Sie haben ein grosses Haus, aber die Rente reicht nicht? So geht es leider vielen Menschen im Ruhestand – vor allem jetzt, mit steigenden Strom- und Heizkosten. Was liegt näher, als das Eigenheim zu Geld zu machen und trotzdem weiterhin darin zu wohnen? Im Internet tummeln sich Anbieter für einen Teilverkauf. Doch es gibt bessere Modelle.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wer kennt es nicht? Das Geld reicht vorn und hinten nicht, und dann liegen noch die neuen, viel höheren Abschläge für Gas und Strom in der Post. Meine Tante zum Beispiel: Die drei Töchter sind lange ausgezogen, die ehemaligen Kinderzimmer im oberen Stockwerk nutzt sie kaum noch, das Haus steigt wegen seiner guten Lage jedes Jahr im Wert. Doch ihre Witwenrente reicht gerade so, um über die Runden zu kommen. Oft wünscht sie sich, sie könnte ihr Haus wenigstens teilweise zu Geld machen, aber trotzdem im Frankfurter Umland wohnen bleiben.

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Im Internet begegnen ihr immer wieder Angebote, die den Traum vieler Ruheständler wahr machen wollen. "Teilverkauf" heisst das Zauberwort, mit dem lächelnde grauhaarige Paare über einen üppigen Geldzufluss schwärmen. Wie immer, wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, frage ich mich: Kann das wirklich funktionieren?

Um es kurz zu machen: Wer im Rentenalter ist, kann sein Haus zu Geld machen, ohne ausziehen zu müssen. Aber, und das ist wichtig: Teilverkauf ist dafür die schlechteste Option. Finanztest hat mehrere Anbieter in einem aufwendigen Praxistest unter die Lupe genommen und bei ihren Angeboten so manchen Haken gefunden. In vielen Fällen gibt es für die Hausbesitzer andere Möglichkeiten, mit denen sie mehr Geld bekommen, und das auch noch mit mehr Sicherheit.

Die Werbung mit den fidelen Seniorinnen und Senioren gibt es natürlich nicht ohne Grund. Der Teilverkauf ist für die Anbieter ein vergleichsweise risikoarmes und lohnendes Geschäft – lukrativer und rechtlich sicherer als andere Formen der Immobilienrente.

Doch für Menschen, die ihr Haus oder ihre Wohnung versilbern wollen, gibt es häufig bessere Wege. Hier sind zwei:

1. Tilgungsfreies Darlehen

Einen Kredit aufnehmen und einfach nicht zurückzahlen – als ich von dieser Variante zum ersten Mal gehört habe, sträubten sich mir als Wirtschaftsjournalistin die Haare. Wir raten normalerweise nur zur Kreditaufnahme, wenn sicher ist, dass Kreditnehmende Zins und Tilgung aus dem laufenden Einkommen bezahlen können. Ich habe mich aber überzeugen lassen, dass im Fall von Senioren und Seniorinnen mit Haus oder Eigentumswohnung das tilgungsfreie Darlehen tatsächlich die günstigste Möglichkeit sein kann, zu Geld zu kommen.

Das geht so: Der Eigentümer nimmt einen Kredit auf sein Haus auf, am besten mit einer möglichst langen Zinsbindung. Häufig begrenzen die Banken die Kredithöhe auf die Hälfte des Immobilienwerts. Anschliessend werden jeden Monat lediglich die Zinsen fällig, aber keine Tilgung für den Kredit. Die Bank bekommt ihr Geld am Ende natürlich trotzdem zurück: Stirbt der Eigentümer oder die Eigentümerin, wird das Haus verkauft.

Was über die Kredittilgung hinaus übrigbleibt, erhalten die Erben. Falls der Kredit fällig wird, während die Hausbesitzer noch leben, können sie die Kreditsumme zurückzahlen, um das Haus zu behalten – oder das Haus verkaufen und den Restbetrag einstreichen, um woanders zu leben.

2. Komplettverkauf mit Bleiberecht

Die zweite Alternative zum Teilverkauf ist der Komplettverkauf mit Wohn- oder Niessbrauchrecht gegen eine einmalige Zahlung. Zugegeben, der Begriff "Niessbrauch" ist ein bisschen altertümlich. Aber er steht für ein Modell der Immobilienrente, das eine interessante Option sein kann: Haus oder Wohnung verkaufen und sich ein lebenslanges Recht des Wohnens sichern.

Käufer und Verkäufer müssen dabei vor allem eine Frage klären: Was ist dieses lebenslange Wohnrecht wert? Denn der Wert des Wohnrechts wird vom Wert des Hauses abgezogen – verkaufswillige Rentnerinnen und Rentner erhalten also eine Summe, die deutlich niedriger ist als der Wert ihres Eigenheims, können dafür aber für den Rest ihres Lebens dort wohnen bleiben. Für viele ist das ein attraktiver Gedanke. Finanztest hat den Wert des Wohnens für mehrere Beispielfälle berechnet. Häufig fiel er höher aus, als die Testpersonen erwartet hatten.

Die grösste Hürde bei diesem Modell: Käufer zu finden, die sich auf das Abenteuer einlassen, ein Haus zu kaufen, ohne zu wissen, wie lange die derzeitigen Bewohner es noch nutzen werden. Es gibt kaum noch professionelle Käufer, die eine lebenslange Leibrente zahlen, seit die Finanzaufsicht strikte Auflagen dafür aufgestellt hat. Es bleiben also vor allem Privatleute als mögliche Käufer mit lebenslanger Leibrente übrig. Die zu finden, kann über spezialisierte Makler gelingen.

Wer einen Komplettverkauf ins Auge fasst, hat es mit einer leicht abgewandelten Version dieses Modells oft einfacher: Es gibt einige Anbieter, darunter auch Stiftungen, die die Immobilie gegen eine Rente auf Zeit oder gegen eine Einmalzahlung kaufen.

Das Fazit: Bei allen Modellen ist eine unabhängige Beratung wichtig. Wer sein Haus verkaufen oder beleihen will, sollte die Vertragsdetails unbedingt von einer Verbraucherzentrale oder einem Fachanwalt oder einer -anwältin prüfen lassen auch wenn das Geld kostet. Immerhin geht es darum, für den Rest des Lebens die Sicherheit zu haben, im eigenen Haus bleiben zu können. Fragen zu den oft sehr komplexen Verträgen beantwortet auch der Notar.

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Meine Tante hat sich von den komplizierten Berechnungen übrigens nicht abschrecken lassen und verhandelt gerade mit einer Bank über ein tilgungsfreies Darlehen. Mit ihren Töchtern hat sie den Plan natürlich besprochen, damit die nicht aus allen Wolken fallen, wenn sie ein Haus erben, das mit einer Hypothek belastet ist.

Sieht so aus, als hätte ich bald das erste Praxisbeispiel in der Verwandtschaft, wie es gelingen kann, eine Immobilie in eine Zusatzrente zu verwandeln. Meine Skepsis, was Darlehen ohne Rückzahlung angeht, habe ich jedenfalls erst einmal abgelegt.

Über die Expertin: Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von Finanztest und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin Finanztest gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und Finanztest sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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