- Wenn sich das Kind einen Fehltritt leistet, ist eine Strafe nicht immer die richtige Konsequenz nach der Drohung, sagen Experten.
- Bei einem Konflikt können Kuscheltiere und die richtige Kommunikation helfen.
- Welche Strategie Eltern bei Fehlverhalten anwenden sollen, wird hier verraten.
Ihr Kind hat Sie beschimpft, einen Spielkameraden geschlagen oder seine Hausaufgaben nicht gemacht? Viele Eltern setzen an dieser Stelle auf die Strategie der Bestrafung, nachdem das Kind sein Verhalten nach ausgesprochener Drohung nicht verändert. Aber ist das wirklich der richtige Weg?
Vor der Bestrafung kommt die Drohung
Ulric Ritzer-Sachs, Pädagoge von der Online-Beratung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung, hält Drohungen der Eltern bei Fehlverhalten der Kinder für keine gute Idee. "Mit solchen angedrohten Sanktionen lügen sich die Eltern nur in die eigene Tasche."
Man könne nicht jedes Vergehen bestrafen. Und wenn man Sanktionen androht, müssten sie rasch erfolgen und nachvollziehbar mit dem Vergehen in Zusammenhang stehen. "Einem Kind zu drohen, es aus dem Auto zu schmeissen, hilft nicht. Das macht dem Kind nur Angst", erklärt der Erziehungsberater.
Drohungen werden ineffektiv
Irgendwann würden einem auch die Steigerungen der Drohungen ausgehen. Oder sie nutzen sich ab und sie ziehen nicht mehr. Wie würde man reagieren, wenn das Kind sagt: "Dann mach doch"?
Und wenn man aus Wut über ein Fehlverhalten drei Tage Stubenarrest ausgesprochen hat, sollte man auch die Grösse haben, die in einem klärenden Gespräch wieder zurückzunehmen, rät Ritzer-Sachs - etwa dann, wenn sich alle Gemüter beruhigt haben
Wann sind Drohungen in der Kindererziehung angemessen?
Wenn-Dann-Sätze gingen aber für ihn in Ordnung, um dem Kind Regeln, Grenzen oder Normen beizubringen. So sei es etwas völlig anderes, wenn man klare Regeln zur Handynutzung aufgestellt hat. "Wenn das Kind die dann bricht, könnten durchaus Verbote folgen."
Ebenfalls könne man objektive Konsequenzen aufzeigen. Etwa: "Wenn du deine Hausaufgaben nicht machst, bekommst du Ärger in der Schule."
Konflikte mit den eigenen Kindern zu lösen, ist für Eltern zumeist eine Mammutaufgabe – vor allem, wenn sie noch im Kleinkindalter sind. Wirken Mutter und Vater dabei verärgert, kann das für das Kind grossen Stress bedeuten - und statt hinzuhören, zieht es sich zurück und blockt ab, wie die Pädagogin Eliane Retz in der Zeitschrift "Eltern" (Ausgabe 11/20) erklärt. Was kann helfen?
Warum Bestrafung nicht die richtige Taktik ist
Verändert das Kind nach der Drohung sein Verhalten nicht, folgt die Strafe, aus der das Kind die Konsequenzen seines Verhaltens tragen muss. Solche Strafen wie das frühzeitige Zubettgehen seien für Kinder aber wenig nachvollziehbar, da sie sich zeitlich und inhaltlich nicht am Verhalten des Kindes orientiert. Und Eltern bringen sich unter Zugzwang, ihre angedrohte Strafe auch wirklich umzusetzen, wie die Pädagogen Laura Mans und Frank Untiedt vom SOS-Kinderdorf Hamburg in der Zeitschrift erklären.
"Geh in deine Ecke und schäm dich", "Wenn du nicht aufisst, gibt es morgen schlechtes Wetter" oder Stubenarrest – viele Erziehungsmethoden stammen heute gefühlt aus der Mottenkiste, kommen aber hin und wieder noch zum Einsatz. Aber sind jene Sätze wirklich sinnvoll, sofern das Kind Blödsinn erzählt hat? Eine Expertin klärt auf.
"Wer sein Kind in die Ecke schickt, beschämt es", stellt die Erziehungsexpertin Nicola Schmidt klar. Noch massiver sei die Beschämung, wenn das auch noch öffentlich passiert, zum Beispiel wenn Besuch zu Hause ist. Laut der Bestsellerautorin ("Erziehen ohne Schimpfen") ist massive Beschämung schädlich für ein Kind und seine Persönlichkeitsentwicklung: "Wir wollen doch, dass das Kind etwas aus seinen Fehlern lernt und nicht, dass es sich schlecht fühlt."
Wer sich aber schlecht fühlt, lerne nichts. Noch heute könnten sich 50-Jährige zwar an ihre Ecke erinnern - aber nicht daran, was sie damals als Kind "verbrochen" haben, als sie so bestraft wurden.
