- Impfskeptiker fürchten bislang unabsehbare Langzeit-Schäden nach der Corona-Impfung.
- Wie wahrscheinlich Komplikationen sind, wo sie gemeldet werden müssen und wer im Falle eines Impfschadens haftet.
Generell gilt die Impfung gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 mit den für Deutschland zugelassenen Impfstoffen von Biontech und Moderna als sicher. Sie wurden ausreichend überprüft und haben die drei nötigen Testphasen durchlaufen. Zudem erfolgt auch jetzt, während die Impfungen stattfinden, eine ständige Kontrolle.
Zum Beispiel wird mit dem Vakzin Corminaty von Biontech/Pfizer seit Ende Dezember deutschlandweit geimpft. Die dabei auftretenden Nebenwirkungen werden im wöchentlichen Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) dokumentiert.
- Die Melderate für alle Einzelfallmeldungen betrug ihm zufolge bis zum 24. Januar sieben pro 10.000 Impfdosen, für schwerwiegende eine pro 10.000 Dosen des Impfstoffes.
Die Zahl der Meldungen gravierender Reaktionen von Patienten auf die Impfung ist somit sehr gering und nicht höher als die zuvor in Studien erwartete Zahl. Schwerwiegende Impfkomplikationen sind zum jetzigen Stand unwahrscheinlich.
Nach Corona-Impfung Rückmeldung per App
Um aktuelle Daten zur Verträglichkeit der Corona-Impfung zu erlangen, hat das PEI die Smartphone-App SafeVac2.0 entwickelt. Wer geimpft wurde, kann hier Informationen zu seiner Vakzin-Verträglichkeit hinterlassen. Die App kann kostenlos im Google-Playstore sowie App Store von Apple heruntergeladen werden.
Zur Einordnung von Impffolgen muss man zwischen Impfreaktion, Impfkomplikation und Impfschaden unterscheiden.
Unter einer Impfreaktion versteht man unmittelbar und bis zu drei Tage nach der Impfung auftretende Beschwerden wie Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle.
Es kann auch zu Fieber bis zu 39,5 Grad, Kopf- oder Gliederschmerzen sowie zu einem allgemeinen Unwohlsein kommen. Solche Reaktionen sind nicht ungewöhnlich und treten häufig auf. Über sie klärt der Arzt vor der Impfung auf.
Wie Impfkomplikationen gemeldet werden
Impfkomplikationen hingegen sind selten. Bei ihnen handelt es sich um eine, über das übliche Ausmass einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung. Zudem versteht man sie als schwerwiegende, unerwünschte Arzneimittelwirkungen.
Nach Paragraf sechs des Infektionsschutzgesetzes ist der Verdacht einer Impfkomplikation meldepflichtig. Die Meldung erfolgt über den Arzt an das Gesundheitsamt. Sie ist aber auch direkt an das PEI möglich.
Jeder Verdachtsfall wird von einem Arzt des Instituts geprüft. Das PEI verfügt über eine online abrufbare Datenbank über alle Verdachtsfälle von Impfkomplikationen seit 2007, die öffentlich einsehbar ist.
Wichtig zu wissen ist, dass dort sämtliche Verdachtsfälle genannt werden. Dies gibt aber keinen Rückschluss darüber, wie viele derer letztlich anerkannte Komplikationen oder Schadensfälle sind.
Für Impfschäden sind die Versorgungsämter zuständig
Der Impfschaden ist kein medizinischer, sondern ein rechtlicher Begriff. Er definiert sich aus den Folgen einer Impfkomplikation. Von einem Impfschaden spricht man, wenn "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmass einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung vorliegt", erklärt das Robert-Koch-Institut. Dabei geht es darum, die finanziellen Folgen zum Beispiel durch eine aufgrund der Impfung entstandenen Berufsunfähigkeit aufzufangen.
Kommt es durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung – was bei der Impfung gegen SARS-CoV-2 der Fall ist, zu einem Impfschaden, gelten die Regelungen des sozialen Entschädigungsrechtes, beziehungsweise des Bundesversorgungsgesetzes.
