Berlin - Die Suche nach der grossen Liebe endet nicht selten in einer grossen Enttäuschung. Nicht nur, weil man nicht auf derselben Wellenlänge ist. Sondern manchmal auch, weil sich das angebliche "Match" am Ende als Betrügerin oder Betrüger herausstellt.
Doch warum fallen wir auf die sogenannten Love-Scammer herein? Was passiert im Kopf, wenn man schmeichelnde Nachrichten eines Unbekannten erhält, der einem die Welt verspricht?
Der Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger hat Antworten.
Warum lassen Menschen im vermeintlichen Liebestaumel alle Vorsichtsmassnahmen und jeglichen gesunden Menschenverstand mitunter fallen - und überweisen Netzbekanntschaften zum Beispiel Geld?
Wolfgang Krüger: Wir alle sehnen uns im Leben nach Liebe, weil wir zwei Schwachpunkte haben: Zum einen ist es die Anerkennung, und zum anderen gucken wir, dass wir unsere Einsamkeit überwinden.
Und das ist natürlich vor allem für Menschen schwierig, die etwas älter sind und die möglicherweise schon einige negative Erfahrungen im Leben gemacht haben und die nicht sehr selbstbewusst sind.
Das ist vor allem bei der Generation der Frauen "50 plus" der Fall. Und wenn dort ein attraktiver Mann sehr offensiv um sie wirbt und ihnen klarmacht, dass sie das Geschenk seines Lebens sind, dann sind sie sehr leicht diesem Mann emotional verfallen.
Das Schlimme ist: Es gibt Verführer - meistens sind es Männer -, die ein deutliches Gespür dafür haben, welche Frauen gute Opfer sein könnten. Sie sind psychologisch ausgesprochen geschickt, die Sehnsüchte dieser Frauen zu bedienen, die ihnen dann häufig regelrecht ausgeliefert sind.
Sind wir im Moment der Verliebtheit und Euphorie anfälliger Warnzeichen zu übersehen oder werden die schlicht ausgeblendet?
Krüger: Das Problem ist, dass wir den Verstand ausschalten, sobald wir verliebt sind. Wo wir normalerweise skeptisch und so in der Lage sind, Dinge sehr kritisch zu hinterfragen, hört das mit Verliebtheit normalerweise auf. Weil dabei etwas getriggert wird.
Wir haben wenig Informationen und sind sehr schnell in einem Bereich der Fantasie. Wir träumen schon davon, mit dem anderen die Urlaube zu verbringen, in seinen Armen zu liegen und dass er uns ständig sagt: "Du bist so schön und wie habe ich das verdient" und so weiter.
Insofern geraten wir in einen emotionalen Ausnahmezustand, wo wir tatsächlich die gesamte Kontrolle über das Geschehen verlieren.
Was kann man dagegen machen?
Krüger: Da helfen zwei Dinge. Das Erste ist, dass wir darauf achten, unsere wichtigsten Herzensbedürfnisse zu erfüllen. Wir sind einem Verführer nur ausgeliefert, wenn wir diese Bedürfnisse verdrängen, sodass sie unkontrolliert in uns wirken.
Und das Zweite ist: Man müsste eigentlich eine gute Freundin oder einen guten Freund haben, der oder dem man ständig davon erzählt und die uns notfalls warnen. Die subversive Fragen stellen und dafür sorgen, dass die Tomaten von unseren Augen abfallen. © dpa
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