München/Berlin - Vom Angestelltendasein in die berufliche Selbstständigkeit wechseln: Das ist für viele reizvoll, aber nicht ohne Risiken. Womöglich erweisen sich die Pläne in der Praxis als Luftschlösser - oder es dauert lange, bis man ausreichend Aufträge bekommt, um davon leben zu können.
Warum also nicht erst einmal nebenberuflich ausprobieren, ob die Geschäftsidee tatsächlich funktioniert und man sich damit auch wohlfühlt? Die wichtigsten Fragen und Antworten für den Start.
Wer kann sich nebenberuflich selbstständig machen?
Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer dürfen nebenbei selbstständig arbeiten. Im Arbeitsvertrag kann aber geregelt sein, dass eine selbstständige Nebentätigkeit angezeigt werden muss - oder die Zustimmung des Arbeitgebers dafür notwendig ist.
Arbeitgeber können die Nebentätigkeit auch untersagen. Dabei sind nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) allerdings die Interessen beider Vertragsparteien in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Was nicht geht: Nebenberuflich für die Konkurrenz arbeiten oder die Pflichten als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer vernachlässigen.
Die Industrie- und Handelskammer zu Leipzig rät in einem Beitrag zur nebenberuflichen Selbstständigkeit: "Treffen Sie möglichst auch eine schriftliche Vereinbarung, durch die Ihre Nebentätigkeit auch offiziell freigegeben ist."
Was sollte man vor einer Entscheidung noch abwägen?
Keine Frage: Eine nebenberufliche Selbstständigkeit ist mit einigem Aufwand verbunden. Für den ein oder anderen kann das in Stress ausarten - und dazu führen, dass man sich womöglich weder der hauptberuflichen Tätigkeit mit voller Kraft widmen kann, noch der selbstständigen Arbeit. "Auch Terminprobleme mit potenziellen Kunden sind nicht ausgeschlossen, weil man ja nur teilzeit-selbstständig ist", sagt Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) mit Sitz in München.
Das Bundeswirtschaftsministeriums rät in seiner Broschüre "Starthilfe" daher auch, gezielt nach einer Geschäftsidee zu suchen, die sich tatsächlich für den nebenberuflichen Erwerb eignet, also stundenweise machbar ist. Bei einem Einzelhandelsgeschäft sei dies zum Beispiel nicht realistisch, heisst es dort.
Aus Sicht von Andreas Lutz hat eine nebenberufliche Selbstständigkeit aber mehr Vorteile als Nachteile. "Es ist in aller Regel ein Zuverdienst und in jedem Fall eine bereichernde Erfahrung." Mit einem gesicherten Arbeitseinkommen im Rücken lasse sich die eigene Geschäftsidee zudem in Ruhe testen. So könne man ausloten, ob sie so rentabel ist, dass man eines Tages das Angestelltendasein komplett aufgibt und nur noch selbstständig tätig ist.
Was sind die ersten Schritte?
Wichtig ist, die Krankenversicherung über die eigenen Pläne schriftlich zu informieren. Zwar fällt zumeist kein zusätzlicher Krankenkassenbeitrag an. "Ob das der Fall ist oder nicht, kann nur die jeweilige Kasse im Einzelfall entscheiden", sagt Andreas Lutz.
Ausserdem nicht vergessen: "Das Finanzamt frühzeitig informieren", rät Lutz. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen einer freiberuflichen und einer gewerbetreibenden Selbstständigkeit. Freiberuflerin oder Freiberufler ist, wer etwa als Ingenieurin, Künstler, Steuerberaterin, Therapeut, Rechtsanwältin oder Journalist tätig ist. Sie alle melden sich selbst beim Finanzamt mit einem ausgefüllten Formular an und erhalten eine zweite Steuernummer.
Gewerbetreibende sind solche, die selbstständig als Händlerin oder Vertreter arbeiten wollen oder handwerklichen Tätigkeiten nachgehen. Sie beantragen beim Gewerbeamt der jeweiligen Kommune einen Gewerbeschein. Das Finanzamt schickt dann automatisch Anmeldeformulare für die selbstständige Tätigkeit zu.
Übrigens: Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung müssen nur versicherungspflichtige Selbstständige zahlen. Dazu gehören Berufe wie Lehrer und Hebamme, Künstler und Publizist. Ausserdem: Arbeitnehmerähnlich Selbstständige, die mehr als 5/6 ihres Umsatzes in einem Kalenderjahr nur mit einem Kunden erzielen.
Wie sieht es mit Förderungen aus?
Förderprogramme kommen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums in der Regel nur in Frage, wenn die selbstständige Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt werden soll.
Eine Finanzierungsmöglichkeit für nebenberuflich Selbstständige ist demnach allerdings der ERP-Gründerkredit - StartGeld von der KfW. Voraussetzung für die Kreditgewährung ist, dass Beschäftigte die selbstständige Tätigkeit vorläufig im Nebenerwerb ausüben und geplant ist, diese zeitlich aufzuwerten.
Ist man als nebenberuflich Selbstständige oder Selbstständiger automatisch Kleinunternehmerin oder Kleinunternehmer?
Nein. Das ist nur der Fall, wenn der Verdienst aus der Selbstständigkeit weniger als 22.000 Euro beträgt.
Kleinunternehmer haben die Option, sich von der Umsatzsteuer befreien zu lassen. "Das sollte man aber genau prüfen, ob sich das rechnet", erklärt Andreas Lutz. Wer von der Umsatzsteuer befreit ist, muss zwar keine monatlichen Voranmeldungen über den Steuerberater oder direkt selbst ans Finanzamt tätigen. Dafür bekommen Sie dann allerdings auch keine Umsatzsteuern für betriebliche Ausgaben zurückerstattet. "Das lohnt sich nur, wenn man hauptsächlich Privatkunden oder selbst ebenfalls umsatzsteuerbefreite Unternehmen bedient", so Lutz.
Wie kommt man im Zweifel wieder raus?
Wer feststellt, dass eine berufliche Selbstständigkeit doch nicht das Richtige ist, kann in aller Regel das eigene Business problemlos wieder an den Nagel hängen - also Aufträge zu Ende führen, sich beim Finanz- oder Gewerbeamt abmelden, die Krankenkasse informieren.
Die Erfahrungen zeigten Lutz zufolge allerdings, dass das oft nicht nötig ist: "Nur wenige bereuen ihren Schritt in die Selbstständigkeit, die meisten sagen, dass das die richtige Entscheidung gewesen sei", berichtet der Vorstandsvorsitzende des VGSD aus seinen Gesprächen mit Gründerinnen und Gründern. © dpa
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