Die Schweiz ist im internationalen Vergleich sehr solidarisch mit ihren Bürgern und Bürgerinnen im Ausland: Geraten Auslandschweizer in finanzielle Not, können sie in der Schweiz Sozialhilfe beantragen. Es gibt allerdings einige Hürden.

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2003 machte ein Deutscher als "Florida-Rolf" Negativschlagzeilen: Der Mann war 1979 in die USA gezogen, später erkrankt und in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so dass er vom deutschen Staat Sozialhilfe bezog.

Das war möglich, denn Deutschland hatte in der Nachkriegszeit eine entsprechende Regelung eingeführt, damit bedürftige Holocaust-Opfer nicht in das Land der Täter zurückkehren mussten.

Doch der Fall "Florida-Rolf" änderte alles: Die mediale Empörung darüber, dass der Frührentner es sich im sonnigen Miami auf Kosten des deutschen Steuerzahlers gutgehen liess, war so gross, dass Deutschland seither grundsätzlich keine Sozialhilfe mehr an Auslanddeutsche zahlt.

Anders die Schweiz: Helvetia kommt ihren Bürgern und Bürgerinnen im Ausland zu Hilfe, wenn diese in finanzielle Not geraten. Das ist wohl weltweit einzigartig

Vor allem Rentner sind auf Sozialhilfe angewiesen

Nicht nur unterstützt die Schweiz ihre Bürger und Bürgerinnen im Ausland mit Sozialhilfe, sie ist dabei auch noch recht grosszügig. Sogar wer am Wohnort vom dortigen Staat Sozialhilfe bezieht, bekommt unter Umständen von der Schweiz zusätzlich Geld.

Im Jahr 2017 bezogen 471 Personen im Ausland von der Schweiz Sozialhilfe. Jährlich überweist die Schweiz knapp 1 Million Franken an Auslandschweizer, im Schnitt also rund 2100 Franken pro Person. Am meisten Bezüger leben in Thailand, auf den Philippinen, in den USA, in Brasilien und Spanien.

"Es sind oft ältere Personen, die eine Sozialhilfeunterstützung erhalten, weil die Sozialleistungen des Aufenthaltsstaates nicht oder nur ungenügend vorhanden sind, um die Existenz im Alter zu sichern", sagt Noémie Charton vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). AHV-Rentnerinnen und -Rentner im Ausland können nämlich im Unterschied zu Inländern keine Ergänzungsleistungen beantragen.

Es gibt laut Charton aber auch Personen, welche die Gefahren der Auswanderung unterschätzen und ihr Angespartes zu schnell verbrauchen. Dazu kommt, dass nicht alle Länder gute Sozialleistungen haben. Laut Charton kommen folgende Fälle häufig vor: "Personen, die unterstützt werden, weil sie krank werden und keine Sozialleistungen vor Ort beziehen können oder Menschen, die ihre Arbeitsstelle verlieren und ihre Existenz nicht mehr sichern können."

Das sind die Bedingungen

Wenn Sie als Auslandschweizer Sozialhilfe beantragen wollen, müssen Sie aber einige Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie müssen im Auslandschweizerregister eingetragen sein
  • Bei Doppelbürgern muss die schweizerische Staatsangehörigkeit "vorherrschen". Um dies zu bestimmen, wird geprüft, in welchem Land Sie aufgewachsen sind, wie Sie zum Schweizer Bürgerrecht kamen, wie lange Sie nicht mehr in der Schweiz leben und welche Beziehungen Sie zur Schweiz haben. In einem Formular müssen Sie beispielsweise angeben, ob Sie Kontakt zu Schweizern haben, ob Sie Mitglied in einem Schweizer Verein sind oder eine Schweizer Schule besucht haben, ob Sie regelmässig schweizerische Zeitungen lesen oder für welches Land Sie Militärdienst geleistet haben.
  • Sie müssen in einer Notlage sein, also Ihren Lebensunterhalt im Aufenthaltsstaat nicht selber bestreiten können. Das Vermögen müssen Sie bis auf einen Freibetrag aufgebraucht haben.
  • Eine Rückkehr in die Schweiz muss unzumutbar sein, weil Sie beispielsweise schon lange im Ausland leben oder familiäre Beziehungen dort haben. Falls nicht, kann die Schweiz Ihnen eine Rückkehr nahelegen und die Zahlungen einstellen.

