Im Elektromarkt schliessen viele schnell eine Versicherung für ihren neuen Fernseher ab. Doch viel wichtigeren Schutz vernachlässigen manche. Auf welche Policen es tatsächlich ankommt und welche für viele zumindest sinnvoll sind.
Die Zähne, das Handy oder die Hochzeitsfeier – Versicherungen gibt es für vieles. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geben die Deutschen pro Jahr etwa allein für Schaden- und Unfallversicherungen knapp 830 Euro aus. Damit sind sie im europäischen Vergleich ziemlich gut abgesichert. Doch welche Police braucht man eigentlich wirklich?
Sinnvolle Versicherungen sollen vor dem finanziellen Ruin schützen, empfehlen Verbraucherschützer allgemein. Das bedeutet also nicht, dass das neueste Smartphone unbedingt einen Schutz gegen Schäden oder Diebstahl braucht. Auch wenn es wehtut, es nach einigen Monaten vielleicht schon ersetzen zu müssen.
Stattdessen geht es um Versicherungsfälle, die die wenigsten Menschen allein aus ihrem Einkommen oder Vermögen stemmen können.
Private Haftpflichtversicherung darf nicht fehlen
Genau wegen solcher Fälle sei "die private Haftpflichtversicherung ein Muss", sagt Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen. Jeder sollte sie haben. "Oft wissen die Menschen aber gar nicht genau, wozu die eigentlich gut ist", sagt Lawrence. Demnach hat auch nicht jeder Haushalt einen Vertrag, zeigen Daten des GDV: Gut 17 Prozent haben keine Haftpflicht.
Im Ernstfall kann das richtig teuer werden. Denn die Haftpflichtversicherung bezahlt für Schäden, die jemand einer anderen Person verursacht. "Wenn beispielsweise ein Fussgänger einen Unfall verursacht", erklärt Lawrence.
Schmerzensgeld, die Forderungen der Krankenversicherung, mögliche Rentenzahlungen, wenn das Opfer nicht mehr arbeiten kann – das kann sich zu Summen aufaddieren, die ohne Versicherung kaum zu stemmen sind. Der Bund der Versicherten (BdV) empfiehlt, beim Abschluss auf eine Versicherungssumme von mindestens 15 Millionen Euro zu achten.
Mit der Berufsunfähigkeitsversicherung die Existenz absichern
Neben der Haftpflichtversicherung ist auch die Absicherung der eigenen Arbeitskraft wichtig. "Eine Berufsunfähigkeitsversicherung braucht jeder, der von seinem Einkommen lebt", empfiehlt die Verbraucherschützerin. Jeder Vierte wird irgendwann in seinem Leben einmal berufsunfähig.
Doch den notwendigen und richtigen Schutz zu bekommen, ist mitunter schwierig. Unkompliziert ist es für junge, gesunde Menschen, die möglichst einen ungefährlichen und stressfreien Beruf haben. Deshalb sollte eine Berufsunfähigkeitsversicherung so früh wie möglich abgeschlossen werden, rät der BdV.
Bei Personen mit einem höheren Risiko, tatsächlich nicht mehr arbeiten zu können, kann die Versicherung dagegen teuer werden. Bestimmte Krankheiten oder Risikogruppen werden manchmal vom Versicherungsschutz ganz ausgeschlossen. "Verbraucher sollten sich deshalb unbedingt beraten lassen", betont Lawrence.
Die Alternativen: Unfallversicherung und Risikolebensversicherung
Wem eine solche Police zu teuer ist, der kann sich nach Alternativen umsehen, die zumindest einen Teil des Risikos absichern. Möglich ist etwa eine Unfallversicherung. Sie zahlt allerdings nur, wenn ein Unfall einen bleibenden Schaden verursacht, wie beispielsweise ein steifes Knie. "Die Unfallversicherung ist nur eine schwache Alternative zur Berufsunfähigkeitspolice. Tendenziell sinnvoll kann sie aber auch für Sportler, Berufskraftfahrer oder Kinder sein."
Für Familien und Immobilienkäufer ist häufig eine Risikolebensversicherung sinnvoll, weiss Lawrence. "Wenn der Tod eines Partners für die Angehörigen auch eine wirtschaftliche Katastrophe ist, sollte man sie abschliessen." Stirbt der Versicherte, zahlt der Anbieter die vereinbarte Summe aus. Davon können Familien zum Beispiel ihre Lebenshaltungskosten zahlen, wenn ein Gehalt wegfällt. Oder den Immobilienkredit abbezahlen.
Welche Versicherungen man sonst noch braucht
Alle Urlauber, die nicht nur in Deutschland verreisen, sollten ausserdem eine Auslandsreise-Krankenversicherung abschliessen. Zwar bezahlt die gesetzliche Krankenversicherung im europäischen Ausland notfalls einige Behandlungskosten. "Maximal erstattet werden Behandlungskosten, die die Krankenkasse für diese Behandlung in Deutschland zahlen würde", schränkt Lawrence aber ein. "Und den Rücktransport zahlt sie auf keinen Fall." Wer also im Ausland nicht für längere Zeit im Krankenhaus liegen möchte, sollte sich um diesen Versicherungsschutz kümmern.
Viele Versicherungen kann man abschliessen, muss man aber nicht. Es kommt immer auf die individuelle Situation an. Eine Pflegezusatzpolice stockt zum Beispiel die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung auf.
Wer für den Ernstfall genug Geld angespart hat, kann aber darauf verzichten. Und wer sich zu spät darum kümmert, bekommt oft nur noch sehr hohe Beiträge angeboten.
Auf eine Hausratversicherung kann verzichten, wer bisher nicht viel oder nichts Wertvolles besitzt. Steht die Wohnung dagegen voll mit Designermöbeln oder reicht das Geld nicht, um den Hausrat im Notfall zu ersetzen, kann man über einen Abschluss nachdenken. Hausbesitzer sollten sich ausserdem um eine Wohngebäudeversicherung kümmern, die das Haus etwa gegen Feuer oder Sturm versichert.
Wer unsicher ist, welche Versicherungen nun die richtigen sind, kann sich zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen beraten lassen. Eine erste Orientierung bieten sogenannte Bedarfsrechner im Internet, zum Beispiel vom Bund der Versicherten.
Quellen:
- Gespräch mit Katharina Lawrence, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hessen
- Bund der Versicherten: Gut und günstig versichert
- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft: Deutsche mit Aufholbedarf bei der Altersvorsorge.
- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft: So sind die Deutschen versichert.
- Aktuar Aktuell (Ausgabe 44/Dezember 2018): Jeder vierte wird berufsunfähig.
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