Mömbris/Zürich (dpa/tmn) - Da fliegen Herzchen und Blumensträusse, schiessen gelbe Däumchen nach oben - oder rollende Augen drücken Unmut aus: Spätestens seit der Corona-Pandemie und der vielen Zeit im Homeoffice gehört für viele die digitale Kommunikation mit den Kollegen - und Chefinnen - zum Job dazu. Dazu zählen häufig auch Emojis.
Die sollen in firmeninternen Messenger- und Chatprogrammen dabei helfen, Emotionen, Wünsche oder Anmerkungen zu verstärken. Und somit zum Teil Mimik und Gestik zu ersetzen. Während das in der Regel natürliches Verhalten ist, ist der angemessene Einsatz von Emojis häufig ein Balanceakt. Wie viel braucht es, wann ist es zu viel?
Weniger Emojis - mehr Macht?
Eine im März 2022 veröffentlichte Studie der Coller School of Management in Tel Aviv zeigt, dass der Einsatz von Emojis und Bildern in E-Mails und Chats eine Person weniger überzeugend und einflussreich wirken lassen kann.
Die Forschungsgruppe fand in einem Experiment heraus, dass Menschen, die in der Lage sind, sich verbal ausreichend zu artikulieren und dabei auf visuelle Unterstützung durch Emojis verzichten können, mehr Macht zugesprochen bekamen.
"Untersuchungen zeigen, dass visuelle Botschaften oft als Signal für den Wunsch nach sozialer Nähe interpretiert werden", so Co-Studienautorin Elinor Amit. Weniger mächtige Menschen würden sich demnach mehr soziale Nähe wünschen als einflussreichere.
Nahbar machen, Informationen transportieren
Sollten Menschen, die Wert darauf legen, Macht zu signalisieren also eher auf Emojis verzichten? Die Karriere-Beraterin Anne Forster-Berger sieht das nicht ganz so streng. Ihrer Einschätzung nach machen sich insbesondere Führungskräfte durch die Verwendung von Emojis nicht schwächer. "Ich finde, sie wirken vor allem nahbarer", so Forster-Berger.
Auch der Kommunikationstrainer Peter Rach verweist auf die positiven Seiten der kleinen Symbole: "In einem Chat sieht man meine Körperhaltung und Mimik nicht. Ein Emoji hilft beim Transport von Informationen."
Informelle und formelle Kommunikation unterscheiden
Forster-Berger schränkt aber ein: Es bestehe ein gewisses Risiko, dass die Vielzahl von Emojis zu Missverständnissen führen könnte. "Nicht jede Funktion eines Emojis oder Smileys ist den Menschen bekannt."
Eine goldene Regel lautet daher: Es gibt auch in der digitalen Welt einen Unterschied zwischen lockeren Gesprächen mit Kollegen und offiziellen Gesprächen zwischen Führungsebene und Beschäftigten. Im Rahmen von schwierigen Gesprächen sieht Forster-Berger auch zukünftig keine Emojis.
Emoji-Einsatz im Job eigenverantwortlich abwägen
In vielen Konzernen werde ohnehin bewusst eine gewisse Distanz gewahrt, sagt Rach. Man müsse sich immer fragen: Wie weit ist mein Chef von mir entfernt? "Es kommt vor allem auf das Medium an, über das kommuniziert wird", findet der Kommunikationstrainer. Handelt es sich um ein eher konservatives Medium wie die klassische E-Mail oder um einen Messenger-Dienst wie Slack oder Microsoft Teams?
Darüber hinaus ist der Einsatz von Emojis zum Teil auch eine Frage des Alters. Nicht alle Generationen am Arbeitsmarkt sind mit Chats, Messengern und Emojis aufgewachsen und bewegen sich im Pool der Symbole so unbeschwert wie jüngere Beschäftigte. "Der Einsatz kam ja erst mit der Nutzung von Smartphones richtig in Schwung", sagt Forster-Berger.
Letztendlich muss von Situation zu Situation entschieden werden, was angebracht ist. Kommunikationstrainer Peter Rach sagt: "Die Bedeutung eines Kommentars entsteht beim Empfänger." Jeder müsse also selbst erkennen, wann Ernst oder Spass in einer Situation angebracht sind.
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