Der Umgang mit Verstorbenen: Bei diesem Gedanken läuft vielen ein Schauder über den Rücken. Der Tod ist ein gesellschaftliches Tabu, erst recht der Umgang mit dem toten Körper.

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Viele nehmen vom Verstorbenen gar nicht mehr am aufgebahrten Sarg Abschied. Die Vorstellung, dass ein Mensch verwest, ekelt manche. Aber es gibt eine Berufsgruppe, die sich intensiv mit den Toten befasst und deren Ziel es ist, Tote so wiederherzurichten, dass eine offene Aufbahrung möglich ist: Die Thanatopraktiker.

Ihr Arbeitsgebiet ist die Leiche. Das beginnt mit dem Waschen des toten Körpers - wie sie auch vom Bestatter vorgenommen wird - und endet mit der Einbalsamierung und ästhetischen Wiederherstellung von Unfallopfern.

Dr. Kerstin Gernig vom Bundesverband deutscher Bestatter betont: "Wenn ein Kind voller Blut und Schleim auf die Welt kommt, empfinden die meisten Menschen das keinesfalls als eklig. Ebenso wenig eklig ist es, einen Toten zu waschen. Es gehört zu den uralten Abschiedszeremonien." In der christlichen Tradition sei die Leichenwäsche sogar ein "Werk der Barmherzigkeit". Es habe etwas mit der Würde des Verstorbenen zu tun, ihn zu waschen und anzukleiden - sozusagen ein "Liebesdienst" am Toten.

Der Thanatopraktiker hat gegenüber einem Bestatter weitreichendere Aufgaben. Denn er ermöglicht Hinterbliebenen, ihren Verstorbenen offen aufzubahren: Und zwar ohne Zeitdruck und Angst vor einem sichtbaren Verwesungsprozess.

Robert Vöth, Thanatopraktiker aus Frankfurt am Main, berichtet: "Mit unserem Know-How können wir die Verwesung verzögern. Dazu gehört die Einbalsamierung - auch Modern Embalming genannt." Er vergleicht das Embalming mit einer Dialyse: Das Blut des Toten wird dabei durch eine konservierende und desinfizierende Flüssigkeit - die auch Formalin enthält - ausgetauscht.

"Glauben Sie aber nicht, dass wir Thanatopraktiker Organe entnehmen, wie es etwa bei der Einbalsamierung im Alten Ägypten der Fall war. Wir setzen nur eine Injektionsnadel, das war’s. Das ist nicht gruselig. Jede Blinddarm-Operation ist schlimmer."

Die Ausbildung und Arbeit eines Thanatopraktikers ist übrigens stark von medizinischen Inhalten geprägt, wie zum Beispiel von der Organ-, Knochen- und Gefässlehre, aber auch von der Mikrobiologie und dem Wissen, wie sich die Einnahme von Medikamenten zu Lebzeiten auf den Einbalsamierungsprozess auswirkt.

Heutzutage werden Verstorbene dann einbalsamiert, wenn sie ins In- oder Ausland überführt werden. Durch die Behandlung werden die sogenannten Totenflecken herausgespült und Hautablösungen sowie der Austritt von Körperflüssigkeiten verhindert. "In anderen Ländern ist diese Einbalsamierung üblich. So werden in Frankreich circa 60 Prozent der Toten thanatopraktisch versorgt, in Deutschland liegt diese Zahl dagegen im einstelligen Bereich", so Vöth.

Die Arbeit des Thanatopraktikers geht aber weit über die Einbalsamierung hinaus. Er hat auch die Aufgabe, durch Gewalteinwirkung entstellte Tote wie etwa Unfallopfer wiederherzustellen. Vöth: "Wir können 70 bis 80 Prozent solcher Fälle so rekonstruieren, so dass die Angehörigen am offenen Sarg Abschied nehmen können." Gerade dieser Teil seiner Arbeit ist ihm besonders wichtig: "Häufig ist es für die Angehörigen erträglicher, wenn ein Abschied am offenen Sarg möglich ist, statt lediglich einen Sarg zu beerdigen, ohne den Toten noch einmal gesehen zu haben."

Robert Vöth arbeitet übrigens auch für die Polizei: "Ich helfe zum Beispiel bei der Identifizierung von Wasserleichen. Wir können Gewebe reduzieren und damit die normalen Gesichtszüge eines Menschen wie zu Lebzeiten wiederherstellen", berichtet der Thanatopraktiker. Erst danach ist es möglich, zum Beispiel das Bild eines Toten an die Presse zu geben und um Mithilfe bei der Identifizierung zu bitten.

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