"Zu Hause ist er immer ganz lieb", ist ein Satz, den Hundetrainer von Menschen, die mit ihrem Hund Probleme haben, oft hören. Wenn der Hund dann aber draussen Radfahrer jagt und an der Leine zieht, sei in der Erziehung etwas schiefgelaufen, sagt Hundetrainerin Carola Schulze. Regeln aufzustellen, Grenzen zu setzen und zu versuchen, die Körpersprache der Hunde zu verstehen, sind aus ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, die Hundehalter beachten sollten.

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Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen. So mancher Hundehalter vergisst angesichts des Wunsches nach einem guten Miteinander jedoch, dass Hunde zu diesem guten Miteinander auch erzogen werden müssen.

Das funktioniert auf keinen Fall mit Gewalt oder Drohungen, auch nicht in erster Linie mit Leckerli als Belohnung, sondern mit viel Geduld, Kommunikation, aber auch Konsequenz. Leicht ist das nicht, viele Hundehalter machen dabei Fehler, die auf beiden Seiten zu Frustration führen können. Wir klären über die häufigsten auf.

Fehler 1: Missinterpretation der Körpersprache

Eine wedelnde Rute bedeutet Freude? Ja, möglicherweise - sie kann aber auch Anspannung bedeuten. "Zunächst einmal bedeutet sie nur Erregung", sagt Carola Schulze im Gespräch mit unserer Redaktion. Die kann positiv oder negativ sein.

Ein Beispiel: Laufen zwei Hunde beim Gassigehen aufeinander zu und wedeln mit der Rute, denken ihre Besitzer womöglich "Schön, dass sie sich freuen!" und ziehen die Hunde noch näher zueinander hin.

Wenn die Hunde dann plötzlich aggressiv werden, wundern sich die Halter. Dabei haben sie die Körpersprache ihrer Tiere falsch interpretiert. Oder vielmehr: Sie haben nicht alle Signale beachtet.

Denn mit einer hoch stehenden Rute (wedelnd oder nicht) drücken Hunde eigentlich aus, dass sie auf Abstand bleiben möchten. Dazu komme häufig, dass der Körper des Tieres steif wird, er den Artgenossen mit einem drohenden Blick fixiert, manchmal auch den Nasenrücken kräuselt oder die Zähne fletscht, sagt Schulze, die in der Hundeschule von Martin Rütter arbeitet.

Ein anderes Beispiel betrifft eine typische Situation, wenn der Hundehalter nach Hause kommt: Das Tier läuft auf ihn zu und springt an ihm hoch. Auch das, erklärt Carola Schulze, werde häufig als Freude interpretiert: "Aus Sicht des Hundes ist das aber eine korrigierende Geste."

Korrigierend bedeutet, dass der Hund seinen Besitzer damit massregelt, ihm bedeuten will, dass er etwas falsch gemacht hat. "Und wenn Hunde Menschen massregeln", so Schulze, "ist in der Erziehung etwas falsch gelaufen." Nicht selten wird der Hund in diesem Verhalten aber noch bestätigt, etwa indem er dann gestreichelt wird.

Ähnliches gilt, wenn der Hund sich quer vor seinen Besitzer stellt. Letzterer denkt: "Der Hund braucht Zuneigung, möchte gestreichelt werden." Der Hund will aber eigentlich damit sagen: "Stopp, nicht weitergehen." Wird der Hund eben durch Streicheln in diesem Verhalten bestätigt, geht er selbst erst recht nicht weiter - oft zum Frust des Besitzers.

Die Körpersprache des eigenen Hundes zu lernen, ist also nicht banal - aber auch kein Hexenwerk. Eine Grundregel lautet zum Beispiel: Ist die Rute unten, ist der Hund entspannt. Ist die Rute oben, ist er angespannt.

Zudem gibt es Gesten, die bei Menschen und Hunden ähnlich sind, wie etwa die Drohgeste aus Vorbeugen und mit dem Blick fixieren. Andere Verhaltensweisen sind wiederum sehr unterschiedlich, wie die Bedeutung des Zähnezeigens: Bei den Menschen bedeutet es in der Regel Lachen, bei Hunden Aggression.

Fehler 2: Zu wenig Konsequenz

Konsequenz ist ein weiterer wichtiger Punkt in der Hundeerziehung. Hundetrainerin Schulze hat da vor allem das Verhalten von Hundehaltern in der Wohnung (oder im Haus) und ausserhalb, etwa beim Gassigehen, im Kopf.

