Bargeldlose Zahlung ist in der Coronakrise bedeutender als je zuvor. Doch Stiftung Warentest berichtet, dass eine Kartenzahlung nicht für jeden von Vorteil ist. Oft fallen Gebühren an.
Die Coronakrise hat Bargeld unbeliebter gemacht, Kartenzahlung hat in den vergangenen Monaten an Bedeutung gewonnen. Doch Stiftung Warentest berichtet in der aktuellen "Finanztest", dass die bargeldlose Zahlung aufgrund von anfallenden Gebühren ins Geld gehen kann.
Bei einer Auswertung von 294 Kontomodellen von 125 Kreditinstituten in Deutschland wurden 55 Modelle gefunden, bei denen für jedes Bezahlen mit der Girocard (EC-Karte) Gebühren fällig werden - teilweise bis zu 50 Cent. "Diese Gebühren gab es bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Sie fielen jedoch kaum auf, weil viele Menschen bar bezahlten", sagt "Finanztest"-Expertin Heike Nicodemus.
"Finanztest": Verbraucher zahlen häufiger mit Karte
Die Coronakrise hat dem Bezahlen per Karte Studien zufolge einen Schub gegeben. So gaben beispielsweise bei einer Anfang Juli veröffentlichten YouGov-Befragung 35 Prozent der Verbraucher an, zum Schutz vor möglichen Ansteckungen seit Beginn der Pandemie in Geschäften seltener bar zu zahlen. Wegen der Pandemie bieten Handelsketten, Restaurants und Geschäfte verstärkt Kartenzahlungen anstelle von Bargeld an.
"Grundsätzlich stellen wir seit Jahren einen Trend zu mehr und zunehmend höheren Gebühren für Serviceleistungen fest", sagte Nicodemus. "Der Extra-Service kann teuer werden. Die Banken wollen, dass die Kunden möglichst viel selber machen." Die Tester werteten 294 Kontomodelle von 125 Kreditinstituten in Deutschland aus. Darunter alle bundesweiten Finanzhäuser sowie Direkt- und Kirchenbanken, alle Sparda- und PSD-Banken sowie die grössten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbank je Bundesland.
Kreditinstitute leiden unter Niedrigzinsen
Niedrigzinsen und Kosten für strengere Regulierung setzen die Finanzhäuser unter Druck. Parken Banken Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB), müssen sie zudem 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, klagt die Branche über eine Milliardenbelastung. Die Kreditinstitute treten daher auf die Kostenbremse. So sinkt die Zahl der Filialen seit Jahren. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank verringerte sich ihre Zahl allein im vergangenen Jahr um 1.220 oder 4,4 Prozent auf 26.667 Zweigstellen.
Zugleich drehen die Institute an der Gebührenschraube. Oft sind es Papierüberweisungen, Anrufe beim Telefonservice oder das Geldabheben an einem Automaten, der nicht zum Pool der Kundenbank gehört. Bis zu 5 Euro verlangen manche der ausgewerteten Geldhäuser den Angaben zufolge für eine Papierüberweisung. Geldabheben am Automaten einer fremden Bank kann bis zu 6 Euro kosten.
Online-Girokonten sind häufig kostenlos
Die grössten Chancen auf ein kostenloses Girokonto bestehen bei online geführten Versionen. Die Tester fanden aktuell 20 online geführte Gehaltskonten, die ohne weitere Bedingungen kostenlos sind. Allerdings kommt bei den meisten noch eine Jahresgebühr für die Kreditkarte hinzu. Serviceleistungen wie Anrufe beim Telefonservice oder Überweisungen auf Papier kosten auch hier in der Regel extra.
Als kostenlos definiert Stiftung Warentest: keine Grundgebühr, keine Gebühr für den Kontoauszug, bei Buchungen, für die Girocard und beim Geldabheben am Automaten im eigenen Bankenpool sowie keine Bedingungen wie regelmässiger Geld- und Gehaltseingang in einer bestimmten Höhe.
Welche Jahresgebühr liegt im Rahmen?
"Neben den kostenlosen 20 Girokonten haben wir 71 Kontenmodelle gefunden, die bis zu 60 Euro im Jahr kosten", sagte Nicodemus. "Diese Summe ist aus unserer Sicht in Ordnung. Es muss nicht immer kostenlos sein, schliesslich steht eine Leistung dahinter."
Jeder Verbraucher müsse entscheiden, welches Kontomodell für ihn passe. "Nicht jeder hat Zugang zum Internet und nicht jeder möchte Onlinebanking machen." Verbraucher sollten auf jeden Fall die jährliche Entgeltaufstellung genau überprüfen. "Dort können sie erkennen, was die Kosten nach oben treibt", empfiehlt die "Finanztest"-Expertin.
Mehrheit der Bankgeschäfte inzwischen online
Nach einer Umfrage des Beratungsunternehmens PwC werden drei Viertel aller privaten Bankgeschäfte in Deutschland mittlerweile online abgewickelt. Vor zwei Jahren lag der Anteil noch bei rund 71 Prozent. PwC führte den Anstieg unter anderem auf die Corona-Pandemie zurück. So gaben 15 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Bankgeschäfte aufgrund der Pandemie häufiger online ausgeführt hätten als früher. (spot/dpa)
Deutschland: Keine Bargeldnation mehr?
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