Manche Personen lassen andere in Gesprächen kaum zu Wort kommen und machen dadurch eine gleichberechtigte Kommunikation fast unmöglich. Welche Strategien im Umgang damit helfen, erfährst du hier.
Vielleicht hast du dich auch schon einmal mit einer Person unterhalten, die eigentlich die ganze Zeit nur von sich selbst erzählt und dich immer wieder unterbrochen hat. Möglicherweise hast du gar nicht die Möglichkeit bekommen, auch mal etwas zu erwidern.
Als Gegenüber hast du dann vielleicht das Gefühl, du könntest nicht viel mehr tun, als höflich zu nicken und zu lächeln und den Monolog über dich ergehen zu lassen. Es gibt jedoch durchaus Strategien, mit denen du die einseitige Gesprächssituation aufbrechen kannst – auch ohne unhöflich werden zu müssen.
Gründe für den Redefluss
Dass Menschen besonders viel reden, kann unterschiedliche Ursachen haben. So haben etwa Menschen mit einem geringeren Selbstwertgefühl und einem daraus folgenden höheren Bedürfnis nach Aufmerksamkeit die Tendenz, übermässig viel zu sprechen. Ein Redefluss kann in diesem Fall auch dabei helfen, Unsicherheiten zu überspielen.
Auch eine erhöhte Aktivität im Gehirn kann eine Rolle spielen. Wird etwa der präfrontale Cortex, der für die Sprachverarbeitung und -produktion zuständig ist, übermässig stimuliert, kann dies dazu führen, dass sich Menschen im Gespräch impulsiver verhalten und öfter und länger das Wort ergreifen.
Eine besonders intensive Form des Redezwangs wird in der Medizin auch als Logorrhoe bezeichnet. Sich ständig zu Wort zu melden und übermässig viel zu reden, wird dabei für Betroffene zum Zwang. Das Phänomen tritt in der Regel als Begleiterscheinung von psychischen oder neurologischen Erkrankungen auf. Auch der Konsum von Alkohol, anderen Drogen oder Koffein kann den Redezwang begünstigen.
Wenn Menschen zu viel reden: Das hilft
Wenn Menschen das Gespräch immer wieder auf sich lenken, kann das Zusammensein schnell unangenehm werden. In diesem Fall können dir folgende Strategien helfen, die Situation aufzubrechen und dir selbst oder anderen Gesprächsteilnehmer:innen mehr Gesprächsanteil zu ermöglichen:
1. Zurück zum Thema
Die meisten von uns reagieren vor allem auf das Thema eines Gesprächs, können dieses identifizieren und darauf reagieren. Eigene Erfahrungen teilen wir also dann nur kurz beziehungsweise auf die Interessen der Gruppe bezogen.
Menschen, die sehr viel von sich selbst erzählen, konzentrieren sich jedoch nicht auf das Thema an sich, sondern nur darauf, wie sie selbst zu diesem Thema stehen. Erzählt beispielsweise eine Person, sie sei gerade aus London zurückkehrt, nutzen manche Menschen diese Gelegenheit, um ausführlich von ihren eigenen London-Reisen zu erzählen. In solchen Fällen ist es oft effizient, auf eine Sprechpause zu warten und den Fokus im Gespräch wieder zu der Person zu lenken, die das Thema zuerst angesprochen hatte.
2. Kleine Gruppengrösse
Die Gruppengrösse kann die Beteiligung am Gespräch stark beeinflussen. Gruppen von mehr als sechs Personen tendieren dazu, einige Menschen nicht oder nur sehr kurz zu Wort kommen zu lassen. Eine Aufteilung in mehrere kleinere Gespräche mit zwei, drei oder vier Personen fördert eine gleichberechtigte Teilhabe.
3. Redundanz reduzieren
Manche Personen erzählen nicht nur viel zu lange von einem bestimmten Thema, sondern wiederholen sich mit der Zeit dabei auch ständig. Ist dies der Fall, kannst du im Gespräch der anderen Person mitteilen, was du über das Thema schon weisst oder was die Person selbst schon erzählt hat. Von diesem Punkt aus hast du dir so die Möglichkeit verschafft, eigene Gedanken und Erfahrungen zum Thema zu teilen.
4. Gesprächsposition verändern
Eine mögliche Ursache für übermässiges Reden ist, dass Personen sich als überlegen ansehen. Wenn Personen über sich sprechen, nehmen sie sich schliesslich als Expert:innen wahr. Deshalb behalten Vielredner:innen gern den Fokus auf ihren Aktivitäten und Erfahrungen und bewahren so die Expertise. Dies kannst du aufbrechen, indem du den Fokus im Gespräch gezielt auf ein anderes Thema lenkst, in dem du selbst oder andere Gesprächsteilnehmende mehr Erfahrung haben.
5. Eigenes Verhalten ändern
Manchmal ermutigen wir Vielredner:innen auch unbewusst dazu, das Gespräch weiterhin zu dominieren, indem wir zum Beispiel weiterhin höflich nicken und lächeln. Aber auch Zeichen der Ungeduld (zum Beispiel das ständige Checken des Smartphones) können Menschen dazu bewegen, einfach weiterzureden. Ständige Unterbrechungen können hingegen zu einem Konkurrenzkampf und unangenehmen zwischenmenschlichen Spannungen führen.
Du kannst mal versuchen, einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, nichts zu sagen und auch keine Gestik oder Mimik anzuwenden. So fehlt Vielredner:innen das notwendige Gegenüber im Gespräch.
6. Direkt ansprechen
Mit dem richtigen Ton ist es auch auf keinen Fall verwerflich, die Person auf ihr übermässiges Reden ansprechen. Dabei sollte jedoch der Fokus darauf liegen, wie es uns persönlich beeinflusst, statt die Person zu kritisieren oder sogar in einer Gruppe zu blamieren. Wir können zum Beispiel fragen: "Können wir uns im Gespräch abwechseln?" oder "Ich würde mir wünschen, dass wir alle die Möglichkeit haben, zu Wort zu kommen!"
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