Hamburg/Bonn - So gut wie jeder hat Nachbarn, egal ob er im eigenen Haus, in einer Eigentums- oder Mietwohnung wohnt. Für das Zusammenleben in der Nachbarschaft gelten Regeln, an die sich die meisten Menschen auch halten. Aber es gibt durchaus Konflikte, die das Nebeneinander erschweren. Diese acht Punkte sollten Nachbarn besonders beachten, damit kein Streit entsteht.
1. Lärmbelästigung vermeiden
Dumpfe Bässe aus der Nebenwohnung, Poltern von oben, Türknallen, Getrampel, Geschrei: Laute Geräusche aus benachbarten Wohnungen im Mehrfamilienhaus nerven oft. Wer überhaupt keine Rücksicht auf sein Umfeld nimmt, muss damit rechnen, dass sich Nachbarn irgendwann beschweren.
Aber nicht immer ist den Bewohnern selbst bewusst, wie laut sie eigentlich sind und wie viel die Umgebung davon mitbekommt. "Hier kann es schon etwas bringen, miteinander zu reden", sagt Rechtsanwalt Michael Nack vom Verbraucherschutzverein "Wohnen im Eigentum". Das sollte in einem freundlichen Ton passieren. Wer droht oder aggressiv wird, riskiert, dass sich die Fronten verhärten und weitere Streitigkeiten entstehen.
Bringen solche Gespräche nichts, können Mieter ihren Vermieter bitten, einzugreifen. Ist der Vorwurf begründet, kann er den Verursacher der Störung abmahnen und auffordern, den Lärm zu reduzieren. "Allerdings kann man nicht erwarten, dass danach das Problem wirklich gleich erledigt ist", sagt Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg. Verhaltensweisen halten sich oft hartnäckig.
In Eigentümergemeinschaften kann ein Beirat oder der Verwalter zwischen den Parteien vermitteln. "Ob das etwas bringt, hängt von der Stimmung in der Gemeinschaft ab", sagt Michael Nack. "Auf der sicheren Seite ist der Beschwerdeführer, wenn er in der Eigentümerversammlung die Mehrheit der Eigentümer auf seine Seite bekommt." Dann kann die Gemeinschaft wegen einer Störung der Hausordnung eine Unterlassung der Lärmbelästigung vom Störenfried fordern.
2. Grundstücksbepflanzung zurückschneiden
Wer seinen Bäumen im Garten zu viel Freiheit beim Wachsen gewährt, riskiert ebenfalls den Unmut der Nachbarn. Es wird oft gar nicht gern gesehen, wenn die Äste über den Gartenzaun hinausragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu ein Urteil gefällt. Demnach dürfen überstehende Äste abgeschnitten werden, wenn sie eine Beeinträchtigung darstellen (Az.: V ZR 102/18). Das ist zum Beispiel der Fall, wenn von ihnen Zapfen aufs Nachbargrundstück fallen oder das Pflanzenwachstum dort beeinträchtigt wird.
Anders ist es, wenn Laub von einem fremden Baum aufs Nachbargrundstück fällt. Auch das führt immer wieder zu Streitigkeiten, muss aber in der Regel hingenommen werden. Die Gerichte werten es meist als unwesentlich zumutbare Verunreinigung.
3. Blendendes Licht ausschalten
Nicht nur Lärm ist ein Störfaktor, auch allzu helles Licht kann die Nachbarschaft auf die Palme bringen. Sogar so sehr, dass sie deshalb vor Gericht zieht. Das Landgericht Wiesbaden urteilte, dass ein Bewohner den dauerhaften Betrieb einer 40 Watt starken Aussenleuchte bei Dunkelheit einstellen muss, weil das Licht im Schlafzimmer des Nachbarn erheblich störte (Az.: 10 S 46/01).
4. Rasenmähen an Sonn- und Feiertagen unterlassen
Rasenmähen ist an Sonn- und Feiertagen in der Regel nicht gestattet, informiert der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Sowohl benzinbetriebene Geräte als auch Elektrorasenmäher dürfen an diesen Tagen nicht zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für Freischneider, Grastrimmer, Laubbläser und Laubsammler. Zulässig ist lediglich der Betrieb von manuellen Geräten, etwa Handrasenmähern.
5. Kochdünste wo möglich reduzieren
Das Kochen gehört zum vertragsgemässen Gebrauch einer Wohnung. Wenn aber den ganzen Tag ohne Unterbrechung gebrutzelt wird, haben Nachbarn vielleicht irgendwann die Nase voll. Dagegen vorgehen können sie aber nicht.
"Man kann Bewohnern das Kochen nicht verbieten. Das wäre ein starker Eingriff in das Persönlichkeitsrecht", sagt Rolf Bosse. Er rät betroffenen Nachbarn, sich weniger darauf zu konzentrieren und eine gewisse Resilienz aufzubauen. Auch ein Gespräch könne helfen. "Die Leute, die viel in ihrer Wohnung kochen, tun das ja nicht, um ihre Nachbarn zu ärgern", so Bosse.
6. Unangenehme Gerüche beseitigen
"Unangenehme Gerüche sind ein Mangel an der Mietsache, gegen den Mieter vorgehen können", sagt Rolf Bosse. Wenn es nach Tierexkrementen, Müll oder stark nach Zigarettenqualm stinkt, sollten Mieter ihren Vermieter informieren. Bei einer Mietminderung wegen Geruchsbelästigung liegt die Beweislast aufseiten des Mieters, urteilte der BGH (Az.: VIII ZR 155/11). Deshalb sollten diese Protokoll über die Belästigungen führen und möglichst Zeugen beibringen.
7. Rauchschwaden und Grilldüfte auf ein Minimum beschränken
Wer in seinem Garten ein Lagerfeuer entfacht oder den Holzkohlegrill anwirft, sollte das tun, ohne die Nachbarn zu belästigen. Die Rauchschwaden dürfen möglichst nicht direkt zu ihnen herüberziehen. Sonst droht Ärger. Nachbarn, die sich von Grillenden gestört fühlten, sind sogar schon vor Gericht gezogen - mit unterschiedlichen Ergebnissen.
Das Landgericht Stuttgart erlaubte das Grillen dreimal jährlich für je zwei Stunden auf der Wohnungsterrasse (Az.: 10 T 359/96). Grosszügiger ist das Amtsgericht Westerstede und erlaubt bis zu zehnmal (Az.: 22 C 614/09 [II]). Das Amtsgericht Bonn hat entschieden, dass von April bis September einmal im Monat Grillen erlaubt ist, wenn die Nachbarn zwei Tage vorher informiert werden (Az.: 6 C 545/96).
8. Schlichter nicht ignorieren
Sollten alle Bemühungen scheitern, kann ein ehrenamtlicher Schlichter helfen, die erhitzten Gemüter abzukühlen. "In zahlreichen Bundesländern ist es sogar Pflicht, dass die beteiligten Parteien ein aussergerichtliches Schlichtungsverfahren durchlaufen, um das Problem möglichst ohne grossen Aufwand aus der Welt zu schaffen", sagt Michael Nack.
Ohne dieses Verfahren kann man nicht vor Gericht ziehen. Ein Schiedsspruch kommt allerdings nur zustande, wenn beide Parteien zustimmen. Ist das nicht der Fall, wird ein Erfolglosigkeitsbescheid erstellt, der Voraussetzung für eine anschliessende Klageerhebung ist.
Nack rät, die Schlichtung unbedingt ernst zu nehmen. "Sie ist nicht nur eine Entlastung für die Gerichte, sondern auch eine Chance für ein besseres nachbarschaftliches Miteinander." © dpa
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