Berlin - Das geerbte Elternhaus kann zur finanziellen Belastung werden, wenn damit eine hohe Erbschaftsteuer verbunden ist.

Mehr zum Thema Verbraucher

"Durch den rasanten Anstieg der Immobilienpreise im letzten Jahrzehnt ist der Wert der Häuser gerade in Ballungsgebieten enorm gestiegen", sagt Sophie Mecchia, Rechtsexpertin bei der Stiftung Warentest. "Da reichen die Freibeträge oft nicht mehr." Hinzu kommen seit diesem Jahr Änderungen bei den Bewertungsverfahren von Immobilien, die zu einer höheren Steuerbelastung führen können.

Ein Ausweg: Rechtzeitige Schenkungen. Doch worauf muss man hier achten? Und wann ist ein guter Zeitpunkt dafür?

Nahe Verwandte haben hohe Freibeträge

In Deutschland werden jedes Jahr grosse Summen vererbt: 400 Milliarden Euro, so schätzt es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Während viele Haushalte gar nichts oder nur wenig erben, sind es bei jedem fünften Erbfall schon zwischen 250.000 Euro und einer Million Euro. Das haben Forscher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge berechnet.

Besonders bei grossen Vermögen, für die es nur wenige Erben gibt, ist die Erbschaftsteuer ein Thema. Denn dann werden die eigentlich grosszügigen Freibeträge für Erben überstiegen. Diese Freibeträge funktionieren so: "Je näher die Verwandtschaft, desto höher sind die Summen, die steuerfrei bleiben", erklärt Mecchia.

Ehe- und Lebenspartner etwa haben einen Freibetrag von 500.000 Euro, Kinder können bis zu 400.000 Euro steuerfrei erben. Geschwister oder unverheiratete Partner müssen dagegen schon Erbschaften versteuern, die 20.000 Euro übersteigen. Weil die Werte schon seit einigen Jahren nicht angepasst wurden, hält Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zwar eine Erhöhung der Werte um 25 Prozent für angebracht. Er sieht allerdings den Bundesrat am Zug, weil die Erbschaftsteuer komplett an die Länder fliesst.

"Wer verhindern möchte, dass seine Erben auf das Elternhaus oder das Vermögen Steuern zahlen müssen, sollte anfangen zu rechnen", empfiehlt Sophie Mecchia. "Je mehr Erben es gibt, desto mehr lässt sich steuerfrei verteilen."

Freibeträge gegenrechnen

Als erstes steht deshalb eine Übersicht über das Vermögen an. Wie viel Geld soll verteilt werden, wie viel ist die Immobilie wert? Und wer soll alles erben? Die entsprechenden Freibeträge werden dann dagegen gerechnet.

Ein Beispiel: Eine Witwe besitzt in München eine Wohnung, die mittlerweile 600.000 Euro wert ist. Sie hat nur einen Sohn. Wenn er erbt, reicht sein Freibetrag von 400.000 Euro nicht aus. Auf die restlichen 200.000 Euro müsste er Erbschaftsteuer zahlen. Wie hoch diese ausfällt, bemisst sich wiederum nach dem Grad der Verwandtschaft und der Höhe des Vermögens.

Hätte die Witwe hingegen zwei Kinder, würden ihre Freibeträge zusammengenommen ausreichen, um die Wohnung steuerfrei zu übergeben.

Schenkungen zeitlich splitten

Geht die Rechnung nicht auf, könnte eine Schenkung ein Weg sein, die Erbschaftsteuer zu vermeiden. "Dabei gelten die gleichen Freibeträge wie beim Erben, allerdings gibt es sie alle zehn Jahre wieder", so Mecchia. Mit etwas Vorlaufzeit lässt sich das ausnutzen.

Die Witwe in unserem Beispiel könnte zum Beispiel ihrem Sohn die Hälfte der Wohnung steuerfrei schenken. Die 300.000 Euro liegen unter seinem Freibetrag. Wenn sie dann stirbt, erbt er die andere Hälfte ebenfalls steuerfrei.

Hat die Witwe zusätzlich zu ihrer Wohnung noch Vermögen auf dem Konto, könnte sie nach zehn Jahren erneut einen Teil verschenken, um die Freibeträge auszunutzen.

Erblasser haben hier freie Hand. Sehr grosses Vermögen kann durch Schenkungen nicht nur an Ehepartner und Kinder, sondern zum Beispiel auch an Enkel weitergegeben werden. Bei einer Immobilie sei es allerdings sinnvoll, solche Erbengemeinschaften zu vermeiden, sagt Rechtsexpertin Mecchia.

Zehnjahresfrist beachten

Wer sein Vermögen verschenkt, um Steuern zu sparen, sollte frühzeitig damit anfangen, rät Martin Thelen, Pressesprecher der Bundesnotarkammer. "Viele kommen zu spät. Dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt." Denn die Zehnjahresfrist ist wichtig. Stirbt der Erblasser vor Ablauf dieser Frist, dann wird die Schenkung wieder auf das Erbe angerechnet - und alles war umsonst.

Wer sich vor seinem Lebensende von seinem Vermögen trennt, sollte ausserdem beachten: Geschenkt ist geschenkt. "Erblasser sollten sich also sicher sein, dass sie diesen Teil ihres Vermögens nicht mehr brauchen. Oder die Schenkung entsprechend absichern", rät Thelen.

Bei Immobilien ist es zum Beispiel sinnvoll, sich ein Wohnrecht zu sichern. Ist eine Wohnung vermietet, sorgt ein Niessbrauchrecht dafür, dass die Mieteinnahmen weiterhin dem Schenkenden zustehen, obwohl die Wohnung ganz oder zum Teil schon den Erben gehört.

Rückforderungsrecht kann sinnvoll sein

Auch ein Rückforderungsrecht lässt sich festlegen. "Das kann auch an Bedingungen geknüpft sein", so Thelen. "Zum Beispiel wenn der Beschenkte insolvent wird, verhindert so ein Recht, dass auch die Immobilie Teil der Insolvenzmasse wird."

Wer sein Häuschen verschenkt, muss dafür zu einem Notar gehen, der auch zu den Folgen berät. Bei Geldbeträgen reicht theoretisch eine einfache Überweisung. Doch auch dann sei es sinnvoll, einen Vertrag aufzusetzen, empfiehlt Martin Thelen. Der dient zum einen als Nachweis für das Finanzamt - denn jede Schenkung muss dort angezeigt werden.

Gibt es mehrere Erben, sei es zum anderen sinnvoll, gleich auch den gesamten Nachlass zu regeln. Erhält nur ein Kind eine Schenkung, haben dessen Geschwister im Erbfall eventuell Anspruch auf Ausgleichszahlungen. "Ein Testament sollte dann entsprechend angepasst werden", sagt Thelen. Wer sein Vermögen mit warmen Händen weitergeben möchte, sollte also rechtzeitig anfangen zu planen.  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.