Koblenz/Landau - Eine Hochschule, zwei Standorte und rund 180 Kilometer dazwischen? Dieses bundesweit einmalige Doppelmodell der Universität Koblenz-Landau ist jetzt Geschichte. Am 1. Januar 2023 ist die Uni Koblenz selbstständig geworden. Der Standort Landau hat sich hingegen mit der Technischen Universität Kaiserslautern verbunden. Was sind die Vorteile der "Scheidung" und neuen "Heirat"?

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Der Koblenzer Uni-Sprecher Philipp Stieffenhofer blickt zunächst in die Vergangenheit. Der Gründung der Universität Koblenz-Landau 1990 sei das Zusammenspannen verstreuter Institutionen der Lehrerbildung im Norden und Süden von Rheinland-Pfalz vorausgegangen.

Die Zusammenarbeit von Hochschulen und der Aufbau zusätzlicher Campus sei nicht ungewöhnlich in Deutschland, aber meist "mit sich ergänzenden Profilen". Bei der Uni Koblenz-Landau jedoch hätten sich einmalig "zwei Standorte mit ähnlicher Grösse und vergleichbarer Fachbreite" zusammengetan. Nun also die Trennung: Die Landesregierung will mit der lange umstrittenen Hochschulreform die Universitäten stärken.

Koblenz und Landau gehen wieder getrennte Wege

Im Norden des Landes in Koblenz haben sich die Mitarbeiter der Universität am 2. Januar zu einer Auftaktfeier getroffen und eine Tafel mit einem neuen Logo zum Start ihrer Selbstständigkeit signiert. Dieser soll sich im Leitsatz "weiter:denken" spiegeln. Unipräsident Stefan Wehner spricht von einer neuen Ära: "Die Begeisterung lässt sich bei allen Mitarbeitenden deutlich spüren."

Im Süden betont die neu gebildete Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern Landau (RPTU), sie habe sich schon seit zwei Jahren auf diesen Start vorbereitet. "Die Motivation und den notwendigen Tatendrang spüren wir an unseren beiden Standorten und vor allem auch die Freude darüber, dass es gelungen ist, das erste Kapitel der Geschichte der RPTU gemeinsam anzugehen", erklären Arnd Poetzsch-Heffter und Gabriele E. Schaumann, die als erster Präsident und erste Präsidentin die neu formierte Universität lenken.

Der Koblenzer Informatikstudent Erik Schäfer (20) sagt zur neuen Selbstständigkeit seiner Hochschule: "Wir wurden schon bei der Erstsemesterbegrüssung 2022 darauf hingewiesen, dass sich für uns nichts ändern wird." Nach Silvester habe er vorerst "auch nichts bemerkt, ausser, dass sich das Logo der Uni geändert hat".

Neue Studiengänge, neues Institut und mehr Professoren

Die Vorteile für Studentinnen und Studenten sollen bei der Universität Koblenz beispielsweise Zusatzangebote sein. Neuer Studiengang für Gewässerkunde und Wasserwirtschaft, neues Institut für Pflegewissenschaft und künftiges Lehramt für Förderschulen heissen hier die Stichwörter. Zudem soll sich die Zahl der Professoren an der Universität Koblenz bis 2025 um 20 auf etwa 100 erhöhen. Auch die Zahl der rund 9400 Studierenden werde künftig wohl leicht wachsen.

Die neue RPTU in Kaiserslautern und Landau verweist auf ihr breites Spektrum von ingenieur-, natur-, geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Kompetenzen. Daraus resultiere eine der ersten standortübergreifenden Aktivitäten, das Forschungsprogramm des Kooperationsfonds, den die Carl-Zeiss-Stiftung zur Verfügung stelle. "Derartige Initiativen eröffnen neue Perspektiven", meint Unipräsident Poetzsch-Heffter, "auch für Studierende, etwa die Möglichkeit, früh in spannenden Projekten mitzuarbeiten, Ideen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen".

Poetzsch-Heffter spricht von einer Erweiterung des standortübergreifenden digitalen Lehrangebots. Erwartet werde, dass die Studierendenzahl von mehr als 20.000 an der RPTU in nächster Zeit stabil bleibe. Sie ist die einzige Technische Universität des Landes und hat rund 300 Professoren.

Auch mit Verwaltungszentrum in Mainz ist es nun vorbei

Die frühere Universität Koblenz-Landau hatte eine weitere Besonderheit: ihr Verwaltungszentrum an einem dritten Ort dazwischen, in der Landeshauptstadt Mainz. Auch damit ist es vorbei. Der Koblenzer Unipräsident Wehner sagt, dies verkürze Wege und verringere den Abstimmungsbedarf, da die Entwicklung seiner Hochschule "nun direkt vor Ort gestaltet werden kann".

Viel ist bei der vor vier Jahren vom rheinland-pfälzischen Ministerrat beschlossenen Hochschulreform auch über Geld diskutiert worden. Kürzlich erklärte Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD): "Im Zuge des Haushaltsplans für 2023 und 2024 haben wir für die beiden Universitäten ein riesiges Paket schnüren können. 99 zusätzliche Stellen und mehr als 15 Millionen Euro erhalten die beiden Universitäten für ihre Entwicklung und Sicherstellung des Hochschulbetriebs."

Der Koblenzer Unipräsident Wehner erklärt, die Finanzsorgen der vergangenen Jahre seien ausgeräumt. Nicht allerdings die Raumnot. Mittelfristig hoffe er auf Neubauten auf dem Campus.

Die hiesigen Hochschulen müssen sich anstrengen, sie stehen im bundesweiten Wettbewerb. Bereits seit 2014/15 zieht es dem Statistischen Landesamt in Bad Ems zufolge immer mehr Studentinnen und Studenten aus Rheinland-Pfalz in andere Bundesländer, während zugleich von dort immer weniger an die Hochschulen an Rhein und Mosel kommen. Als Erklärung hat die Behörde kürzlich unter anderem auf "die hohe Attraktivität einzelner Hochschulen in benachbarten Bundesländern, beispielsweise die Exzellenz-Universitäten in Aachen, Bonn, Karlsruhe, Köln (bis 2019) und Heidelberg" verwiesen.

Master-Fernstudiengang über Sport- und Gesundheitssektor

Mit der Digitalisierung stehen auch der Sport- und Gesundheitssektor vor einem Wandel - Experten zufolge fehlen vor allem Fachkräfte, die sich mit Technik auskennen. Diesem Bedarf trägt die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) mit dem berufsbegleitenden Master-Fernstudiengang "Sport, Gesundheit, Technologie und Digitalisierung" Rechnung, der im Wintersemester 2024/25 starten soll. Konzept und Aufbau werden mit 268.000 Euro im Rahmen des Europäischen Sozialfonds und mit einer Co-Finanzierung des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministeriums gefördert.

So könne etwa Künstliche Intelligenz (KI) helfen, die Wirbelsäule bei Rückenleiden individuell zu analysieren, heisst es. "Mit verschiedenen Partnern arbeiten wir derzeit an einem KI-Verfahren, mit dem sich Fehlstellungen und -belastungen des Rückens effizienter beobachten lassen", erklärte Michael Fröhlich, der die Arbeitsgruppe Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der RPTU leitet. Der Master-Fernstudiengang ist für jährlich etwa 30 Studierende eingerichtet.  © dpa

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