Marie Kondo ist in aller Munde, seitdem bei Netflix ihre Show "Aufräumen mit Marie Kondo" ausgestrahlt wird. Doch wie sieht es in der Praxis mit den Entrümpelungs-Tipps der Japanerin aus, die mit ihrer "KonMari"-Methode ein Millionenimperium aufgebaut hat. Wir haben den Test gemacht.
Aufräumen, sich von Kleidung oder Gegenständen trennen, endlich Ordnung schaffen – das soll Freude bereiten?
Viel mehr als das, meint Bestseller-Autorin Marie Kondo. Glaubt man ihr, macht Ausmisten sogar glücklich und hilft dabei, innere Ruhe und Klarheit zu erlangen.
Die Japanerin hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Mit ihren Büchern, TV-Shows, einem eigenem Shop, ihrer Netflix-Show "Aufräumen mit Marie Kondo" und als Coach verdient die 34-Jährige Millionen.
Die von ihr entwickelte KonMari-Methode soll auch dem grössten Ordnungsmuffel dabei helfen, sich effizient von angehäuften Utensilien zu trennen.
Ich habe den Selbsttest gewagt und nach den Tipps der Ordnungs-Ikone meine Wohnung von Ballast befreit.
Aufräumen nach dem KonMari-Prinzip: Die Gegebenheiten
Nach dem letzten Umzug stehen mir rund 25 Quadratmeter weniger zur Verfügung. Innerhalb eines Jahres haben sich zahlreiche Dinge angehäuft. Schubladen und Schränke sind voll, die Kramecken häufen sich – es nervt.
Ich persönlich halte nichts von kreativem Chaos – mich macht Unordnung nervös. Ob mich die KonMari-Methode wieder dahin bringt, wo ich vor einem Jahr war?
In einer ordentlichen Wohnung ohne Kramecken und Kleider-Chaos? Ich schätze meine Chancen realistisch ein. Das Hamster-Gen ist relativ ausgeprägt.
KonMari-Methode Tipp 1: Das Ziel definieren
Zunächst stelle ich mir die Frage, was ich mir von der Aktion wünsche. Schnell wird klar: Ich wünsche mir ein harmonisches, aufgeräumtes Ambiente, in dem mich nicht viel ablenkt und ich mehr Raum für Kreativität und neue Ideen habe.
Zudem sollen Schränke und Schubladen endlich wieder übersichtlich gefüllt sein. Einzelne Kramecken sollen verschwinden, denn diese scheinen sich wie von Geisterhand zu vergrössern.
Bevor es losgeht, lasse ich jedes Zimmer eine Weile auf mich wirken und versuche mir vorzustellen, wie es nach dem Aufräumen aussehen könnte.
Der Gedanke an das neue Wohngefühl in minimalistischerem Ambiente ist eine gute Motivation und auch der Startschuss für mein persönliches KonMari-Experiment. Los geht’s!
KonMari-Methode Tipp 2: Kategorisch ausmisten
Damit das Entmisten geordnet verläuft, halte ich mich an Marie Kondos Grundsatz und arbeite mich von einer Kategorie zur nächsten. Erst wenn eine Kategorie beendet ist, geht es an anderer Stelle weiter.
Ich beginne mit der Kleidung. Emotional wertvolle Dinge wie Postkarten oder Fotos sollen laut Marie Kondo das Schlusslicht bilden. In der Tat braucht es ein wenig Übung, bis man bereit für diesen Schritt ist.
Ich beginne mit den überfüllten Schubladen, in denen ich Kleidungsstücke aufbewahre. Um ehrlich zu sein, trage ich etwa ein Viertel von dem, was in den Schubladen wild ineinander verschlungen und sehnsüchtig auf den berühmten "Irgendwann trage ich es"-Tag wartet.
KonMari-Methode Tipp 3: Alles auf einen Haufen werfen
Nach Marie Kondos Methode werfe ich alles auf einen grossen Haufen. Nun geht es ans Eingemachte.
Stück für Stück greife ich nach einem Kleidungsstück und fühle nach, ob das jeweilige Teil einen emotionalen Wert für mich hat und frage mich ganz Kondo-esk, ob mich das jeweilige Piece glücklich macht.
