Hohe Einfuhrzölle auf fast alle Produkte aus dem Ausland: Das kündigte US-Präsident Donald Trump vergangene Woche an. Die EU kontert mit Zöllen auf ausgewählte amerikanische Waren. Doch selbst wer weder Bourbon-Whiskey noch Erdnussbutter kauft, könnte die Folgen des Zollstreits im eigenen Geldbeutel spüren.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die vergangene Woche hat mich an die erste Phase der Coronapandemie erinnert: Plötzlich war es wichtig, woher die Dinge kamen, die wir kaufen wollten. Wegen der strengen Lockdowns kamen viele Produkte gar nicht mehr oder mit langen Verspätungen. Wir wollten unsere Küche renovieren und erfuhren im Baumarkt, dass gerade nur zwei nicht besonders ansehnliche Standard-Spülen lieferbar waren – alle anderen Spülen, die die Kette sonst verkaufte, kamen aus der besonders schwer von Corona getroffenen Region um Bergamo in Italien.

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Oder Anfang 2022, als nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine plötzlich die Preise für Sonnenblumenöl in schwindelerregende Höhen schossen und die Flaschen wochenlang aus den Supermärkten verschwanden.

Gut möglich, dass uns dieses Jahr einige Aha-Effekte in Bezug auf die USA bevorstehen – positiv wie negativ. Positiv ist, dass viele klassische amerikanische Produkte für den EU-Markt längst in Europa hergestellt werden. Coca-Cola beispielsweise, Heinz-Ketchup oder die Zutaten, aus denen McDonald's seine Fastfood-Speisen fertigt – ganz überwiegend "Made in EU". Negativ ist, dass es bei High Tech ganz anders aussieht. Unsere Smartphones und Laptops mögen in Asien hergestellt worden sein, aber ihr Lebenselixier, die Software, stammt fast ausnahmslos aus den USA.

Wer Aktien hat, braucht starke Nerven

Am schnellsten reagieren wie immer die Börsen. Die Kurse an den Aktienmärkten rund um die Welt sanken in den vergangenen Tagen so stark wie zuletzt am Anfang der Coronapandemie. Damals haben sie sich recht schnell wieder erholt. Wie es diesmal weitergeht, ist offen.

Wenn Sie Aktien, Fonds oder ETF besitzen und das Geld nicht dringend brauchen, sollten Sie tief durchatmen, die Nerven behalten und erst einmal abwarten. Das gilt vor allem dann, wenn Sie mit Aktien fürs Alter vorsorgen und noch mindestens zehn Jahre Zeit haben bis zur Rente.

Falls Sie kürzlich erst eingestiegen sind in die Welt der Fonds und ETFs, ist dies der erste schwere Kurssturz – und ein guter Zeitpunkt, Ihre eigene Risikoeinschätzung zu überprüfen: Können Sie mit Verlusten – die es an den Börsen immer wieder gibt – so gut umgehen wie gedacht? Falls die fallenden Kurse Ihnen schlaflose Nächte bereiten, sollten Sie Ihre Anlagestrategie überdenken – und einen kleineren Anteil Ihres Geldes als bisher in Aktien stecken.

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Die EU keilt zurück

Für viele von uns sind Sorgen ums Aktiendepot ein weit entfernter Luxus – den meisten liegt die Sorge um die Kosten des nächsten Wocheneinkaufs näher. Dafür ist wichtig, welche Gegenmassnahmen die EU nun als Reaktion auf die US-Zölle plant.

Ein paar Gegenzölle der EU stehen schon fest, über weitere Schritte berät die EU-Kommission derzeit. Beschlossene Sache ist, dass - wie schon erwähnt - Bourbon und Erdnussbutter mit Zöllen belegt werden. Ausserdem werden ab Mitte April Extra-Zölle auf Motorräder (Harley-Davidson), Boote, Schokoriegel und Chips fällig.

Für die meisten Verbraucher und Verbraucherinnen dürfte sich allerdings wenig ändern – es sei denn, sie haben zufällig eine Harley-Davidson auf dem Einkaufszettel stehen. Viele grosse Marken wie Kellanova (früher Kellog) oder Mars (unter anderem Snickers, Twix, Whiskas, Wrigley’s) produzieren ohnehin in Europa – daher verteuern sich ihre Produkte durch die neuen Zölle nicht.

Die Haupteinfuhren aus den USA nach Deutschland sind ohnehin Waren, die wir als Endverbraucher nur indirekt kaufen: Öl, Gas, Chemikalien und Maschinen. Wenn deren Preise durch Gegenzölle, die die EU erhebt, steigen, würde sich das auf viele Produkte quer über alle Bereiche hinweg auswirken. Ob das aber geschieht, ist noch offen.

Diskutiert wird in Brüssel etwas anderes: eine Zusatz-Abgabe auf digitale Produkte aus den USA, also etwa Software. Und davon dürfte so ziemlich jeder von uns etwas zu Hause haben, ob im Handy, im Computer oder in anderen digitalen Geräten. Sollte die EU sich zu diesem Schritt entschliessen, müssten die grossen Technologie-Konzerne künftig Zoll zahlen, wenn sie etwa ein Update fürs Smartphone an europäische Nutzer schicken oder wenn Microsoft ein Windows-Update in der EU ausrollt. Ob und wie sie diese Kosten weitergeben würden, ist ebenfalls offen.

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Preiserhöhungen auf Umwegen

Manche Preiserhöhungen könnten auf verschlungenen Wegen nach Deutschland kommen. Da die weltweite Produktion stark miteinander verflochten ist, muss ein Produkt gar nicht direkt aus den USA kommen, um hier teurer zu werden.

Das iPhone beispielsweise wird in China vorgefertigt und in Vietnam endgültig zusammengeschraubt. Vietnam wurde von US-Präsident Donald Trump mit dem rekordverdächtigen Zollsatz von 46 Prozent belegt. Das heisst: Der Preis für iPhones müsste in den USA drastisch steigen. Gut möglich, dass Apple sich entschliesst, die Preise seiner Produkte weltweit anzuheben, um die Preise in seinem Heimatmarkt nicht ganz so stark nach oben schrauben zu müssen.

Ähnliche Beispiele lassen sich in vielen Bereichen finden – ob Kleidung oder Heimwerker-Bedarf, denn vieles davon wird in Asien für die Märkte in den USA und der EU produziert. Doch es gibt auch den umgekehrten Effekt. Weil die Lieferung in die USA teurer wird, könnten sich einige asiatische Hersteller verstärkt um Europa bemühen – und ihre Waren hier billiger anbieten.

Auf jeden Fall werde ich in nächster Zeit wieder häufiger auf das Kleingedruckte schauen, um herauszufinden, woher die Waren kommen, die ich kaufe – und warum sie möglicherweise teurer oder billiger geworden sind. Und immerhin will ich diesmal keine Küche renovieren.

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Stiftung Warentest Finanzen" und ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Die Stiftung Warentest testet seit 60 Jahren Finanzdienstleistungen und veröffentlicht die Ergebnisse auf test.de und in ihren Magazinen. Alle Publikationen sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

Verwendete Quellen