Berlin/Wiesbaden - Bei Strom- und Gaspreisen sehen Energiemarktexperten weiterhin Anzeichen für eine leichte Entspannung, vor allem für Neukunden.
"Wir erwarten, dass die Preise für Neukundinnen und Neukunden in den kommenden Wochen weiter sinken", sagte der Energie-Geschäftsführer Steffen Suttner vom Vergleichsportal Check24 der Deutschen Presse-Agentur. Die Entwicklung bleibe allerdings abhängig von den weltpolitischen Ereignissen sowie den Füllständen der Gasspeicher. Eine Prognose sei schwierig.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt das Vergleichsportal Verivox: "Sollten keine unvorhergesehenen Krisen auftreten, dürften die durchschnittlichen Strompreise für Neukunden in den kommenden Monaten weiterhin günstig bleiben", sagte Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer.
Der Neukundenpreis liege aktuell im Schnitt bei 36,1 Cent pro Kilowattstunde Strom und 11,3 Cent pro Kilowattstunde Gas und damit weit unter dem Preisdeckel der Preisbremsen von 40 Cent (Strom) beziehungsweise 12 Cent (Gas).
Leichter Preisrückgang beim Grosshandelspreis für Strom
Der Energiemarktexperte Mirko Schlossarczyk von der Beratungsfirma Enervis verweist auf die Entwicklungen im Grosshandel. "Beim Grosshandelspreis Strom sehen wir derzeit einen leichten Preisrückgang für die kommenden Monate."
Als Gründe nennt er eine saisonal abnehmende Stromnachfrage, eine vorhergesagte geringere Gasverstromung bei konstanten Gaspreisen sowie eine erwartete Zunahme von Solarstrom-Einspeisung. Zudem sei die Lage bei den französischen Kernkraftwerken derzeit entspannt, so dass absehbar keine Engpässe drohten.
Auch beim Gaspreis sieht Schlossarczyk im Grosshandel stabile Verhältnisse: "Der Winter dürfte vorbei sein, der Heizbedarf sinkt, die Gasspeicher sind überdurchschnittlich gut gefüllt und die Gefahr einer Gasmangellage ist zunächst gebannt." Auch die Versorgungslage mit Flüssigerdgas in Europa sei aufgrund von Angebotsausweitungen in den USA und einer noch zurückhaltenden Gasnachfrage in Asien momentan recht gut.
Einen Rückgang oder zumindest eine Festigung der Endkundenpreise hält der Experte daher für möglich. "Insbesondere Neukundenkontrakte scheinen interessant, da sich die jüngsten Preisrückgänge bei Strom und Gas bei Neuverträgen in aller Regel deutlicher niederschlagen."
Preisschwankungen bei Grundversorgungstarifen
Auch bei den Grundversorgungstarifen tut sich etwas - allerdings in beide Richtungen: "Für März und April liegen uns derzeit 35 Preissenkungen um durchschnittlich 16 Prozent von örtlichen Strom-Grundversorgern vor", erklärte Verivox. Im gleichen Zeitraum gebe es aber auch 26 Preiserhöhungen von durchschnittlich 48 Prozent. "Beim Gas liegen uns derzeit 48 Preissenkungen um durchschnittlich 21 Prozent vor", berichtete Verivox. Im gleichen Zeitraum gebe es 5 Preiserhöhungen von durchschnittlich 34 Prozent.
"Zwar senken die ersten Grundversorger ihre Preise in den kommenden Monaten, flächendeckend ist diese Entwicklung aber noch nicht", so Neubauer. Die unterschiedlichen Preisentwicklungen erklärt er so: "Viele Bestands- und Grundversorger geben die hohen Kosten der Energiekrise jetzt erst an ihre Kunden weiter. Neukundentarife hingegen werden oft kurzfristig, auf Basis aktueller Marktpreise kalkuliert."
Sparen könnten vor allem Haushalte, die in der Grundversorgung beliefert werden. "Diese war im letzten Jahr oft die günstigste Alternative, doch mittlerweile gibt es wieder deutlich bessere Angebote." Verivox wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der örtliche Grundversorgungstarif mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden könne.
Energie im Jahresvergleich deutlich teurer
Wie sehr sich Energie im Jahresvergleich auf breiter Front verteuert hat, verdeutlichten am Donnerstag (23. Februar) Zahlen des Statistischen Bundesamtes. So zahlten Importeure für Gas im Januar 24,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, Mineralölerzeugnisse waren 14,6 Prozent teurer. Der Import von Strom verteuerte sich um 45,7 Prozent.
Haushaltsenergie verteuerte sich im Januar insgesamt um 36,5 Prozent, wie die Wiesbadener Behörde zuvor berichtet hatte. So mussten Verbraucherinnen und Verbraucher beispielsweise für Erdgas 51,7 Prozent mehr zahlen als im Januar 2022. Leichtes Heizöl verteuerte sich um 30,6 Prozent. Strom kostete 25,7 Prozent mehr, trotz Strompreisbremse und Wegfall der EEG-Umlage.
An den Tankstellen zeichnete sich allerdings eine Entspannung ab. Benzin und Diesel kostete zuletzt in etwa so viel wie kurz vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine, wie die Wiesbadener Behörde mit Blick auf Daten von Mitte Februar berichtete. © dpa
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