Frankfurt/Main - Egal ob Aktien, Fonds oder ETFs: Rund jeder siebte Deutsche besitzt Wertpapiere. Die Hoffnung der Anleger: das eigene Vermögen zu vermehren. Doch nicht immer geht es mit den Kursen bergauf, gerade in Krisenzeiten kann das Vermögen im Depot schon mal dahinschmelzen. Doch selbst wenn man wochenlang nur auf rote Zahlen blickt, ist es wichtig, nicht die Nerven zu verlieren.
Denn wer in Zeiten fallender Kurse verkauft, macht aus den Buchverlusten, die Anlegerinnen und Anleger in ihrem Depot verfolgen können, reale Verluste in Euro und Cent. All jene, die das tun, verpassen die Chance, in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs die Verluste wieder wettzumachen oder sogar von Kurszuwächsen zu profitieren. "Deshalb ist der beste Rat an Anlegerinnen und Anleger in solchen Situationen oft, einfach nichts zu tun", sagt Jesper Wahrendorf, Leiter des Vermögensverwalters Vanguard Invest.
Auch Finanzökonom Prof. Hartmut Walz ist davon überzeugt, dass Emotionen und Marktstimmungen meistens zu falschen und verhängnisvollen Entscheidungen führen. Noch dazu seien die Ängste oft unbegründet. Besser ist, sich unabhängig von der aktuellen Marktphase eine solide langfristige Investmentstrategie zu erarbeiten und diese auch in Krisenzeiten stur weiter zu verfolgen.
Auch breite Streuung schützt nicht vor Schwankungen
Besonders wichtig dabei: die breite Streuung. Vom langfristigen Wachstum der Wirtschaft könnten nur Anleger profitieren, die in verschiedene Unternehmen, Weltregionen und Anlageklassen investieren, sagt Erik Bethkenhagen, Pressesprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Denn während einzelne Branchen infolge von Krisen wegfallen oder deutlich geschwächt werden, hält er die Wirtschaft als Ganzes für ausfallsicher.
Allerdings schützt auch eine umfassende und sogar weltweite Diversifikation nicht vor Kurseinbrüchen und Schwankungen. Denn der Wert von Unternehmen an der Börse richtet sich in erster Linie nach den Erwartungen von Investoren, die entweder mehr oder weniger zuversichtlich in die Zukunft blicken. Ein komplett krisenfestes Wertpapierdepot gibt es darum nicht. Anlegerinnen und Anleger müssen mit den Schwankungen leben.
Über die Zeit können grosse Verluste aufgeholt werden
Das kann sehr viel leichter fallen, wenn man nicht ständig einen Blick ins Depot wirft. Der psychische Druck, sich von Anteilen zu trennen, steigt besonders dann, wenn man immer wieder mit neuen Negativrekorden konfrontiert wird.
Darum rät Prof. Hartmut Walz dazu, einmal Daueraufträge oder Sparpläne passend zur gewählten Anlagestrategie einzurichten und sich anschliessend nur noch bei Notwendigkeit mit dem Depot zu beschäftigen. Etwa dann, wenn das Verhältnis einzelner Wertpapiere oder Anlageklassen durch stark unterschiedliche Kursentwicklungen verrutscht ist und nicht mehr die Strategie abbildet.
"Dann kann es Sinn machen, von einer in die andere Anlageklasse umzuschichten, um die Zielgewichtung wiederherzustellen", sagt Jesper Wahrendorf. Man nennt das Rebalancing.
Beruhigen kann in Krisenzeiten auch der Blick in die Vergangenheit. Zwar wüssten Expertinnen und Experten auch nicht, wann nach einem Abschwung der nächste Aufschwung kommt und wie lange er anhält.
"Jedoch spricht die Historie dafür, dass nach jedem Abschwung auch wieder bessere Zeiten kommen werden", sagt Jesper Wahrendorf. Im Laufe ihres Lebens könnten Anleger viele sogenannte Bärenmärkte - Marktrückgänge von 20 Prozent oder mehr, die mindestens zwei Monate andauern - überstehen. Vorausgesetzt, sie bleiben investiert.
Psychologischer Trick hilft dabei, Krisenzeiten durchzustehen
Damit sich das sture Halten des Kurses für Anlegerinnen und Anleger nicht nach Kontrollverlust anfühlt, empfiehlt Wahrendorf einen Trick: Statt sich zu sagen, man tue nichts, solle man besser sagen "Ich kämpfe gegen den Impuls, alles zu verkaufen" oder "Ich gebe meinem Portfolio die Gelegenheit, die entstandenen Verluste wieder aufzuholen".
So vertraue man darauf, mit der gewählten Anlagestrategie durch alle Höhen und Tiefen der Märkte zu kommen. "Und das erfordert mentale Stärke. Seien Sie stolz darauf", sagt Wahrendorf.
Grundsätzlich gilt: Privatanleger sollten nur Geld an der Börse investieren, das sie in den nächsten zehn bis 15 Jahren nicht benötigen. Wer in der Krise auf das investierte Geld angewiesen ist, läuft Gefahr, zum Verkauf von Wertpapieren gezwungen zu sein - und damit unter Umständen hohe Verluste einzufahren. Wer bereits heute absehen kann, dass er in wenigen Jahren grosse Summen Geld benötigen wird, sollte darum andere Anlageformen bevorzugen. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.