Aachen (dpa/tmn) - Komplex, theoretisch und anstrengend - vielen technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen eilt ihr Ruf voraus. Seit Jahren haben MINT-Fächer (Studienfächer aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sehr hohen Abbruchquoten.
Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) gab jeder dritte Studienanfänger, der im Wintersemester 2008/2009 ein Maschinenbaustudium aufnahm, das Studium bis 2012 wieder auf. Bei den Mathematikern waren es knapp 40 Prozent.
Leon Reinsch hat das im Hörsaal selbst erlebt. 2010 begann er an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen sein Maschinenbau-Studium. Am Anfang seien die Anforderungen nicht so hoch gewesen, aber im Laufe der Zeit habe sich gezeigt, wer mithalten kann, erinnert sich der 27-Jährige. "Auch ich hatte relativ schnell das Gefühl, dass ich bei vielen Sachen hinterherhänge", sagt er.
Zu viel Lernstoff, zu wenig Zeit: Immer wieder habe er Schwierigkeiten gehabt abzuschätzen, was wichtig ist und was nicht, erzählt Reinsch. Prioritäten setzen, sich mit Kommilitonen austauschen, Probleme in studentischen Foren besprechen - so schaffte er am Ende eine Prüfung nach der anderen.
"Am besten, man redet über Mathematik", sagt Prof. Dominik Leiss von der Leuphana Universität in Lüneburg. Als Professor für Mathematikdidaktik zeigt er Lehramtsstudenten, wie sie Formeln, Gleichungen und Co. verständlich lehren können. "Wir versuchen hier und an vielen anderen Universitäten, die Studierenden dort abzuholen, wo sie stehen. Lange Zeit wurde das in MINT-Studienfächern nicht gemacht, es wurde sehr bewusst und stark ausgesiebt", erklärt er.
Längst habe ein Wandel an den Universitäten stattgefunden. Mit Vorkursen würden Studenten inzwischen besser als noch vor einigen Jahren auf das universitäre Leben vorbereitet, sagt Prof. Leiss. Erstsemester sollten die Vorkurse unbedingt besuchen.
Das Gefühl "draussen zu sein" hatte Jan Niklas Rösch im zweiten Semester seines Informatikstudiums an der Universität Lübeck. Damals fiel er durch die Matheprüfung und merkte plötzlich, "ich muss da noch mehr reinstecken als bisher". Häufig seien es falsche Erwartungen, mit denen die Abiturienten ins Studium starten, sagt Rösch. Wichtig ist es deshalb im Vorfeld, sich die Studienordnung genau anzusehen. Einmal das Studium begonnen, können aber auch ganz andere Probleme auftreten. Röschs Ratschlag: "Es ist unglaublich wichtig, mit anderen zusammen zu lernen und sich auszutauschen. Und man sollte frühzeitig nach Hilfe suchen, wenn man merkt, es gibt Schwierigkeiten."
Gerade in den MINT-Fächern ist der Übergang von Schule zu Studium oft holprig. Vielen Studenten wachsen die neuen Herausforderungen über den Kopf. Sinnvoll ist, sich schon vor dem Studium mit den Fachschaften und der Studienberatung auszutauschen, wo im ersten Semester ihrer Erfahrung nach die Probleme der Erstsemester liegen. Ist das Studium begonnen, sei es wesentlich, das Lernen zu lernen, sagt Prof. Susanne Ihsen von der Technischen Universität in München. Sie ist Vorstandsmitglied des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit und engagiert sich im Rahmen der Initiative "Komm mach MINT". "Es ist nicht unbedingt der Einserkandidat aus dem Abitur, der supererfolgreich im Studium ist. Sondern es ist der- oder diejenige mit der Kompetenz, lernen zu können." © dpa
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