"Hauptsache gesund!". So lautet der Wunsch aller Eltern, wenn es um ihr Baby geht. Dennoch hält sich die Ansicht hartnäckig, man könne das Geschlecht des künftigen Kindes vor, während oder sogar nach der Zeugung beeinflussen. Aber stimmt das? Der Präsident des Bundesverbandes der Frauenärzte (BVF), Christian Albring, weiss die Antworten.
Kann das Geschlecht beeinflusst werden?
Klar ist, dass es überhaupt nur zum Zeitpunkt der Zeugung beeinflusst werden kann (und nicht etwa noch in der Schwangerschaft).
Dabei stehen die Chancen auf einen Jungen oder ein Mädchen grundsätzlich 50 zu 50. "Bei der Ejakulation werden zwischen 40 und 600 Millionen Spermien in die Vagina befördert", so Christian Albring im Gespräch mit unserer Redaktion. Etwa die Hälfte trage das Doppel-X-Chromosom, sodass aus einer Befruchtung ein Mädchen hervorgehen würde, die andere Hälfte habe das nötige Y-Chromosom, um einen Jungen zu gebären.
Je nachdem, ob sie nun ein X- oder ein Y-Chromosom transportieren, haben die Spermien unterschiedliche Eigenschaften.
Das durchschnittliche Tempo, mit dem sich Spermien fortbewegen, betrage etwa ein Millimeter pro Minute oder 25 Mikrometer pro Sekunde, erklärte Albring. Die Spermien, mit X-Chromosom seien etwa zehn bis 15 Prozent langsamer, aber auch widerstandsfähiger als die Spermien mit Y-Chromosom.
"Hat der Sex ganz kurz nach dem Eisprung stattgefunden, dann ist die Wahrscheinlichkeit etwas höher, dass mehr von den etwas schnelleren Y-haltigen Spermien bei der Eizelle ankommen als von den X-haltigen", so der Frauenarzt weiter.
Wenn zwischen dem Sex und dem Eisprung dagegen mehrere Tage vergingen, seien schon mehr Y-Spermien zugrunde gegangen als X-Spermien, sodass die Wahrscheinlichkeit für ein Mädchen höher wird.
"Einige Studien legen nahe, dass diese Unterschiede zu etwa 25 Prozent zu der Frage beitragen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird", sagte Albring.
Kann Ernährung Geschlecht beeinflussen?
Es gibt eine Studie aus Grossbritannien, die ergab, dass Frauen, die sich energiereich ernährten, häufiger Jungen gebaren - und Frauen, die sich nicht so energiereich ernährten, häufiger Mädchen.
Erklärt wurde das von den Wissenschaftlern so, dass Mädchen entwicklungsgeschichtlich auch in schlechten Zeiten (etwa während einer Hungersnot) einfacher einen Sexualpartner finden könnten als (dann womöglich unterernährte) Jungen. Auf diese Weise würde die Natur das Fortbestehen der Spezies sichern.
Daraus einen Diätplan abzuleiten, dürfte aber schwierig sein, zumal Mangelernährung grundsätzlich eher schlecht für den Nachwuchs ist.
Christian Albring ist jedenfalls der Überzeugung, dass über die Ernährung des Paares die Wahrscheinlichkeit nicht beeinflusst werden kann, einen Jungen oder ein Mädchen zu bekommen.
Kann Stellung beim Sex Geschlecht beeinflussen?
Gleiches gilt für die Stellung beim Sex. Auch sie hat laut Albring keinen Einfluss darauf, ob zuerst ein X- oder ein Y-Spermium die Eizelle erreicht. Insgesamt bleibt Paaren also wenig mehr, als auf den Zufall zu hoffen.
Denn selbst die Eisprung-Methode hält Christian Albring für wenig zuverlässig: "Da sich der Eisprung nur durch Ultraschall-Untersuchungen und in geringerem Masse durch eine Beobachtung des Zervixschleims durch den Frauenarzt oder die Frauenärztin um mehrere Tage im Voraus vorhersagen lässt - Temperatur- und LH-Messung sind dazu nicht geeignet -, ist dieses Wissen nur bedingt alltagsgeeignet."
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