Erziehungstipp: Kind sollte Fehler wiedergutmachen dürfen
"Viele Eltern meinen es sicherlich nicht böse, ihnen fällt nur keine Alternative ein", denkt Schmidt. Egal, ob ein freches Wort gefallen ist, ein Malheur passiert oder etwas kaputt gemacht wurde: "Das Kind sollte die Möglichkeit zur Wiedergutmachung bekommen." Dafür brauche es keine Ecke, sondern Informationen, was es überhaupt falsch gemacht hat. Sonst lernt es ja nichts über Regeln.
"Und was soziale Regeln sind, muss geklärt werden", sagt die Expertin. Also müsse man darüber reden. So können man beispielsweise sagen: "Du hast einen Fehler gemacht. Es gehört zu den Regeln, dass man die Katze des Nachbarn nicht anmalt." Wenn so etwas passiert ist, sollte zusammen überlegt werden, wie es das Kind wiedergutmachen kann - das kann von der Entschuldigung bis zur Katzenpflege reichen. Dadurch würde ein Ausgleich zwischen Recht und Unrecht geschaffen und das Kind wieder in die Gemeinschaft eingegliedert.
Kind Bedenkzeit geben, aber auch eigene Fehler eingestehen
Beim Aushandeln der Wiedergutmachung können sich Eltern, Kinder und Erzieher beteiligen. Es empfiehlt sich, dem Kind zunächst selbst etwas Bedenkzeit zu geben und einen Vorschlag machen zu lassen. Hat das keinen Erfolg, können die Eltern sich etwas überlegen.
Man könne auch eigene Fehler eingestehen, wenn das Kind zum Beispiel aus Müdigkeit nur noch nölig ist: "Okay, du bist müde. Das verstehe ich. Ich hätte dich schon längst ins Bett bringen sollen. Da haben wir alle Fehler gemacht."
Besser Kommunikation mit dem Kind: Sorgen statt belehren
Leider geschieht es aber dennoch, dass das Gesagte überhaupt nicht ernst genommen wird. Oft liegt es daran, wie die Eltern mit ihren Kindern kommunizieren. "Viele wollen bei allem, was sie sagen, eine Message rüberbringen, alles soll pädagogisch wertvoll sein. Da machen die Kinder dicht", erklärt Diplom-Psychologin Daniela Golz in der Zeitschrift "Eltern family" (Ausgabe September 2020). Auf diese Weise fühlen sie sich nicht gesehen und nicht persönlich angesprochen.
Ein Beispiel: Eltern wollen wissen, wo ihr Kind draussen spielt, aber das klappt nicht. Dann können sie später erklären: "Ich brauche es unbedingt, dass du mir sagst, wenn du vom Spielplatz weggehst und wo du dann hingehst. Ich habe sonst Angst um dich!"
Kinder sind dann viel eher bereit, zuzuhören und zu kooperieren. Anders reagiere das Kind auf Aussagen von Eltern wie diese: "Die Regel lautet so und so, und du musst sie einhalten. Und wenn du das nicht tust, darfst du dieses und jenes nicht mehr." In der Beziehung zwischen Eltern und Kindern gehe es weniger um Regeln oder Methoden - sondern um Nähe und Vertrauen.
Aber es gibt natürlich auch Situationen, in denen die Kommunikation in einen Konflikt mündet.
Kuscheltiere als neutrale Moderatoren bei einem Konflikt
Konflikte mit den eigenen Kindern zu lösen, ist für Eltern zumeist eine Mammutaufgabe – vor allem, wenn sie noch im Kleinkindalter sind. Wirken Mutter und Vater dabei verärgert, kann das für das Kind grossen Stress bedeuten - und statt hinzuhören, zieht es sich zurück und blockt ab, wie die Pädagogin Eliane Retz in der Zeitschrift "Eltern" (Ausgabe 11/20) erklärt. Was kann helfen?
An der Stelle könne ein Stofftier sehr gut als neutraler Moderator und Fragensteller fungieren. So lassen Eltern in dem Fall erstmal das Kuscheltier "fragen", was los sei. Das erleichtere allen Beteiligten den Zugang zueinander, so Retz.
"Denn es schafft spielerisch eine Brücke zwischen der Welt der Erwachsenen und der des Kindes."
Teddys, Puppen und Co. wichtige Begleiter für Kinder
Kuscheltiere oder Puppen sind für kleine Kinder oft ganz wichtige Begleiter. Sie können ihnen dabei helfen, Erlebnisse zu verarbeiten. So kann es passieren, dass der Teddy eine "Spritze" vom Kind bekommt, nachdem es selbst beim Arzt geimpft wurde.
"Wie unsichtbare Freunde haben sie oft Eigenschaften, die Kinder selbst gern hätten", erläutert Retz. "Zum Beispiel sind sie oft mutig." (dpa/rgg)
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