• Im Jahr 2020 sind mehr als 5.000 Kinder vor der Geburt oder innerhalb des ersten Lebensjahres verstorben.
  • Der Verlust eines Kindes bedeutet grosse Trauer für eine Familie.
  • Diese Trauer auch zuzulassen, spielt aber eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung.

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Fussball-Star Cristiano Ronaldo und seine Partnerin Georgina Rodriguez haben vor Kurzem ihren neugeborenen Sohn verloren. Ein Schicksalsschlag, der auch zahlreichen anderen Paaren widerfährt - über den jedoch oft nicht gesprochen wird. Das sei jedoch wichtig, um den Tod des Kindes zu verarbeiten, sagt Hebamme Martina Eibl im Gespräch mit unserer Redaktion.

Früher wurde Trauer beim Kindstod vermieden

Laut Pro Familia gehen 20 bis 30 Prozent der Schwangerschaften verfrüht zu Ende. In der Vergangenheit wurde mit dem Tod eines Kindes jedoch ganz anders umgegangen als heute. Man war sich einig darüber, dass Müttern jeglicher Kontakt oder jede Wahrnehmung ihres verstorbenen Kindes erspart bleiben sollte.

Es wurde angenommen, dass die Frauen es nicht verkraften, ihr totgeborenes oder kurz nach der Geburt verstorbenes Kind zu sehen oder sogar zu berühren. So sollte das traumatische Erlebnis verdrängt und ein emotionaler Beziehungsaufbau verhindert werden. Es war ebenfalls nicht üblich, dass sich Mütter von ihrem verstorbenen Baby verabschieden. Auch Erinnerungen wurden nicht aufbewahrt. Stattdessen sollten Eltern möglichst schnell alles vergessen.

Erst Ende der 1980er-Jahre ändert sich diese Sichtweise. Man kam zu der Erkenntnis, dass das Erleben von Trauer eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung eines schweren emotionalen Verlustes spielt. Doch was macht es eigentlich mit Eltern und Angehörigen, wenn ein Kind stirbt, und wie sollten sie am besten mit dem Verlust umgehen?

Frauen machen sich oft Vorwürfe

Die Hebamme Martina Eibl erlebt das so: "Für die Eltern ist so ein Verlust unbegreiflich. Auch im Umfeld der Betroffenen herrscht oft Sprachlosigkeit." Das grösste Problem sei, dass Grosseltern oder andere Verwandte mit dem ungeborenen oder nach der Geburt verstorbenen Kind keine gemeinsame Vergangenheit haben. Lediglich die Eltern hätten eine wirkliche Verbindung zu dem Baby gehabt. "Das ist eine ganz grosse Schwierigkeit", so Eibl.

Für Eltern, insbesondere die Mütter, spiele auch die Schuldfrage eine grosse Rolle. Sie fragen sich, wie das passieren konnte, oder ob sie daran etwas ändern hätten können. Das sei laut Eibl dann besonders schlimm für die Mütter, wenn das Baby kurz oder während der Geburt verstirbt. "Dann machen sich die Frauen ganz viele Gedanken: 'Wie konnte das passieren? Wo habe ich vielleicht nicht richtig hingespürt?'"

"Viele Frauen, die eine Fehlgeburt hatten, begleitet dieser Verlust ihr Leben lang", erläuterte auch Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, in einem früheren Gespräch mit unserer Redaktion. "Passiert das mehrmals, berührt es immer stärker das Selbstbewusstsein, weil bei jeder erneuten Schwangerschaft die Befürchtung mitschwingt, gar kein Kind mehr bekommen zu können."

Bei den Vätern hingegen herrsche oft eine grosse Hilflosigkeit. Sie würden sich oft auf die Frau konzentrieren und ihre eigene Trauer vernachlässigen. "Männer verspüren oft eine grosse Ohnmacht und nehmen ihre eigenen Bedürfnisse nicht so richtig wahr", so Eibl. "Aber wie die Mütter beschäftigt auch die Väter häufig die Frage nach dem Warum." Für die Partnerschaft könne der Tod des Kindes auch eine grosse Belastung sein, insbesondere wenn beide unterschiedlich mit der Verarbeitung ihrer Trauer umgehen.

Erinnerungen aufbewahren kann helfen

Ganz wichtig ist es laut Eibl, sich bei einem solchen Verlust Unterstützung zu suchen. Hilfreich kann für Eltern beispielsweise ein Austausch mit anderen Betroffenen sein, etwa in Selbsthilfegruppen oder speziellen Angeboten wie der "Sternenkindersprechstunde" der Münchner Therapeutin Daniela Nuber-Fischer. Sie sucht mit den Paaren nach Wegen, ihren Weg zu erleichtern. "Anders als vor 20 Jahren sind solche Angebote nicht mehr nur Einzelfälle. Auch deshalb, weil immer mehr Eltern und Mütter sich trauen, Hilfe zu suchen", erklärte sie in einem früheren Gespräch mit unserer Redaktion.

Wichtig ist es auch, Erinnerungen an das Baby zu haben, damit man dessen Tod besser verarbeiten kann. "Bilder, eine Locke, Fuss- oder Fingerabdrücke zu verwahren ist notwendig, damit sich die Eltern vergewissern können, dass das Kind tatsächlich einmal da war", weiss Eibl. "Wenn das Kind verstirbt, sollte man es nach seinem Tod ausserdem sehen und anfassen."

In der Trauer kann es auch helfen, dass Eltern ihre toten Kinder beim Standesamt mit Vor- und Familiennamen sowie Geburtstag und - ort anzeigen können. Zudem sind in allen Bundesländer Bestattungen möglich.

Auch wenn man bereits Kinder hat, hat sich Offenheit bewährt. "Selbst Kindergartenkinder können sehr gut mit dem Tod ihres Geschwisterchens umgehen", so Eibl. "Auch sie sollten das verstorbene Kind sehen, damit sie sich keine schlimmen Bilder davon ausmalen." Für Kinder sei das alles häufig nicht so traumatisierend wie für die Eltern. Wenn Eltern dennoch sichergehen wollen, dass die Geschwisterkinder kein Trauma erleiden, können sie auch eine Sterbeamme als Begleitung hinzuziehen.

Über die Expertin: Martina Eibl ist Hebamme und begleitet Paare auch nach dem Verlust eines Kindes. Dafür hat sie eine Ausbildung zur Sterbeamme gemacht.

Verwendete Quellen:

  • Pro Familia: Verlust einer Schwangerschaft
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sternenkinder
  • Bundesministerium für Bevölkerungsforschung: Totgeborene je 1.000 Lebend- und Totgeborene in Deutschland (1841-2019)
  • Statistisches Bundesamt: Daten der Lebendgeborenen, Totgeborenen, Gestorbenen und der Gestorbenen im 1. Lebensjahr
  • Treffpunkt Ethik: Umgang mit Fehl- und Totgeburten
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