Nur die Leistung zählt? Wer so denkt, begeht im Job einen fatalen Irrtum. Denn im Beruf kommt es auch auf das "Wie" an.
Business-Etikette ist nicht nur etwas für die Wirtschaftselite, sondern auch für den normalen Sachbearbeiter. Die Etikette-Trainerin und Buchautorin Nandine Meyden weiss allerdings, das sich beim Thema "Benehmen" hartnäckig Irrtümer halten und hat darüber ein Buch geschrieben. Im Interview klärt sie uns über die häufigsten Fehler auf.
Was gehört zu den Klassikern unter den beruflichen Benimm-Irrtümern?
Nandine Meyden: "Ein Klassiker ist das Motto 'Ladies first', denn das gilt im Beruf nicht! Im beruflichen Kontext ist nämlich die Hierarchiestufe wichtiger als das Geschlecht.
Wer also auf dem Flur seinem Vorstandsvorsitzenden und dessen Sekretärin begegnet, sollte zuerst den Vorstand begrüssen und dann erst die Dame. Macht ein Mitarbeiter das falsch, könnte er sein Gegenüber verärgern."
Gibt es im Verhältnis zwischen Männern und Frauen im Job noch etwas zu beachten?
"Einige Frauen glauben immer noch, sie müssten bei einer Begrüssung - im Gegensatz zu den Männern - nicht aufstehen. Auch das ist ein Irrtum!
Wie gesagt: Im Beruf wird kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht. Deshalb sollten sich auch Frauen bei einer Begrüssung mit Handschlag von ihren Sitzen erheben!"
Wo wir gerade beim Thema Begrüssung sind: Fallen Ihnen dazu noch weitere Denkfehler ein?
"Viele glauben, dass es zum guten Ton gehört, wenn sich promovierte Akademiker mit ihrem Doktortitel vorstellen. Das ist meist nicht der Fall.
Deswegen sollten Sie damit rechnen, dass jemand einen Titel haben könnte, auch wenn er selbst ihn nicht erwähnt hat. Und noch ein Tipp: Bitte bezeichnen Sie sich selbst nicht als "Herr" oder "Frau", sondern nennen Sie Ihren Vor- und Nachnamen."
Einige Zeitgenossen meinen, dass es besonders höflich ist, früher zu kommen. Stimmt das?
"Auch das ist ein typischer Denkfehler. Es ist zwar sinnvoll, ein paar Minuten früher da zu sein. Aber es macht keinen guten Eindruck, wenn Sie bereits einen halbe Stunde vor dem vereinbarten Termin auftauchen.
Denn so wirken Sie nicht nur überängstlich, sie zeigen auch, dass Sie nicht planen können. Ausserdem bringen Sie eventuell Ihren Gastgeber in Verlegenheit. Falls Sie also deutlich zu früh sind, gehen Sie einfach noch kurz spazieren oder trinken Sie beim Bäcker um die Ecke einen Kaffee."
Was für Benimm-Irrtümer gibt es bei der Kleidung?
"Beim 'Casual Friday' glauben manche Arbeitnehmer, sie können dann wirklich das anziehen, was sie wollen, also auch Flip-Flops oder löchrige Jeans. Das geht natürlich nicht. Denn 'casual' heisst nur 'gelockerte Geschäftskleidung'. Was das aber im Einzelnen meint, hängt von der Branche und vom Einzelfall ab.
Es kann zum Beispiel bedeuten, dass die Beschäftigten männlichen Geschlechts auf die Krawatte verzichten können. Das ist aber nur dann der Fall, wenn es keinen Kundenkontakt gibt. Ansonsten ist auch am 'Casual Friday' normale Businesskleidung ein Muss."
Beim Stil gibt es bestimmt noch andere Denkfehler. Welcher fällt Ihnen spontan ein?
"Eine weit verbreitete Fehleinschätzung meint, es sei völlig egal, ob ich einen Füller oder einen Kugelschreiber benutze. Wer aber einer Person oder einem Ereignis besonderen Respekt erweisen will, der sollte einen Füller benutzen, zum Beispiel bei einer Vertragsunterzeichnung oder beim Unterschreiben der Bewerbungsunterlagen."
Noch eine Frage zum Thema Betriebsfeiern. Welcher Irrtum ist hier weit verbreitet?
"Eine landläufige Ansicht ist, dass Mitarbeiter nur zu Feiern und Veranstaltungen erscheinen müssten, die innerhalb ihrer Arbeitszeit liegen. Im rechtlichen Sinne haben sie zwar recht.
Aber wer zu solchen Gelegenheiten ausserhalb der Arbeitszeit nicht erscheint, begeht einen strategischen Fehler und ist obendrein noch unhöflich. Denn er signalisiert, dass er kein Interesse an seinen Arbeitskollegen und Vorgesetzten hat. Nutzen Sie also lieber die Betriebsfeier als Chance zum Netzwerken!
Literaturtipp:
Nandine Meyden: Lexikon der Benimmirrtümer: Populäre Fettnäpfchen und wie man sie umgeht, 335 Seiten, Berlin 2009, 8,95 Euro, ISBN: 978-3-548-37287-7
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