Wiesbaden - Die Lohnlücke zwischen Frau und Mann hat sich in der Corona-Krise nicht verringert. 4,31 Euro in der Stunde verdienten berufstätige Frauen 2022 im Schnitt weniger als Männer, wie das Statistische Bundesamt am Montag berichtet hat.

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Wie im Vorjahr sind das 18 Prozent Unterschied, auch wenn die Zahlen laut Bundesamt wegen eines Berechnungswechsels nur bedingt vergleichbar sind. Über die Jahre hat sich der geschlechterspezifische Verdienstunterschied etwas verringert, im Jahr 2006 betrug er noch 23 Prozent.

Knapp zwei Drittel der erkannten Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit den höheren Teilzeitquoten und den geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Es bleibt eine bereinigte Lücke (bereinigter Gender-Pay-Gap) von rund 7 Prozent des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung. Arbeitnehmerinnen verdienten also im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie pro Stunde 7 Prozent weniger als Männer. Die Behörde vermutet, dass hier Erwerbsunterbrechungen etwa bei Schwangerschaften, zur Kindererziehung oder zur Pflege von Angehörigen eine Rolle spielen.

"Eklatantes Gerechtigkeitsproblem"

Der DGB sieht in der Entgeltlücke nicht nur ein "eklatantes Gerechtigkeitsproblem", sondern auch einen "echten Wettbewerbsnachteil", wenn es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen. Die Entgeltgleichheit sei ein wichtiger Faktor, wenn man mehr Frauen ins Erwerbsleben bekommen wolle, sagt die DGB-Vizechefin Elke Hannack.

Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland in Sachen Einkommensgerechtigkeit schliesslich weit hinterher. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2020 waren Frauen in Lohnfragen nur in Estland, Lettland und Österreich schlechter gestellt als hierzulande. Im EU-Schnitt betrug die unbereinigte Gehaltslücke 13 Prozent, und in einzelnen Staaten wie Luxemburg gab es kaum noch einen messbaren geschlechtsspezifischen Unterschied bei den Gehältern.

"Equal Pay Day" am 7. März

Seit Jahren kämpft die Kampagne "Equal Pay Day" gegen die Verdienstdiskriminierung und hatte ihren Kampftag im laufenden Jahr auf den 7. März datiert. Der Termin gibt symbolisch an, bis zu welchem Tag im Jahr Frauen praktisch unbezahlt gearbeitet haben, obwohl sie die gleiche Arbeit wie Männer leisten, die bereits seit dem 1. Januar bezahlt werden. Der höhere Mindestlohn habe nur eine geringe Auswirkung auf die Entgeltlücke. In diesem Jahr hat sich die Aktion den Kulturbereich vorgeknöpft, in dem Frauen bei einer Lohnlücke von rund 30 Prozent weniger sogar noch stärker benachteiligt würden als in der Gesamtwirtschaft.

Hier wie dort übernehmen Frauen weit häufiger die unbezahlte häusliche Sorgearbeit, wie unter anderem eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Vor allem, wenn Kinder betreut oder Angehörige gepflegt werden müssen, wird die Zeit knapp. "Frauen weichen deshalb im Job oft auf Teilzeit aus, was langfristig mit deutlichen Einbussen bei den Stundenlöhnen verbunden ist", erläutert die Böckler-Forscherin Karin Schulze-Buschoff.

In der Pandemie haben sich die Geschlechterrollen bei der häuslichen Sorgearbeit nur wenig verändert, legt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nahe. Zwar stieg zunächst die Beteiligung der Männer, die häufiger von Kurzarbeit betroffen waren oder auch im Homeoffice mehr Zeit hatten, sich um die Kinder und andere häusliche Belange zu kümmern. Die Forscher vermuten aber, dass die Sorgearbeit doch wieder verstärkt an den Frauen hängenbleibt, wenn auch diese ihre Erwerbsarbeit zu Hause erledigen könnten. Die Ungleichheiten bleiben demnach bestehen.

Teilzeit als Karrierefalle

Teilzeit ist die eine grosse Karrierefalle, die andere ist die Wahl eines von vornherein gering bezahlten Berufs. In typischen Frauenberufen wie der Pflege, dem Handel oder der Kindererziehung fehlte den Gewerkschaften bislang schlicht die Durchschlagskraft, um höhere Tarifgehälter durchzusetzen. DGB-Vize Hannack sieht die öffentlichen Arbeitgeber in der Pflicht, die Entgeltlücke zu verringern. "Gerade Beschäftigte in frauendominierten Berufen wie in der Pflege und in den Kitas müssen schlicht mehr verdienen." Die öffentlichen Arbeitgeber könnten mit einem fairen Abschluss im öffentlichen Dienst dazu beitragen, die Entgeltlücke zu überwinden.

An der Einkommensspitze sieht es hingegen ganz anders aus: Laut einer Auswertung der Prüf- und Beratungsgesellschaft EY aus dem November sind Frauen in den Vorständen der börsennotierten Top-Unternehmen zwar immer noch deutlich in der Minderheit, verdienen aber im Schnitt mehr als ihre männlichen Kollegen. Bei einem Durchschnittsjahresgehalt von 2,4 Millionen Euro betrug der Vorsprung der Frauen in den 160 Firmen der Dax-Familie rund 348 000 Euro. Hervorragend, meint die Leiterin der Equal Pay Day Kampagne, Uta Zech: "Die Dax-Unternehmen haben erkannt, wie wichtig Frauen an der Führungsspitze sind."  © dpa

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