• Mitte 20 ist eine Phase, in der die einen feiern, die anderen Karriere machen und die dritten Kinder bekommen.
  • Wenn man in dieser Zeit einfach nicht den richtigen Partner findet, aber dennoch einen Kinderwunsch hat, kann man auf unterschiedliche Weise handeln.
  • IUI oder IVF sind nur zwei Methoden, um auch solo Mama zu werden.

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Mit 15 war ich das erste Mal verliebt. In einen Jungen aus meiner Klasse. Er war gross, ein Jahr älter als ich (was damals quasi erwachsen war) und hat für meine Teenagernase unglaublich gut gerochen.

Aufgeregt erzählte ich meiner Oma von den Schmetterlingen in meinem Bauch, die das Gespräch nonchalant mit den Worten abkürzte: "Kind, pass auf! Kinder kriegen ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr." Heute bin ich 25 und frage mich, inwiefern dieser Spruch überhaupt noch stimmt.

Mitte 20 ist eine komische Phase. Die einen feiern, die anderen machen Karriere und die dritten bekommen Kinder. Manch einer hat seit zehn Jahren eine feste Beziehung, die anderen sind Dauersingle und so langsam, aber sicher greift in meinem Freundeskreis dieses grosse, gruselige Etwas namens "Biologische Uhr" um sich. Besonders schlimm wird es immer dann, wenn mal wieder eine Beziehung in die Brüche geht oder eine Freundin ein besonders mieses Date hatte.

Vor zwei Wochen war es mal wieder so weit. Ich war gerade auf dem Weg von der Uni nach Hause, als mein Handy klingelte. Nach dreimaligem Klingeln und der hektischen Suche in meiner Tasche nahm ich ab, das Telefon verband sich sofort mit der Freisprechanlage meines Autos.

"Naaa" rief ich in die Stille. "Wie war das Date mit Jonas?" Die Leitung blieb fünf Sekunden still, dann prustete Jana in den Hörer. "Rahel, es war ein Desaster! Der Kerl schläft auf einer Matratze auf dem Boden in seinem WG-Zimmer, kifft wie ein Weltmeister und ernährt sich nahezu ausschliesslich von Asia Nudeln." Ich stutze: "Wie alt war der nochmal?" Ich kann Jana quasi die Stirn runzeln hören. "Angeblich 32, der hätte aber auch locker 17 sein können, bei dem Verhalten, was er an den Tag gelegt hat." Autsch.

"Oh man ey! Wenn das so weitergeht, dann fahr ich einfach nach Holland und lasse mich künstlich befruchten. Da kann ich mir die Gene wenigstens aussuchen und muss mir den Stress mit dem Dating nicht geben." Jetzt bin ich diejenige, die grinsen muss: "Ja super, da kannst du dich gleich mit Mia zusammentun, die hatte letztens dieselbe Idee!"

Wir quatschen noch ein bisschen, Jana erzählt mir von den ungewaschenen Haaren ihres Dates und die Autofahrt vergeht wie im Flug. Doch zu Hause angekommen geht mir das Thema nicht mehr aus dem Kopf. Wie kann es sein, dass meine wunderbaren Freundinnen Mitte/Ende 20 plötzlich anfangen, ihre Ansprüche an den gemeinen Mann drastisch herunterzuschrauben, weil ihre Eierstöcke ihnen das Signal senden, dass da jetzt bald mal was passieren muss?

Ich kenne das ja selbst. Zwar sind Kinder auf kurze Sicht noch kein Teil meiner Lebensplanung und dennoch schlägt meine Gebärmutter Purzelbäume, sobald ich irgendwo ein Baby im niedlichen Strampler im Kinderwagen liegen sehe.

Bei den Kerlen hingegen scheint diese Phase erst mit Ende 30 einzusetzen. Ich habe genau einen Kumpel, der ganz schön dringend Papa werden möchte und der ist 37. Gut, der hat sich mit 27 auch sicher noch keine Gedanken um seine Fruchtbarkeit gemacht. Die Natur ist schon bekloppt!

Doch zurück zu meinen Freundinnen. Denn während Frauen in der Generation meiner Mum einfach irgendwann den ganz netten Kerl aus der Freiwilligen Feuerwehr heirateten oder Abstriche in ihrer Karriere machten, scheint das für Frauen in meiner Generation kein Thema mehr zu sein. Zum Glück! Wir haben andere Wege gefunden und die sind von Janas Idee gar nicht so weit entfernt.

Die Möglichkeiten sind zahlreich. Egal ob Bechermethode, IUI oder IVF – für jede ist etwas dabei

Besonders heiss wird in meinem Freundeskreis jedoch das Einfrieren von Eizellen (Social Freezing) diskutiert. Klingt erstmal bescheuert, ist es aber gar nicht. Meine Freundin Mia kommentierte meine Skepsis gegenüber dieser Methode sehr trocken mit: "Warum? Jetzt sind meine Eizellen noch frisch und jung. Andere investieren in ein Haus, ich in ein potenzielles Kind und ich muss mir keinen Druck machen, einen guten Kerl zu finden, sondern kann ganz unverkrampft daten." Recht hat sie.

Für mich klang das alles trotzdem technisch. Eigentlich verrückt, denn es gibt ja viele Gründe, warum es sich lohnt, Eizellen einfrieren zu lassen. Krankheiten zum Beispiel. Endometriose, PCOS oder Hormonstörungen können Frauen und Paare extrem belasten und lassen den Kinderwunsch zur Zerreissprobe werden. Das Einfrieren der Eizellen kann auch hier den Druck rausnehmen.

