Seit Anfang März leuchten uns im Supermarkt die ersten Erdbeeren verführerisch rot entgegen. Wir müssen aber leider vor den Früchten warnen: Früherdbeeren wachsen im trockenen Spanien unter Plastikfolien heran, die bis zum Horizont reichen – und verbrauchen dort Unmengen an Wasser. Keine Sorgen: Es gibt Erdbeeren, die du mit gutem Gewissen verzehren darfst.

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Kaum beginnt der Frühling, gibt es in allen Supermärkten die ersten Erdbeeren zu kaufen. Wer genau hinschaut, sieht schnell: Der Grossteil der verführerisch leuchtenden Früchte kommt um diese Jahreszeit aus Spanien. Damit sind ihre Klimabilanz und die Folgen für die Umwelt, die ihr Anbau verursacht, ein Desaster.

Von den importierten Früherdbeeren aus Spanien raten wir dringend ab. "Erdbeeren sind schwere Kost für die Erde, denn die Früchte sind durstig und ihre Anbaugebiete im Süden Spaniens trocken. Neben den Emissionen, die durch den Transport der Erdbeeren aus Spanien freigesetzt werden, ist vor allem der hohe Wasserverbrauch beim Anbau der Früchte problematisch", erklärt Theresa Schiller. Sie ist Süsswasserexpertin beim "World Wide Fund For Nature" (WWF).

#1: 300 Liter Wasser für ein Kilo Erdbeeren

Die meisten Erdbeeren, die momentan in den deutschen Supermarktregalen liegen, kommen aus der wasserarmen Provinz Huelva in Spanien. Dort werden die Früchte in riesigen Monokulturen angebaut – ein Plastikplanen-Tunnel reiht sich dabei unter enormem Wasserverbrauch und intensivem Düngereinsatz an den anderen. "Für die Herstellung eines Kilos Erdbeeren, benötigt man im Durchschnitt etwa 300 Liter Wasser – also zwei volle Badewannen", erklärt der WWF.

Die Erdbeerplantagen liegen rund um den Nationalpark Coto de Doñana, der Weltnaturerbe, Biosphärenreservat und eines der wichtigsten Feuchtgebiete Spaniens ist. Die Erdbeeren werden dort zu einem hohen Preis angebaut: Auf illegalen Anbauflächen wachsen Erdbeeren, aber auch Tomaten, Zucchini und Paprika. Das Wasser für die durstigen Früchte stammt häufig aus illegalen Bohrungen, über 1.000 illegale Brunnen soll es allein in Huelva geben.

Das hat fatale Folgen für die Umwelt: Der Anbau gräbt der Doñana das Grundwasser ab. Offiziell gilt die Grundwasserschicht als übernutzt. "Der Grundwasserspiegel sank von fünf bis sieben Metern in den 80er-Jahren auf heute 30 bis 40 Meter. Das führt zu Dürren und Wasserknappheit bei der Bevölkerung", erklärt der NABU. Tiere verlieren ihren Lebensraum, weil sie zu wenig Wasser zur Verfügung haben, die Wasserknappheit bringt das ganze Ökosystem in Gefahr.

Ein aktueller Bericht des WWF Spaniens zeigt auf, dass auf mehr als 1.300 Hektar ca. 35.000 Tonnen Beeren illegal angebaut und bewässert werden. Diese Betriebe sollten längst geschlossen werden. So sieht es das mittlerweile 10 Jahre alte Gesetz (der "Erdbeerplan") vor.

"Doñana erlebt seinen schlimmsten Moment"

Der WWF schreibt in einem Bericht von März 2024: "Doñana erlebt seinen schlimmsten Moment." Die Umweltschutzorganisation fordert die spanische Regierung seit Jahren auf, alle illegalen Brunnen und illegal bebauten Landwirtschaftsflächen in der Region aufzuheben und ein wirkungsvolles Wassermanagement einzuführen.

Doch laut dem aktuellen Bericht werden weiterhin 1.360 Hektar in Doñana illegal oder ohne Bewässerungsrechte bewässert. Das entspricht einer Fläche von etwa 1.900 Fussballfeldern. Zudem würden insgesamt neun Milliarden Liter zu viel aus dem Grundwasser entnommen, sodass eine Erholung der grundwasserführenden Gesteinsschicht nicht mehr garantiert sei.

#2: Erdbeeren aus Spanien haben eine schlechte Klimabilanz

Bis die Erdbeere aus Spanien bei uns auf dem Teller landet, hat sie eine weite Reise hinter sich. Eine 500 Gramm Schale spanischer Erdbeeren ist für den Ausstoss von gut 440 Gramm CO₂ verantwortlich (Quelle). "Wenn man das auf fast 80.000 Tonnen importierte Erdbeeren aus Spanien pro Jahr hochrechnet, sieht die Bilanz schlecht aus", gibt das Blog-Magazin ‚Wissen macht Klima‚ zu bedenken.