- Gemäss Paragraf 60 des Infektionsschutzgesetzes erhalten Impfgeschädigte auf Antrag beim Versorgungsamt ihres Landkreises finanzielle Hilfe, zum Beispiel in Form einer dauerhaften Rente oder Leistungen für die Hinterbliebenen.
"Der Anspruch richtet sich gegen das jeweilige Bundesland, in dem die Impfung vorgenommen wurde", erklärt Jörn Schroeder-Printzen, Fachanwalt für Medizinrecht, im Gespräch mit unserer Redaktion. Dabei stehe der Bund nach dem Infektionsschutzgesetz nicht in der Haftung.
Impfschaden ist heute selten
Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz entscheidet das Versorgungsamt auch darüber, ob es sich um einen bleibenden Gesundheitsschaden durch eine öffentlich empfohlene Impfung handelt. Seine Ärzte prüfen den Fall und beurteilen den Sachverhalt. Wenn Uneinigkeit besteht, ob die gesundheitlichen Probleme Folgen einer Impfung sind, gehen die Fälle meist vor die Sozialgerichte. Dort werden Gutachter hinzugezogen.
Insgesamt können solche Verfahren mehrere Jahre andauern. Aber: "Dauerhafte Gesundheitsschäden als Folge von Impfungen sind heute sehr selten", sagt Ines Verspohl vom Sozialverband VdK Deutschland e.V. "Die heutigen Fälle im Leistungsbezug gehen fast alle auf Pockenimpfungen zurück."
Experte: Haftung von Impfstoff-Hersteller "eher schwierig"
Zudem könnte es auch einen Anspruch gegen Pharma-Hersteller wie Biontech oder Moderna geben. Dies ist nach der Gefährdungshaftung des Paragraf 84 des Arzneimittelgesetzes definiert. "Es müssen schädliche Wirkungen auftreten, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Mass hinausgehen und die ihre Ursache in der Entwicklung oder Herstellung haben", sagt Schroeder-Printzen. Die schädlichen Wirkungen dürfen also nicht erst nach dem Inverkehrbringen eingetreten sein.
Zudem müsste hier im Ergebnis eine Nutzen-Risikoabwägung vorgenommen werden, sagt der Experte. "Je ausgeprägter die Wirksamkeit der Impfung ist, je nötiger die Anwendung und je geringer die Chancen einer anderen Therapie sind, desto schwerere unerwünschte Nebenwirkungen können hingenommen werden", sagt der Rechtsanwalt. "In der praktischen Umsetzung wird durch diesen Abwägungsprozess eine Haftung des Impfmittel-Herstellers eher schwierig sein."
Zudem muss der Patient bei der Forderung nach Schadenersatz den Zusammenhang zwischen der Impfung und den entstandenen Folgen nachweisen. Auf der ersten Ebene würden ihm zwar Beweiserleichterungen an die Hand gegeben, sagt Schroeder-Printzen, jedoch kann der Hersteller einen Gegenbeweis anbringen. Dieser muss dann zeigen, dass andere Gegebenheiten den Schaden verursacht haben. Käme es tatsächlich zu Schadenersatzansprüchen gegen Pharmaunternehmen, sind diese durch ihre Haftpflichtversicherung entsprechend abgesichert.
Auch dem die Impfung injizierenden Arzt können bei einem Impfschaden rechtliche Konsequenzen drohen. "Er ist bei der Behandlungsmassnahme verpflichtet, den Patienten ordnungsgemäss aufzuklären", erklärt Schroeder-Printzen. Wird er nicht ausreichen über die Risiken und Nebenwirkungen belehrt, ist die Impfung nicht rechtmässig und der Arzt zum Schadenersatz verpflichtet.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Jörn Schroeder-Printzen, Fachanwalt für Medizinrecht
- Statement von Dr. Ines Verspohl, Abteilungsleiterin Sozialpolitik beim Sozialverband VdK Deutschland e.V.
- Tagesschau.de: Deutschlandtrend vom 07.01.2021
- Infektionsschutzgesetzt Paragraph 60
- Paul-Ehrlich-Institut: Sicherheitsberichte
- Robert-Koch-Institut: Sicherheit von Impfungen
- Paul-Ehrlich-Institut: SafeVac-App 2.0. Smartphone-App zur Befragung der Verträglichkeit von COVID-19-Impfstoffen
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