Körper mit Muskel und Sehnen ... aber ohne Haut und Leben. Gunther von Hagens Ausstellung „Körperwelten“ hat den Beruf des Plastinators ins Zentrum der Diskussion gerückt. Wie der Pathologe und Gerichtsmediziner beschäftigt sich dieser Berufsstand mit Leichen.
In der Gubener Plastinate GmbH präparieren Plastinatoren Leichname so, dass aus ihnen Ausstellungsstücke für die „Körperwelten“ werden.
Der Anatom und Mediziner Dr. Gunther von Hagens betont, dass die Arbeit eines Plastinators weit weniger eklig sei als die eines Pathologen oder Rechtsmediziners: „Wenn wir Leichen plastinieren fehlt der Leichengeruch und damit der Ekel. Nur während der ersten Phase der Arbeit - der Einbalsamierung, die etwa vier bis sechs Stunden dauert -, wird der Plastinator sich überhaupt klar, dass es sich um einen Leichnam handelt.“
Bei den späteren Arbeitsschritten sei das anders. Denn mit jedem Arbeitsschritt des 1500 Arbeitsstunden dauernden Vorganges verliere – so von Hagens - der Tote seine Individualität. „Er wird vom Subjekt zum Objekt.“
In der ersten Phase der Plastination wird der Verwesungsprozess gestoppt, indem über die Arterien Formalin in den Körper gepumpt wird. Die zweite Phase ist die eigentliche Präparation: Mit Pinzette, Skalpell und Schere entfernen die Plastinatoren Haut, Fett- und Bindegewebe und legen so die einzelnen anatomischen Strukturen frei. Dabei dienen dem Plastinator oftmals Zeichnungen als Vorlage.
Die weiteren Arbeitsgänge sind Austauschprozesse: Im ersten wird das Körperwasser durch ein Lösungsmittel wie etwa Azeton ersetzt. Das geschieht in einem eiskalten Azetonbad. Anschliessend wird dieses Bad auf Raumtemperatur erwärmt, um aus dem Gewebe nun auch lösliche Fette zu entfernen.
In einem zweiten Austauschprozess wird das Azeton gegen Kunststoff ersetzt ... und zwar in einer mit flüssigem Kunststoff gefüllten Vakuumkammer. Während das Azeton aus dem Körper austritt und abgesogen wird, dringt Kunststoff in den Körper ein.
Der letzte Arbeitsschritt ist die Positionierung. Der nun kunststoffdurchtränkte Körper, der zunächst noch flexibel und gestaltbar ist, wird von den Präparatoren in die gewünschte Position gebracht ... ob er nun Sport treibt oder Gitarre spielt. Das alles geschieht mit Hilfe von Drähten, Nadeln, Klammern und Schaumstoffblöcken.
„Die Arbeit als Plastinator erfordert grossen anatomische Sachverstand, handwerkliches Können, aber auch gestalterisches Geschick und Sinn für Ästhetik. Menschen, die sich bei uns für diesen Beruf bewerben, müssen darüber hinaus ein dreidimensionales Vorstellungsvermögen mitbringen“, betont von Hagens.
Deshalb stellt er für diese Aufgaben gerne Physiotherapeuten ein. Aber auch Krankenschwestern, Zahntechniker und Büroangestellte sind schon bei der Gubener Plastinate GmbH eingestellt worden. „Wir prüfen sehr genau, wer zu uns passt. Ein Drittel der Bewerber können nicht, ein Drittel wollen nicht und ein Drittel wird Plastinator.“
Wenn Mitarbeiter diese Arbeit wieder aufgeben, tun sie das in den ersten Wochen der Einarbeitung. „Für meine Mitarbeiter und mich hat der Umgang mit den toten Körpern gar nichts Gruseliges oder Ekliges. Der Ekel hat seine Ursache in den Köpfen der Menschen.“
Der Anatom sieht sich aber nicht als jemand, der gefühlskalt an Verstorbene Hand anlegt: „Ich nähere mich jeder Leiche mit Mitgefühl und Trauer. Meine Achtung vor dem Toten ist sehr stark. Erst im Laufe der Plastination verändert sich dieses Gefühl nach und nach. Der Body – wie wir das menschliche Präparat nennen - bekommt dabei sozusagen eine neue Identität.“ Und deshalb könne er sich ihm auch unbefangener nähern.
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