Oft sei es nämlich so, dass der Hund zu Hause mehr oder weniger tun darf, was er will. Draussen seien die Besitzer dann überrascht, wenn der Hund aggressiv auf Artgenossen reagiert, Radfahrern oder Skatern hinterherjagt und nicht auf seinen Besitzer hört.

"Wichtig ist, dass im Haus oder in der Wohnung die gleichen Regeln gelten wie draussen", sagt Schulze. Sonst frage sich der Hund, wenn er draussen für ein Fehlverhalten getadelt wird: "Wieso? Das darf ich doch drinnen auch!"

Um dieses Problem zu umgehen, sind Ansagen wichtig, die in jeder Situation gelten und klar vorgetragen werden. Fehlt diese Klarheit, reagiert der Hund nicht "richtig", der Besitzer ist frustriert und gibt die Erziehung vielleicht komplett auf.

Das beseitigt das Problem aber nicht, denn genervt ist er vom Verhalten seines Hundes trotzdem. Das bleibt auch dem Hund nicht verborgen, wie die Ausbilderin von Rettungs- und Behindertenbegleithunden, Edith Blechschmidt, in einem Interview erklärt.

Wenn er ständig merke, dass sein Besitzer von ihm genervt ist, er aber gar nicht genau wisse, warum, belaste das die Beziehung: "Fairer wäre es, meinem Gegenüber mal zu sagen: 'Du, das hier nervt, lass das doch!'"

Fehler 3: Keine Grenzen

Bevor der Hundehalter etwas mit Konsequenz durchsetzen kann, muss er sich aber zunächst einmal überlegen, was. Dazu muss er Regeln bestimmen und Grenzen setzen.

"Ein Hund braucht ein stabiles Konstrukt aus Regeln und Grenzen, um sich sicher zu fühlen. Wenn man ihm dieses Gerüst nicht gibt, bürdet man ihm zu viel Verantwortung auf", sagt Carola Schulze.

Grenzen setzen ist übrigens durchaus wörtlich zu nehmen. Zum Beispiel, wenn es um den Platz geht, den der Hund zu Hause für sich beanspruchen darf. Nicht zu viel nämlich. "Da reicht eine Hundebox oder eine Decke in einer ruhigen Ecke eines Zimmers", sagt Schulze. Der Hund muss nicht die ganze Wohnung okkupieren.

Wichtig sei, dass der Hundeplatz so gewählt ist, dass das Tier seine Menschen nicht permanent im Blick hat, so die Hundetrainerin weiter. Ein Platz auf dem Treppenabsatz wäre zum Beispiel ungünstig, weil der Hund sie von dort quasi überwachen könne.

Fehler 4: Vermenschlichung des Tieres

Konsequent sein, Grenzen setzen - das klingt erst einmal alles nicht besonders liebevoll. Dass ein Hund auch Zuwendung braucht, wird jedoch wohl nicht einmal von Menschen, die kein Haustier haben oder mit Tieren generell nichts anfangen können, bestritten werden.

Mancher Hundetrainer ist allerdings der Meinung, dass viele Hundehalter es damit übertreiben.

"In westlichen Ländern wie den USA oder Deutschland geben Besitzer ihren Hunden Namen, kaufen ihnen Bettchen und tragen sie die Treppen hoch", kritisiert etwa der bekannte Hundetrainer Cesar Millan in einem Interview mit "Spiegel Online".

Er selbst sei auf einer mexikanischen Farm aufgewachsen. "Dort achtet man auf die Körpersprache der Tiere und weiss, wann man ihnen Raum geben muss."

Auch Carola Schulze findet, dass Hunde zu Hause nicht permanent bespielt werden müssen. "Was viele nicht wissen: Hunde schlafen 18 bis 20 Stunden pro Tag", sagt sie.

Zuneigung zu zeigen, das geht aus ihrer Sicht am besten beim Gassigehen. Da bekommt der Hund den für ihn so wichtigen Auslauf - und der Hundebesitzer kann streicheln und kuscheln und dem Hund so zeigen, dass er gemocht wird.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit der Hundetrainerin Carola Schulze
  • Hund mit Mensch Schule: "Können Sie Nein sagen?" (PDF)
  • Spiegel Online: "Man muss eine Rangordnung etablieren"
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