Machtspielchen im Büro: Da werden Informationen unter Kollegen nicht weitergegeben, Mitarbeiter erledigen Aufgaben nur nach Vorschrift und Teamsitzungen werden vom "Schwarzen Peter"-Spiel bestimmt. Was können Betroffene tun, wenn aus scheinbar harmlosen Rangeleien bitterer Ernst wird? Dr. Bernd M. Wittschier kennt als Coach und Buchautor Lösungen.
"Bei Machtspielen geht es nie um den Inhalt oder die Sache. Der Machtspieler benutzt die Sache, um eine Machtposition zu verteidigen, anzugreifen oder zu erringen", betont Wittschier. Deshalb haftet den meisten dieser Spielchen auch etwas Unglaubwürdiges an. Denn Wort und Tat, Denken und Handeln des Akteurs klaffen auseinander. Es wird eben gerade nicht offen, sondern indirekt und verdeckt kommuniziert.
Aber das eigentliche Problem sieht Wittschier nicht in der verdeckten Kommunikation, sondern in der Nichtbeachtung der Regeln des guten und fairen Miteinanders. "Und das setzt destruktive Kräfte frei, die zur Verschlechterung des Betriebsklimas führen."
Beispiel: Ein Abteilungsleiter ist sehr an den Menschen orientiert. Ihm zur Seite steht ein Stellvertreter, der die Position des Abteilungsleiters anstrebt. Da er schon jetzt alle Entscheidungen trifft, boykottiert er alles, was die anderen Mitarbeiter an Ideen und Verbesserungsvorschlägen einbringen. Schliesslich will er selbst Karriere machen und nicht anderen dabei helfen. Das frustriert natürlich die Mitarbeiter. Aber der Abteilungsleiter fühlt sich ausser Stande etwas gegen seinen Stellvertreter zu unternehmen.
"Diese Situation ist natürlich besonders verfahren, weil die Mitarbeiter in solchen Situations besonders machtlos sind", erklärt Wittschier. Deshalb bräuchte es in so einem Fall schon eine Intervention von aussen, zum Beispiel durch den Betriebsrat, der Personalabteilung oder einen Mediator. "Die Aufgabe des Abteilungsleiters wäre es gewesen, seinem Stellvertreter rechtzeitig Grenzen zu setzen", betont Wittschier. "Idealerweiser sollte ein Chef einen Mitarbeiter vor einer Beförderung zum Stellvertreter abchecken, ob dieser charakterlich dazu in der Lage ist."
Damit Machtspiele erst gar nicht ihre ganze zerstörerische Kraft entfalten können, sollten Betroffene frühzeitig die Symptome erkennen. Klare Indizien sind: Mitarbeiter tuscheln immer wieder hinter vorgehaltener Hand, Sticheleien und kleine verbale Angriffe sind an der Tagesordnung oder Teamsitzungen finden grundsätzlich in einer feindseligen Atmosphäre statt.
In einem zweiten Schritt sollten Betroffene die Hintergründe des Machtspiels analysieren. "Wenn Sie sich klar geworden sind, dass Sie es in Ihrem Berufsalltag mit einem Machtspiel zu tun haben, sollten Sie dessen Bauplan entschlüsseln", betont der Coach und Wirtschaftsmediator. Mit ein paar Fragen lässt sich das Schema analysieren:
- Wer ist beteiligt?
- Wie ist das Machtspiel entstanden?
- Auf welchem Niveau läuft das Machtspiel ab?
- Wie viel negative Energie wird produziert?
- Droht eine Eskalation?
Sind diese Fragen beantwortet, hat sich der Betroffe damit einen Überblick über die Situation verschafft. "Auf diese Analyse sollten Sie Ihre Reaktion aufbauen."
Droht eine Eskalation zwischen verschiedenen Mitarbeitern, muss der Chef sofort handeln und das Machtspiel beenden. "Ist dabei ein schwächerer und ein stärkerer Mitarbeiter beteiligt, muss der Chef Chancengleichheit herstellen."
Dem Opfer eines Machtspieles rät Wittschier: "Befreien Sie sich aus der Dulderrolle. Fragen sie sich, wie gross Ihr Interesse am Gegenspieler und an der Sache ist und entscheiden Sie sich - je nach Antwort - für Kooperation, Besiegen, Nachgeben oder Ausweichen." Hat der Betroffene zum Beispiel Interesse an dem Machtspieler und der Sache, sollte er versuchen, zu kooperieren. Hat er dagegen wenig Interesse an der Beziehung zu dem Machtspieler und grosses Interessse an der Sache, kann er Härte zeigen und versuchen, den anderen zu besiegen.
Dem Machtspieler empfiehlt der Coach, nicht in ein unfaires Verhalten abzugleiten, sondern mit fairen Mitteln zu arbeiten. Am Besten sei dabei eine Selbstverpflichtung, die zum Beispiel beinhaltet, dass die Persönlichkeitsrechte anderer nicht verletzt werden.
Lektüretipp:
Bernd M. Wittschier: 30 Minuten Machtspielchen im Büro, Gabal, Offenbach 2011, 80 Seiten, 6,90 Euro, ISBN: 978-3-86936-195-6
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