Am Ende des Jahres wartet auf viele eine schöne Bescherung: Das Weihnachtsgeld. Laut einer aktuellen Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung erhalten 55 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld. Doch was können Arbeitnehmer tun, wenn sie dieses Jahr leer auszugehen drohen?
"In jedem Fall sollten Sie von der Gewerkschaft oder von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen, ob dies wirklich rechtmässig ist", empfiehlt Nina Wesemann aus Berlin, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Anwaltskanzlei Hensche. Grundsätzlich regelt entweder der Arbeits- oder der Tarifvertrag oder auch eine Betriebsvereinbarung die näheren Modalitäten dieser Sonderzahlung. Manche Arbeitgeber zahlen diese Gratifikation aber auch ohne schriftliche Fixierung. Ist das so mindestens drei Jahre hintereinander passiert, spricht das Arbeitsrecht von einer "betrieblichen Übung". In diesem Fall hat der Arbeitnehmer dann genauso einen Anspruch auf das Geld wie bei einer vertraglichen Vereinbarung.
Kein Weihnachtsgeld mehr? Nur in Ausnahmefällen rechtens
Nur unter ganz bestimmten Umständen kann ein regelmässig gezahltes Weihnachtsgeld plötzlich vom Arbeitgeber einbehalten werden, zum Beispiel wenn das ein sogenannter Sanierungstarifvertrag vorsieht. "Auch wenn in Arbeitsverträgen ein Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt steht, kann es rechtens sein, dass der Arbeitnehmer auf einmal keine Weihnachtsgratifikation erhält", erklärt Wesemann. Allerdings müssen diese Klauseln klar und verständlich sein, damit sie wirksam sind. Ihr Tipp: "Lassen Sie solche Klauseln von einem Rechtsanwalt prüfen. Denn es kann durchaus vorkommen, dass Ihnen trotz solcher Klauseln Weihnachtsgeld zusteht."
Auch wenn das Weihnachtgeld als "betriebliche Übung" gezahlt wird, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen davon abweichen, zum Beispiel wenn die Mitarbeiter dem zustimmen oder der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht, berichtet Wesemann. Eine Änderungskündigung ist eine ganz normale Kündigung ... mit dem einzigen Unterschied, dass dem Arbeitnehmer ein neuer Arbeitsvertrag unter anderen Bedingungen angeboten wird. "So eine Änderungskündigung sollten Sie immer rechtlich prüfen lassen", empfiehlt Wesemann, "da sonst die Gefahr besteht, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Kündigung beendet wird."
Anspruch schriftlich formulieren
Meist wird das Weihnachtsgeld Ende des Monats mit dem Novembergehalt ausgezahlt. Wer dann erkennen muss, dass er leer ausgegangen ist, sollte nicht lange zögern: "In vielen Arbeits- und Tarifverträgen und gelegentlich auch in Betriebsvereinbarungen gibt es sogenannte Ausschluss- und Verfallsfristen. Innerhalb dieser Fristen müssen Sie Ihre Ansprüche geltend machen, sonst verfallen sie", betont Wesemann. Übrigens reicht es nicht, seinen Chef mündlich um die Auszahlung des Weihnachtsgeldes zu bitten. Der Anspruch muss schriftlich formuliert und gegebenenfalls sogar eingeklagt werden. Finden sich weder im Tarifvertrag noch im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung Fristen, verjähren alle Ansprüche spätestens nach drei Jahren.
"Besonders sinnvoll ist es, wenn viele Mitarbeiter ihre Ansprüche auf Weihnachtsgeld gleichzeitig geltend machen", empfiehlt Wesemann. So verringert sich auch das Risiko, dass ein einzelner Beschäftigter den Unmut seines Arbeitgebers auf sich zieht. "Grundsätzlich darf natürlich kein Arbeitgeber jemanden abmahnen oder kündigen, weil dieser auf seinen Weihnachtsgeld-Anspruch besteht." Allerdings kennt Wesemann Fälle, bei denen Arbeitnehmer subjektiv das Gefühl hatten, nach Inanspruchnahme ihrer Rechte vom Arbeitgeber abgemahnt oder gekündigt worden zu sein. Beweisen lässt sich ein Zusammenhang mit der Weihnachtsgeld-Forderung aber in der Regel nicht. Wesemann: "Wenn Sie einen Anspruch auf Weihnachtsgeld haben, sollten Sie diesen auch durchsetzen und nicht darauf verzichten!"
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