Salzgitter/München - Sie können es weder sehen noch riechen – und dennoch kann es in höheren Konzentrationen in der Wohnung sein: Radon, ein radioaktives Edelgas, das im Erdboden vorkommt. Durch Risse im Fundament oder über Kabel- und Rohrschächte kann es in Keller und Wohnräume gelangen.
Das Problem: Atmet man Radon über einen längeren Zeitraum ein, besteht ein erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Einer aktuellen Untersuchung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) zufolge könnten über sechs Prozent aller Lungenkrebstodesfälle in Deutschland rechnerisch auf Radon in Wohnungen zurückgehen. Das wären demnach rund 2.800 Fälle pro Jahr.
Doch es gibt gute Nachrichten: Wie hoch die Radon-Konzentration in den eigenen Wohnräumen ist, lässt sich kostengünstig herausfinden. Und oft reichen laut BfS kleine Massnahmen aus, um vorhandene Radonbelastung zu senken - und damit das Erkrankungsrisiko. Was Sie dazu wissen sollten.
Wann ist Radon in Gebäuden überhaupt ein Problem?
Radon kommt überall vor - nur eben in unterschiedlicher Konzentration. Zur Einordnung: Der Jahresmittelwert an Radon, dem Menschen in Deutschland in Wohnräumen ausgesetzt sind, beträgt laut BfS durchschnittlich rund 65 Becquerel pro Kubikmeter. Ein Becquerel pro Kubikmeter entspricht dabei einem radioaktiven Zerfall pro Sekunde und Kubikmeter Luft.
Einen Schwellenwert, unterhalb dessen das Edelgas mit Sicherheit kein Gesundheitsrisiko darstellt, gibt es laut BfS nicht. Aber: Das Lungenkrebsrisiko erhöht sich demnach um etwa 16 Prozent, wenn die Radonkonzentration 30 Jahre lang bei 100 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft liegt. Bei 200 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft würde das Risiko für denselben Zeitraum bereits um 32 Prozent steigen.
Im Strahlenschutzgesetz ist als Referenzwert für eine erhöhte Konzentration von Radon in Innenräumen ein Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter angegeben. Liegt die Konzentration an Arbeitsplätzen im Jahresmittel darüber, müssen Arbeitgeber Massnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten ergreifen.
Was bedeutet das für Eigentümer und Bewohner privater Gebäude?
Für Wohngebäude hat eine höhere Konzentration allerdings keine unmittelbaren Konsequenzen: Auch wenn dort ein Wert über tausend Becquerel pro Kubikmeter im Jahresmittel gemessen würde, sind Eigentümer oder Bewohner nicht verpflichtet, Ihr Haus zu verlassen oder abdichten zu lassen. "Das muss man dann selbst entscheiden", sagt der Diplom-Ingenieur Philipp Park, Seminarleiter bei der Ingenieurakademie Bayern. "Ich würde sagen: Wenn ich solche Werte habe, besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf."
Das Bundesumweltministerium empfiehlt auf seiner Webseite ab einem Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter in einem Wohnraum zu prüfen, "ob Massnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration umgesetzt werden können". In viel genutzten Räumen kann es aber auch unterhalb dieses Wertes sinnvoll sein zu prüfen, ob sich die Konzentration durch einfache Massnahmen senken lässt.
Wie findet man heraus, wie hoch die Radonkonzentration in der Wohnung ist?
Wie viel Radon im Boden, in der Luft und auch in Innenräumen vorkommt, ist laut BfS regional unterschiedlich. Eine erhöhte Radonkonzentration in Wohnungen kommt demnach insbesondere in den Mittelgebirgsregionen und im Alpenvorland vor. Karten zur regionalen Verteilung von Radon gibt es auf der Webseite des BfS.
Wie hoch die Konzentration in Wohnräumen tatsächlich ist, lässt sich aber nur durch Messungen klären - und die sind zum Glück unkompliziert möglich. Man braucht dafür so genannte Kernspurdosimeter. Das sind kleine Plastikbehälter, die keinen Strom benötigen, und in der Wohnung mindestens drei Monate lang ausgelegt werden sollten – am besten aber über einen Zeitraum von zwölf Monaten.
"Wichtig ist, während der Heizperiode im Winterhalbjahr zu messen", sagt Philipp Park. Denn in den Sommermonaten habe man Fenster häufiger geöffnet als im Winter. Daher fällt die in der warmen Jahreszeit ermittelte Radonkonzentration in der Regel verhältnismässig niedrig aus.
Solche Kernspurdosimeter sowie eine anschliessende Auswertung bieten verschiedene Messlabore an. Das BfS stellt auf seiner Webseite eine Liste mit Anbietern zur Verfügung. Je nach Labor kostet eine Messung demnach zwischen 30 und 50 Euro.
Und wo im Haus stellt man die Dosimeter am besten auf?
Radon kommt aus dem Erdreich. Am besten platziert man ein Dosimeter deshalb im Keller, wo die höchsten Werte zu erwarten sind. Laut BfS idealerweise dort, wo die Ver- und Entsorgungsleitungen für Wasser, Gas und Co. ins Haus kommen.
Am besten stellt man gleich mehrere Dosimeter im Haus auf. "Fragen Sie sich, wo denn Ihr nächster am Keller liegender, schutzbedürftiger Aufenthaltsraum ist, in dem Sie sich wirklich dauerhaft aufhalten, also nicht nur zum Wäschezusammenlegen", sagt Park. Sinnvoll kann es etwa sein, die Radonkonzentration in Wohn-, Schlaf- oder Kinderzimmern im Erdgeschoss oder ersten Stock zu messen. "Nach oben hin wird die Konzentration im Regelfall immer weniger. Deshalb macht es im Dachgeschoss nicht unbedingt Sinn, zu messen."
Und was kann man tun, um die Konzentration an Radon zu senken?
Einfach - und sinnvoll: lüften, lüften, lüften. Und zwar am besten quer. Das heisst: Fenster an unterschiedlichen Gebäudeseiten regelmässig weit öffnen, sodass Durchzug entsteht und die verbrauchte Luft schneller ausgetauscht wird.
Das BfS empfiehlt sogar einen Lüftungsplan, damit man nicht vergisst, regelmässig das Fenster zu öffnen - etwa in Kombination mit regelmässigen Weckrufen oder einer Kalenderfunktion für Handy oder Rechner.
Wer geübt im Heimwerken ist, kann Türen zum Keller und Wasser- und Heizungsleitungen selbst abdichten – und so das Radon aussperren. Ritzen, kleine Löcher und Fugen bei Anschlüssen von Rohrdurchführungen lassen sich laut BfS etwa mit dauerelastischen Kittmassen wie Silikon abdichten und Türen mit elastischen Dichtungsprofilen.
Um herauszufinden, ob das ausreicht, sollte man anschliessend eine weitere Radonmessung vornehmen. Ist die Konzentration nicht deutlich gesunken oder war die Ausgangskonzentration an Radon in den Wohnräumen von vornherein sehr hoch, rät die Bayerische Ingenieurekammer-Bau dazu, Radonfachpersonen zu engagieren.
Radonfachpersonen sind speziell ausgebildete Architekten, Ingenieure und Baufachleute, die Aufwand und Erfolgsaussichten verschiedener Sanierungsmöglichkeiten abwägen können. Denkbar ist dann etwa der Einbau einer technischen Lüftungsanlage im Keller.
Wer Radonfachpersonen hinzuziehen will, kann sich etwa an den Verein Bau Bildung Sachsen oder das Hessische Radonzentrum wenden. © Deutsche Presse-Agentur
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