Rostock - Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern und die Bundesagentur für Arbeit haben an junge Menschen appelliert, sich trotz des bereits angelaufenen Ausbildungsjahres noch für den Beginn einer dualen Berufsausbildung zu entscheiden. Bis Ende September hätten 1542 offene Stellen nicht besetzt werden können.
"Noch nie seit der Wiedervereinigung waren in Mecklenburg-Vorpommern die Chancen auf eine Ausbildungsstelle so gut", sagte der Chef der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit, Markus Biercher. Gemeinsam mit Arbeitsminister Reinhard Meyer (SPD) präsentierte er in Rostock die Ausbildungsbilanz.
In Mecklenburg-Vorpommern meldeten sich danach im Berichtszeitraum Oktober 2021 bis Ende September 2022 6138 Jugendliche in den regionalen Arbeitsagenturen als Bewerber. Von ihnen seien Ende September noch 365 aus unterschiedlichen Gründen ohne Ausbildungsvertrag gewesen. Im gleichen Zeitraum wurden 11.159 Ausbildungsplätze gemeldet. Zum Vergleich: 2001/2002 kamen auf 18.100 Ausbildungsplätze 26.400 Bewerber.
Urlaub, Bezahlung und Karrieremöglichkeiten
In vielen Berufen beginnt die Ausbildung am 1. August oder 1. September. Allerdings könnten auch im November und Dezember noch Verträge abgeschlossen werden, betonte Biercher. Nach den Erfahrungen von Berufsberatern der Agentur für Arbeit in Rostock schauten sich die Bewerberinnen und Bewerber ganz genau an, was der Arbeitgeber zu bieten habe. Wichtig seien dabei unter anderem die Arbeitsplatzsicherheit, aber auch Arbeitszeitmodelle, Urlaub, Bezahlung und Karrieremöglichkeiten.
"Viele wissen auch um ihren Marktwert", sagte Jens Hogh, der auch ein Beispiel nannte. So sei es früher nach Bewerbungsgespräche üblich gewesen, dass der Arbeitgeber dem Kandidaten erklärt habe, dass man sich bei ihm oder ihr melde. "Heute sagte der Azubi: Ich melde mich bei Ihnen." Hogh betonte ausdrücklich die Wichtigkeit von Praktika, um einen Eindruck vom Arbeitsleben und vom möglichen Zukunftsberuf zu bekommen.
Demografischer Wandel und Trend zur weitergehenden Bildung
Der Grund für den Rückgang der Bewerberzahlen liege vor allem am demografischen Wandel, der jetzt voll durchschlage, sagte Biercher. Es gebe zudem den Trend zur weitergehenden Bildung. Allerdings würden etwa 20 Prozent der Abiturienten sich für eine Duale Ausbildung, also die Kombination aus Praxisausbildung und Berufsschule entscheiden. Meyer riet dazu, die Berufsberatung zu nutzen: "Jede und Jeder kann etwas finden."
Auf der Liste der "Top 10" der freien Ausbildungsplätze stehen in Mecklenburg-Vorpommern unter anderem die Berufe der Verkäufer/ Verkäuferinnen mit 107 unbesetzten Stellen. Es folgen: Koch/Köchin (106), Hotelfachmann/-frau (86), Restaurantfachmann/-frau (82) und Einzelhandelskaufmann/-frau (67).
Auch in Schleswig-Holstein mehr offene Lehrstellen als Bewerber
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz haben auch in Schleswig-Holstein noch gute Chancen auf eine Lehrstelle. Nach jüngsten Angaben der Agentur für Arbeit waren Ende September von 13.662 Bewerbern noch 1407 unversorgt und von 19.568 gemeldeten Ausbildungsplätzen 2902 unbesetzt.
"Die vorliegenden Zahlen dokumentieren die hohe Ausbildungsbereitschaft der Betriebe", kommentierte Biercher.
Das Plus bei den Ausbildungsstellen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum zeige, dass für die Betriebe die Nachwuchssicherung von zentraler Bedeutung sei. Gleichzeitig sei jedoch die Bewerberzahl abermals zurückgegangen.
Nachvermittlungsaktionen laufen
Biercher rief die Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz auf, schnellstmöglich einen Termin mit der Berufsberatung zu vereinbaren. "Die momentan laufenden Nachvermittlungsaktionen von Arbeitsagenturen und Kammern zeigen, dass es beste Chancen gibt, bis zum Jahresende einen Ausbildungsplatz zu finden." Die Arbeitgeber sollten auch Bewerbern eine Chance geben, die auf den ersten Blick schwächer erscheinen. "Speziell ihre Bewerbungen sollten nicht nach Aktenlage aussortiert werden."
Die Top Ten der unbesetzten Lehrstellen in Schleswig-Holstein: Einzelhandelskaufleute, Anlagenmechaniker in Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Zahnmedizinische Fachangestellte, Elektroniker in Energie- und Gebäudetechnik, Köche, Elektroniker für Geräte, Verkäufer, Bürokaufleute, Hotelfachleute, Fachkräfte für Lagerlogistik. © dpa
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