Schulabgänger stehen schon zu normalen Zeiten vor der schwierigen Entscheidung, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen. In der Coronavirus-Krise ist die Unsicherheit nochmal grösser geworden.
Eine bevorstehende Rezession, geschlossene Universitäten, Kurzarbeit: Arbeitnehmer und Studierende sind derzeit weltweit verunsichert. Wie sollen Schulabgänger in der Coronavirus-Krise Zukunftsentscheidungen treffen?
Wenig Überblick in der Corona-Krise
In der aktuellen Situation herrschen vor allem Ziellosigkeit und wenig Überblick, bestätigt Berufsberater Johannes Wilbert. "Diese Unsicherheit wird nur noch verstärkt durch Fragen wie: Mache ich überhaupt Abi? Und wann? Da wird den jungen Erwachsenen die Perspektive genommen", sagt der Leiter des Instituts zur Berufswahl in Wetter an der Ruhr.
Schüler sollten sich seiner Empfehlung nach aber dennoch mit der Frage "Wie geht es jetzt weiter?" beschäftigen. Dazu müssen sie herausfinden, was sie eigentlich gut können, was sie beruflich erreichen wollen und wo ihre Bedürfnisse und Interessen liegen. Diesen Prozess der Orientierung vergleicht Wilbert mit dem Einsatz eines Navi-Geräts. "Wenn ich meinen Standort nicht kenne, kann ich auch keine Route einschlagen", sagt Wilbert.
Wo lassen sich die Interessen beruflich einsetzen?
Wer sich über seine Interessen klar geworden ist, sollte im nächsten Schritt überlegen, wo sich diese Interessen beruflich einsetzen lassen. Der Berufsberater empfiehlt Karrierenetzwerke wie LinkedIn oder Xing zu nutzen, um sich dort nach Menschen umzusehen, die in einem bestimmten Interessensbereich tätig sind.
"Dann kann ich anfragen, ob die Menschen für ein Interview bereit wären", rät Wilbert. Wo Praktika aktuell nicht möglich sind, hat diese Strategie sogar einige Vorteile gegenüber den Schnuppertagen im Betrieb. "Wenn ich als Praktikant den Vorgesetzten frage, ist der womöglich nicht ganz ehrlich, zum Beispiel wenn es um die Schattenseiten eines Berufs geht."
Ein Karrierenetzwerk aber könne eine neutrale Plattform sein, um Fragen zu stellen, die man sonst vielleicht nicht stellen würde. "Das trägt zur Entscheidungsbildung bei", sagt Wilbert.
"Die Krise wird auch ein Ende haben"
Von der wirtschaftlichen Unsicherheit sollten sich künftige Schulabsolventen nicht verrückt machen lassen, so der Berater. "Die Krise wird auch ein Ende haben." Wer gut aufgestellt und motiviert ist, müsse sich keine Sorgen machen. "Es wird dann in jeder Branche wieder Bedarf an interessierten Leuten geben."
In der Coronavirus-Krise brauche es vor allem Geduld. Und die sollte man darauf richten, herauszufinden, was man wirklich möchte. Wer sich nur darauf konzentriert, wo jetzt oder in ein paar Wochen und Monaten in der Krise noch Arbeit gebraucht wird, der gebe sich zu sehr seiner Angst hin - und verzerrt womöglich auch die Entscheidung zur Berufswahl. "Und die Angst raubt letztendlich die Kraft."
Coronavirus-Krise als Chance sehen
Wilbert sieht die Phase, in der alle gezwungen sind, ausserhalb der gewohnten Strukturen zu leben, vielmehr als Chance. Anstelle eines Tags der offenen Tür an der Hochschule, der zurzeit nicht möglich ist, könne man die Informationen nutzen, die das Internet bietet.
Auch hier bietet sich wieder die Möglichkeit, Studierende oder Absolventen der Hochschule über Karrierenetzwerke zu kontaktieren und sich von ihnen direkt schildern zu lassen, wie der Studienalltag aussieht, was an dem Angebot gut und was schlecht und welche Erfahrungen sie an der Hochschule gemacht haben. "Das ist besser als jede Marketingveranstaltung", so Wilbert. (dpa/tmn/wag)
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