Hamburg - Wer schon im ersten Berufsjahr eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abschliesst, handelt clever. Denn vor einer schweren Erkrankung oder einem Unfall und den dadurch womöglich entstehenden Verdienstausfällen ist man auch in jungen Jahren nicht gefeit.

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Mit zunehmendem Gehalt, steigenden Ausgaben und einer Familiengründung macht es Sinn, die BU anzupassen. Denn sollte man tatsächlich beruflich ausfallen, sollten die finanziellen Einbussen möglichst gering sein - sonst steht der Erhalt des bisherigen Lebensstandards auf der Kippe. Wie die Versicherungsleistung mitwächst, lesen Sie hier.

Bei BU-Verträgen ist immer wieder von einer dynamischen Beitragserhöhung die Rede. Was bedeutet das?

"Das bedeutet zunächst, dass der Beitrag jährlich automatisch um einen bestimmten Satz, zum Beispiel zwei Prozent, gegenüber dem Beitrag des Vorjahres erhöht wird", erläutert Constantin Papaspyratos von der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten mit Sitz in Hamburg.

Inzwischen gibt es ihm zufolge aber vielfältige unterschiedliche Regelungen am Markt. Beispielsweise kann der Beitrag auch um bestimmte Prozentsätze des Vorjahresbeitrags, inflationsorientiert oder etwa so weit wachsen, dass sich die BU-Rente um bestimmte Prozentsätze der Vorjahresrente erhöht.

Die BU-Rente selbst erhöht sich unterproportional zur Beitragserhöhung. Denn jede dynamische Erhöhung ist ein kalkulatorischer Neuabschluss. Das heisst, der Versicherer verlangt für jede Erhöhung erneut Abschluss- und Vertriebskosten. Das könne zum Beispiel für eine Beitragsdynamik von fünf Prozent bedeuten, dass die BU-Rente nur um 3,8 Prozent steigt, so Papaspyratos.

Sollte man bei Vertragsabschluss eine dynamische Beitragserhöhung vereinbaren?

"Das kann bei einer BU durchaus Sinn machen", sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg. Schliesslich steigen auch die Lebenshaltungskosten von Jahr zu Jahr. Die BU sollte darum mindestens Schritt halten. Ein weiterer Vorteil der Dynamik: Sie erfordert keine erneute Gesundheitsprüfung wie beim Abschluss der BU.

Ist eine dynamische Erhöhung auch bei bestehenden Verträgen möglich?

Nicht ohne weiteres. Der Versicherer prüft erst sein Risiko und fordert den Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin auf, Gesundheitsfragen zu beantworten. Der nachträgliche Einbau einer Dynamik ist aber nicht bei jedem Versicherer möglich.

Und lassen sich die Beiträge manuell erhöhen, um auch die Leistung im Schadensfall zu verbessern?

Ohne erneute Risiko- und Gesundheitsprüfung sei das dann möglich, wenn der Vertrag eine einmalige anlasslose Nachversicherungsgarantie vorsieht - etwa einmal während der ersten fünf Vertragsjahre bis zum Alter von 50 Jahren, so Constantin Papaspyratos.

Darüber hinaus sehen manche Anbieter auch Anpassungen der BU für bestimmte Lebensereignisse vor - etwa bei Heirat, Geburt eines Kindes oder einem Gehaltssprung. Wer allerdings die entsprechende Frist für das jeweilige Ereignis verstreichen lässt, müsse auf das nächste Ereignis warten, so Verbraucherschützerin Klug. Die Alternative: Die Rente gegebenenfalls unter Inkaufnahme einer erneuten Gesundheitsprüfung ohne Anlass hochsetzen.

Sollte ich mich in Sachen BU beraten lassen?

"Das bietet sich oftmals an", sagt Constantin Papaspyratos. Die Versicherungsbedingungen sind häufig sehr umfangreich und kompliziert, da kann es von Vorteil sein, wenn Experten etwa vom Bund der Versicherten oder von Verbraucherzentralen mit darauf schauen und Tipps geben.

Worauf kommt es sonst noch an?

Versicherte sollten wissen, dass man die Dynamik auch etwas steuern kann. "Man muss sie nicht jedes Jahr annehmen", sagt Sandra Klug. Man kann der automatischen Beitragserhöhung in zwei aufeinanderfolgenden Jahren widersprechen, bevor die Dynamik im dritten Jahr wieder greift. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn die finanzielle Situation angespannt ist. Wer der dynamischen Erhöhung öfter in Folge widerspricht, verliert sie für immer.

Ausserdem gut zu wissen: Wer seinen BU-Beitrag jährlich zahlt, fährt deutlich günstiger als bei der monatlichen Zahlweise.

Und was, wenn man nun tatsächlich berufsunfähig wird?

Wer berufsunfähig wird, muss das dem Versicherer melden, die BU-Leistung beantragen und Nachweise erbringen. "Das kann besonders aufwendig sein, da eine Berufsunfähigkeit ein komplexer Versicherungsfall ist", sagt Constantin Papaspyratos.

Er rät davon ab, einen Leistungsantrag auf eigene Faust zu stellen, da er vollständig und plausibel sein muss. Unterstützen können Versicherungsberater und spezialisierte Rechtsanwälte. "Die Kosten dafür sind vertretbar, da es um Renten über viele Jahre geht und man dadurch das Risiko eines Rechtsstreits deutlich reduzieren kann", so der Fachmann.

© dpa-infocom, dpa:221014-99-130724/2  © dpa

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