaus zu - mit einer Ausnahme jedoch längstens bis zu deren 25. Geburtstag. Damit das Geld weiter fliesst, muss aber rechtzeitig bei der Familienkasse ein begründeter Antrag gestellt werden. Dies ist etwa digital über die Website der Bundesagentur für Arbeit möglich.
Die Kasse zahlt die Beiträge bei Bewilligung maximal für sechs Monate rückwirkend, heisst es in der Zeitschrift "Finanztest" (Ausgabe 2/2023).
Aber in welchen Fällen hat der Antrag überhaupt Aussicht auf Erfolg?
1. Ausbildung oder Studium
Beginnt ein volljähriges Kind nach Abschluss der Schulzeit eine Ausbildung oder nimmt ein Studium auf, gibt es bei der Fortzahlung des Kindergeldes keine Probleme. Bei der Erstausbildung bleiben die Leistungen erhalten. Als Erstausbildung gilt hierbei laut "Finanztest" nicht nur der erste Ausbildungs- oder Studienabschluss, sondern auch weitere Ausbildungsabschnitte, die inhaltlich auf dem ersten aufbauen.
Beginnt das Kind nach dem Abschluss einer ersten Ausbildung eine Zweitausbildung, gibt es ebenfalls weiter Kindergeld - aber nur dann, wenn die Tochter oder der Sohn gleichzeitig keiner Beschäftigung von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht.
Bei der Erstausbildung dürfte der Nachwuchs laut "Finanztest" auch etwas mehr als 20 Wochenstunden arbeiten. Wichtig für die Bewilligung des Kindergeldes ist aber auch hier, dass die Berufstätigkeit nicht im Vordergrund steht. Die Hauptsache muss weiter die Ausbildung oder das Vollzeitstudium sein.
2. Übergangszeit
Hat das volljährige Kind nach dem Schulabschluss zum Beispiel bereits einen Ausbildungs- oder Studienplatz in der Tasche, kann es auch dann weiter Kindergeld geben, wenn sich der Ausbildungsbeginn nicht unmittelbar an das Schulende anschliesst. In einer Übergangszeit, die höchstens vier Monate betragen darf, zahlt die Familienkasse die Leistungen weiter.
Dabei rechnet die Familienkasse aber nicht tagesgenau nach. "Die Übergangszeit kann fast sechs Monate dauern, wenn etwa die Schule Anfang Mai endet und das Studium Ende Oktober beginnt", so "Finanztest". Massgeblich für das Ausbildungsende sei der Zeitpunkt, an dem Zeugnisse vorliegen oder sich online herunterladen lassen. Als Anfang zähle der Zeitpunkt, zu dem die Ausbildung tatsächlich beginnt - etwa mit Vorlesungen.
3. Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz
Findet der volljährige Nachwuchs trotz aller Bemühungen keinen Ausbildungsplatz, wird das finanziell nicht bestraft - das Kindergeld fliesst weiter. Allerdings muss das Kind in diesem Fall bei einer Arbeitsagentur oder einem Jobcenter ausbildungsplatzsuchend gemeldet sein, heisst es auf der Website der Familienkasse.
Und: Eltern sollten nachweisen können, dass das Kind ernsthaft versucht, eine Lehrstelle oder einen Studienplatz zu bekommen. Dafür sollte bei der Ausbildungsplatzsuche mehr als eine Bewerbung pro Monat vorgewiesen werden können. "Finanztest" verweist in diesem Zusammenhang auf ein entsprechendes Urteil des Bundesfinanzhofs (Az.: VI R 10/14).
4. Freiwilligendienst
Für volljährige Kinder gibt es auch dann weiterhin Kindergeld, wenn der Nachwuchs einen Freiwilligendienst leistet. Wohl am bekanntesten sind der Bundesfreiwilligendienst oder ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr. Aber auch andere Angebote können unterstützungsfähig sein.
5. Praktikum mit Bezug zum angestrebten Beruf
Übt das volljährige Kind nach Ende der Schulzeit schon mal für den gewünschten Beruf? Dann gibt es ebenfalls weiter Kindergeld. Laut Familienkasse ist aber wichtig, dass das Praktikum einen fachlichen Bezug zum angestrebten Beruf hat.
6. Arbeitslosigkeit
Auch wenn ein volljähriges Kind arbeitslos und bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter arbeitssuchend gemeldet ist, gibt es weiterhin Kindergeld. Allerdings nur bis zum 21. Lebensjahr.
7. Behinderung
Leidet das Kind unter einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung, die es ihm unmöglich macht, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, gibt es das Kindergeld trotz Erreichen der Volljährigkeit weiter. Das ist laut Familienkasse grundsätzlich dann der Fall, wenn im Schwerbehindertenausweis oder einem ähnlichen Dokument das Merkzeichen "H" (hilflos) eingetragen ist.
Weitere Voraussetzung: Die Behinderung muss vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Ist das Kind bis einschliesslich 1981 geboren, muss die Behinderung vor dem 27. Geburtstag eingetreten sein.
Hier gilt zudem eine Besonderheit: Die Zahlungen enden auch mit dem 25. Geburtstag des Kindes nicht. In diesem Fall gibt es das Kindergeld ohne Altersbegrenzung. © dpa
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