Wiesbaden/München - Die monatliche Miete ist für Millionen Menschen in Deutschland eine schwere finanzielle Belastung. 1,5 Millionen Haushalte in Deutschland gaben im vergangenen Jahr 50 Prozent und mehr ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete aus, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Strom, Gas und Wasser sind dabei nicht inbegriffen.

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Weitere 1,6 Millionen Haushalte geben zwischen 40 und 50 Prozent ihres Nettoeinkommens aus, um sich ihre Wohnung leisten zu können. Damit müssen in Summe 3,1 Millionen Haushalte mit einer weit überdurchschnittlichen Mietbelastung zurecht kommen.

Das ist in etwa jeder sechste, denn insgesamt gibt es laut Bundesamt 19,9 Millionen Mieterhaushalte in Deutschland. Die durchschnittliche Mietbelastung liegt nach Zahlen der Wiesbadener Behörde sehr viel niedriger bei 27,8 Prozent.

Höherer Anteil für Miete bei niedrigem Einkommen

Die Statistik sagt nichts darüber aus, zu welchen Einkommensgruppen diejenigen zählen, die einen so viel höheren Anteil für die Miete ausgeben. Darunter könnten auch Normal- oder Gutverdiener sein, die in exorbitant teuren Wohnungen leben. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass es sich grösstenteils um Menschen mit niedrigen Einkommen handelt.

"Die Mietbelastung insbesondere von Haushalten mit geringen Einkommen und in den Grossstädten ist dramatisch", sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. "Es ist ein Alarmzeichen, dass der Anteil der Einkommen, der für Wohnkosten aufgewendet werden muss, in den vergangenen Jahren noch weiter gestiegen ist."

Vergleiche zu Vorjahreszahlen sind laut Bundesamt nur sehr eingeschränkt möglich. Die Ergebnisse stammen aus Antworten von Mietern auf Fragen im "Zusatzprogramm Wohnen", das erstmals im Rahmen des 2020 neu gestalteten Mikrozensus aufgelegt wurde.

Lebenshaltungskosten wegen hoher Inflation gestiegen

Im vergangenen Jahrzehnt war die Mietbelastung in Deutschland nach Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat trotz steigender Mieten sogar leicht zurückgegangen. Denn viele Menschen profitierten von Lohnerhöhungen, die über den sehr niedrigen Inflationsraten lagen. Im vergangenen Jahr sind die Lebenshaltungskosten wegen der hohen Inflation jedoch sehr viel schneller gestiegen als die Einkommen.

Die schlechte Nachricht für Mieter: Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Haupttreiber des rapiden Anstiegs der Mieten im vergangenen Jahrzehnt war der Anstieg der Immobilienpreise, wobei die Kaufpreise noch sehr viel schneller in die Höhe schossen als die Mieten. Mittlerweile steigen die Immobilienpreise nicht mehr, in manchen Städten sind sie sogar leicht gefallen.

Doch Mieter werden davon voraussichtlich nicht profitieren. "Die Bautätigkeit geht beängstigend zurück", sagt Stephan Kippes, der Marktforscher des Immobilienverbands Deutschland Süd in München. Wohnungen werden also aller Wahrscheinlichkeit nach knapp bleiben.

Zinsanstieg verschärft die Lage auf dem Wohnungsmarkt

Gleichzeitig führt der Anstieg der Zinsen dazu, dass viele potenzielle Käufer sich kein Eigenheim mehr leisten können. Diese Menschen verbleiben im Mietmarkt, wie Kippes sagt. "Die Menschen, die wegen des Zinssprungs nicht mehr kaufen können, müssen ja weiter irgendwo wohnen." Die mutmassliche Konsequenz von Einbruch der Bautätigkeit und Zinsanstieg: "Das Angebot wird noch enger, und die Mieten werden steigen", erwartet Kippes.

Der IVD Süd ist ein Interessenverband der Makler, das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung gewerkschaftsnah, doch dessen wissenschaftlicher Direktor Dullien kommt zum selben Schluss: "Das Problem des Wohnungsmangels dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen."

Dullien geht davon aus, dass die Daten des Bundesamts "die tatsächliche Dramatik des Wohnungsmangels und der hohen Mieten in den Ballungsgebieten noch unterzeichnen". Der Mikrozensus bilde die Bestandsmieten ab. "Diese sind im Durchschnitt viel geringer als die Mieten bei Neuvermietungen." Das Institut fordert eine "Offensive für mehr öffentlichen Wohnungsbau", um schnell gegenzusteuern.  © dpa

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