Marie Kondo nennt es tokimeku. Fühlen, ob der Glücksfunke überspringt. Denn genau das ist Kondos Ansatz: Das zu finden, was einem wirklich etwas bedeutet. Alles andere kommt weg. So schwingt beim grossen Ausmisten gleich etwas viel Positiveres mit.
Den grossen Kleiderberg vor mir zu sehen, ist zunächst eine ziemliche Wucht. Erst jetzt bemerke ich, was alles in den Schubladen schlummerte. "Schade ums Geld", denke ich mir und greife zum ersten Shirt.
KonMari-Methode Tipp 4: Irgendwann? Hamstern? Tokimeku!
Wer nicht mit dem Ausmist-Gen geboren wurde, muss jetzt stark sein. Mir fehlt es leider und so klammere ich mich zunächst an jedes Shirt, von dem ich bis eben nicht einmal mehr wusste, dass es existiert.
Dann besinne ich mich und versuche, Marie Kondos Regel zu befolgen und das Wort "irgendwann" aus meinem Kopf zu verbannen.
"Was ich die letzten Jahre nie angezogen habe, muss ich auch nicht für die nächsten aufbewahren", denke ich. Und doch schreit der Hamster in mir laut "irgendwann!".
Also stelle ich mir vor, wie Marie Kondo strahlend auf meinem Sofa sitzt, den Hamster behutsam nimmt und ihn höflich auf die Terrasse setzt. Genau, du nimmersatter Hamster.
Ich betreibe jetzt Tokimeku. Ich behalte nur noch, was mich glücklich stimmt. Ich hamstere nicht mehr.
KonMari-Methode Tipp 5: In Schubladen senkrecht lagern
Werden Kleidungsstücke in Schubladen wie in einem Schrank klassisch gestapelt, ist das Chaos programmiert. Marie Kondos Tipp, Textilien senkrecht einzusortieren, erweist sich als genial. Ohne extrem viel ausgemistet zu haben, passt alles mühelos hinein.
Dünnere Textilien wie T-Shirts können zusammengerollt und in kleine Boxen gestellt werden. So fallen sie nicht zusammen und die Ordnung ist von Dauer. Herrlich! Endlich ist alles gut sortiert und griffbereit.
Marie Kondos Aufräum-Tipps in der Praxis: Mein Fazit
Wer sich schon längere Zeit erfolgreich davor drückt, endlich nachhaltig aufzuräumen, findet in Marie Kondo die perfekte Verbündete für das Vorhaben.
Idealerweise wird an einem freien Tag begonnen. Marie Kondo empfiehlt, je nach Möglichkeit alles in einem Zug zu erledigen. Das hat den Vorteil, dass man im Aufräum-Fieber bleibt.
Ist man dann erst einmal im KonMari-Flow, geht es zügig voran und bringt sogar Freude. Im Alltag wird durch den gut sortierten Haushalt Zeit gespart. Darüber freuen sich auch die Nerven. Langes Suchen ist endlich passé.
Zudem hat eine Wohnung ohne unnütze Ansammlungen eine sehr angenehme Wirkung auf das Gemüt. Ein Gefühl von Leichtigkeit und Klarheit macht sich breit.
Und obwohl auch der grosse Müllsack und rabiateres Vorgehen beim Ausmisten ebenso zum Ziel führen, hat mich die KonMari-Methode überzeugt. Wer wirft schon gerne weg, was einst teuer bezahlt wurde?
Sich intensiv mit dem auseinanderzusetzen, was man über Jahre hinweg angesammelt hat, kann ein neues Bewusstsein für das eigene Konsumverhalten schaffen.
Beim Einkaufen halte ich nun kurz inne, bevor ich impulsiv das zehnte Kleid kaufe, das ich ja anziehen könnte, wenn ich endlich die drei Kilo wieder abgenommen habe. Und für den Sommerurlaub wäre es … stopp!
Ich frage mich dann, ob ich es wirklich brauche und ob es mich langfristig glücklich machen wird. Nein? Dann hänge ich es lieber zurück und freue mich, die Umwelt geschont und Geld gespart zu haben.
Zu Hause angekommen blicke ich dann in meinen überschaubaren Kleiderschrank und bin zufrieden.
Nur meinen Hund lässt Marie Kondos "Magic Cleaning" ziemlich kalt. Nicht ein einziges Plüschtier durfte ich aussortieren. Für ihn bedeutet jedes Spielzeug eindeutig tokimeku.
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