Das eigentliche Problem ist jedoch häufig finanzieller Natur. Denn Eizellen entnehmen und einfrieren lassen, ist verdammt teuer. Da war Mias Vergleich mit dem Haus gar nicht so falsch. Pro Behandlungszyklus in der Kinderwunschklinik können da schon mal 5.000 Euro zusammenkommen. Plus 400 Euro pro Jahr für die Lagerung. Dazu kommen dann die Kosten für die Befruchtung der Eizelle und das Einsetzen in die Gebärmutter. Ihr seht, es läppert sich.

Kinderwunschzentren geben ausserdem an, dass man die Behandlung möglichst früh durchführen lassen sollte, da die Qualität der Eizellen mit steigendem Alter abnimmt. Wer also bis hierher noch keine Panik hatte: gern geschehen.

Wenn Social Freezing für euch also keine Option ist und ihr jung genug seid (unter 35), dann besteht immer noch die Möglichkeit der guten alten Samenspende. Diese ist selbst in Deutschland mittlerweile für Singlemoms erlaubt und verhältnismässig leicht durchführbar. Um Samenspenden hat sich ein ganzer Markt entwickelt und ich schwankte während meiner Recherche zwischen Begeisterung und Irritation.

Googelt mal Samenspende, dann wisst ihr, was ich meine. Denn man landet ziemlich schnell auf Websites, die dir die Möglichkeit geben Augenfarbe, Haarfarbe, Blutgruppe, IQ und sonstige Fakten des potenziellen Vaters einzugrenzen. Gruselig. Der ausgewählte Samen wird dann meist unter ärztlicher Aufsicht mit einem Schlauch in der perfekten Zyklusphase in die Gebärmutter injiziert. Das Ganze nennt sich dann IUI (Intrauterine Insemination). Die Chance, durch eine Samenspende schwanger zu werden, liegt übrigens bei zirka 19 Prozent.

Klappt das nicht, greifen viele Frauen auf die In-vitro-Fertilisation (IVF) und somit auf ihre oftmals zuvor eingefrorenen Eizellen zurück. Bei der IVF wird die entnommene Eizelle in eine Nährlösung im Reagenzglas gegeben und dort mit Sperma befruchtet. Diese Eizelle wird bei erfolgreicher Befruchtung in die Gebärmutter eingesetzt.

Das gesamte Prozedere ist häufig körperlich und psychisch sehr anstrengend und dazu kostenintensiv. Viele Frauen verschulden sich für den Kinderwunsch, denn ebenso wie das Sozial Freezing wird auch die IVF nicht von der Krankenkasse übernommen. Zumindest nicht bei Solomamas. Denn In-vitro-Fertilisationen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse sowieso nur zu 50 Prozent und das auch lediglich, wenn man verheiratet, die Frau nicht älter als 40 und der Mann nicht älter als 50 ist. Ob das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren ist, sei jetzt mal dahingestellt.

Was, wenn es klappt?

Hat die Befruchtung dann funktioniert und das Kind ist gesund und munter auf der Welt, sind Solomamas auch leider im Jahr 2021 immer noch von starken Vorurteilen betroffen. Und das, obwohl die typische Kleinfamilie längst nicht mehr die Norm ist. Diese Erfahrungen hat auch Jennifer gemacht, nachdem sie sich zur Solomutterschaft entschloss. Auf ihrem Blog planningmathilda.com schreibt sie detailliert über ihren Weg zum Wunschkind und alle Hürden, die ihr in den Weg gestellt wurden. Sehr lesenswert!

Ich für meinen Teil bin noch weit davon entfernt, Panik zu schieben und doch beschäftigt mich der Gedanke des Social Freezing sehr. Denn natürlich bietet dieses Verfahren Chancen. Gerade für Frauen, die sich nicht in einer Partnerschaft befinden oder erst einmal Karriere machen möchten. Es ist eine Art der medizinischen Emanzipation. Dennoch bleiben Zweifel. Insbesondere im Bereich des Zugangs für Frauen, die vielleicht nicht so viel auf der hohen Kante liegen haben.

Daran schliessen sich auch gleich die üblichen Überlegungen an: Sind wir gesellschaftlich weit genug, dass man bedenkenlos alleine ein Kind betreuen und erziehen kann? Wie gut lässt sich das gesellschaftliche Stigma auflösen? Wie egoistisch ist dieses Verfahren? Wie lassen sich Kind und Karriere vereinen? Alles keine Fragen, die allein Solomamas betreffen, aber dennoch sicher einen Gedanken wert.

Ich werde es dennoch, wenn es so weit ist, darauf ankommen lassen und es natürlich versuchen. Jana wird wohl erstmal wieder tindern und Mia ist weiter als wir alle. Sie hat ihren Kinderwunsch in die Hände der Wissenschaft gelegt. Wie auch immer Frau es macht, es ist ihre freie Entscheidung und immer eine Abwägung von Chancen und Risiken.

Verwendete Quellen:

  • Hallo-eltern.de: Eizellen einfrieren: Überblick über Kosten, Verfahren und Erfolgschancen einer Kryokonservierung
  • Gesundheit.gv.at: Polyzystisches Ovar Syndrom (PCOS)
  • Deutschlandfunk.de: Eizellen einfrieren: Kinderwunsch auf Eis
  • Familienplanung.de: Behandlung mit einer Samenspende
  • G-ba.de: Methoden der künstlichen Befruchtung
  • Familienplanung.de: Künstliche Befruchtung: Wer trägt die Kosten?
  • Planningmathilda.com
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