So müssen Sie vorgehen

Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen können ein Gesuch bei der zuständigen Schweizer Vertretung einreichen. Ein entsprechendes Formular finden Sie auf der Website der Sektion "Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (SAS)" des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) oder es wird Ihnen von der Vertretung ausgehändigt.

Die Vertretung hilft Ihnen beim Ausfüllen der Formulare. Sie werden auch Belege wie Ausweisschriften, Zivilstandsurkunden, Arztzeugnisse, Lohnausweise, Steuerausweise, Bankauszüge, Mietverträge, Quittungen usw. einreichen müssen.

Die Vertretung kontrolliert die Unterlagen, erstellt einen Bericht sowie ein Budget und reicht alles der SAS ein, die über das Gesuch entscheidet. Es ist nämlich der Bund, der die Sozialhilfe für Auslandschweizer bezahlt – bei Inländern bezahlen die Kantone. Der Entscheid (in Form einer anfechtbaren Verfügung) wird Ihnen von der Schweizer Vertretung vor Ort zugestellt.

Damit können Sie rechnen

Wie viel Sozialhilfe Sie erhalten, richtet sich nach "den besonderen Verhältnissen des Empfangsstaates, unter Berücksichtigung der notwendigen Lebensbedürfnisse" des Auslandschweizers. Das heisst: Auslandschweizer bekommen nicht gleich viel wie Inlandschweizer, die Beträge werden den Lebenshaltungskosten am Wohnort angepasst. Das Geld soll das soziale Existenzminimum decken.

Was zu den notwendigen Lebensbedürfnissen gehört, ist immer mal wieder Gegenstand eines Gerichtsstreits. So war beispielsweise ein Schweizer in Thailand der Meinung, er brauche einen Gärtner und dessen Lohn solle von der Sozialhilfe bezahlt werden. Das Bundesverwaltungsgericht war anderer Meinung.

In den Richtlinien für Sozialhilfe an Auslandschweizer finden Sie die Berechnungsmethode sowie eine Auflistung besonderer Kosten, die von der Sozialhilfe übernommen werden, zum Beispiel Zahnbehandlungskosten, Spitalaufenthalt, Mobiliar oder Reparaturen. Wenn eine Auslandschweizerin oder ein Auslandschweizer in finanzielle Not gerät und in die Schweiz zurückkehren will, übernimmt die Schweiz unter Umständen die Reisekosten.

Und wie weiter?

Wenn Sie wieder zu Geld kommen, müssten Sie die Sozialhilfe theoretisch zurückbezahlen. Das Gesetz sieht dafür weder eine Frist noch eine Verzinsung vor. Die SAS überprüft periodisch, ob eine Rückzahlung angebracht wäre. Sie orientiert sich dabei an den Richtlinien der Schweizer Konferenz öffentlicher Sozialhilfe (SKOS).

Auslandschweizer fahren damit vergleichsweise gut: Wer wieder verdient, muss kein Geld zurückerstatten, sondern nur, wer durch Erbschaft oder Lottogewinn zu erheblichem Vermögen kommt. Manche Schweizer Kantone sind deutlich strenger bei Rückforderungen.

Bei Auslandschweizern nimmt die Vertretung vor Ort die nötigen Abklärungen für eine allfällige Rückforderung vor. Nach zehn Jahren verjährt die Forderung. Die SAS kann auch vorher auf eine Rückforderung verzichten, wenn "es die Umstände rechtfertigen".  © swissinfo.ch

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