#3: Hohe Pestizidbelastung bei spanischen Erdbeeren

Ein weiteres Problem der Erdbeeren aus Spanien ist die hohe Pestizidbelastung. Öko-Test hat im vergangenen Jahr zum Start in die Erdbeersaison Erdbeeren aus grossen Supermärkten und Bio-Märkten ins Labor geschickt. Dort wurde zum einen ein umfangreiches Pestizid-Screening durchgeführt. Zum anderen schaute Öko-Test bei den ökologischen und sozialen Bedingungen genauer hin und nahm Pestizidmanagement, Bewässerungsstrategie und die Lieferkette unter die Lupe.

Auffällig: Einige Erdbeeren im Test enthalten ganze Pestizidcocktails, andere sind frei davon. Mehr erfährst du hier:

#4: Ausbeutung von Erntehelfer:innen

Trotz Lieferkettengesetz leben und arbeiten Arbeiter:innen in Spanien unter menschenunwürdigen Bedingungen – und arbeiten deutlich mehr als im Arbeitsvertrag eigentlich steht. "Wir arbeiten mehr. Bis zu 70 Stunden pro Woche. Bezahlt werden aber nur 40, von Montag bis Freitag. Samstage und Sonntage und Überstunden werden nicht abgerechnet", sagt Said (Name geändert) in einem Beitrag der Tagesschau von vergangenem Jahr. Etwa 5.000 Menschen leben in der Region Almería in Slums, ohne fliessend Wasser.

#5: Plastikmüll ohne Ende für Früherdbeeren

Nicht nur die Plastikschälchen, in denen wir die Erdbeeren kaufen, sorgen für viel Plastikmüll. Auch die Plastikfolien, mit denen die Treibhäuser bedeckt werden, sorgen für gigantische Müllberge. Ein Grossteil der Folien landet auf illegalen Müllhalden. Durch die Sonne zerfällt das Plastik, Mikroplastik entsteht und wird durch Wind und Wasser verteilt, bis es schliesslich in der Nahrungskette landet.

#6: Auch Bio-Erdbeeren sind keine Alternative

Bio-Erdbeeren sind zwar weitestgehend pestizidfrei, aber auch sie sind durstig und auch für ihren Anbau werden in Spanien illegale Brunnen gebohrt. Im Hinblick auf Transportemissionen steht die Bio-Beere (botanisch handelt es sich dabei um eine Sammelnussfrucht) der konventionellen in nichts nach.

Wenn Bio-Erdbeeren allerdings im Juni und Juli aus Deutschland kommen, dürfen sie mit Genuss und gutem Gewissen verzehrt werden. Fürs Erdbeerennaschen gibt es gute Gründe: Die süssen Früchte enthalten jede Menge Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Vor allem, wenn es sich um biologisch erzeugte Freilandfrüchte handelt, wie das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) betont. "Freilanderdbeeren haben Untersuchungen zufolge einen höheren Gehalt an Polyphenolen als Früchte aus Folienanbau". Polyphenole können vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen, Keime abtöten und Entzündungen im Körper hemmen.

Lies dazu auch: Erdbeeren sind gesund: Das macht die leckeren Früchte so wertvoll

Die Alternative: Heimische Erdbeeren statt Früherdbeeren

Utopia meint: Der Preis, den die Natur für unsere Luxus-Erdbeeren aus Spanien bezahlt, ist definitiv zu hoch. Da die Supermärkte weiterhin Früherdbeeren aus Spanien anbieten, sind wir Verbraucher:innen gefragt. Die einzigen Erdbeeren, die wir mit geniessen sollten, sind regionale Früchte, die im Freiland gewachsen sind – am besten in Bio-Qualität und vom Hof oder Feld in deiner Nähe. Die Haupterntezeit für Erdbeeren beginnt in Deutschland im Mai und reicht bis in den Juli hinein.

Für die Erdbeeren aus Deutschland müssen wir allerdings ein bisschen mehr Zahlungsbereitschaft mitbringen: 2022 haben Landwirt:innen sogar einen Teil ihrer Ernte vernichtet – weil sich der Anbau der Früchte nicht mehr gelohnt hat. "Es gab keine Chance, die Erdbeeren zu verkaufen", erklärte damals Stephan Bäcker, Erdbeer- und Spargelbauer aus dem Münsterland, gegenüber dem WDR. Im Einzelhandel hätte es zu viele billige Früchte aus dem Ausland gegeben.

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Die verhältnismässig hohen Erdbeerpreise haben einen (guten) Grund: Bei uns ist der Mindestlohn höher als in anderen Ländern, aus denen Erdbeeren oft importiert werden. Auch die höheren sozialen Standards sowie die Anforderungen an Umwelt- und Pflanzenschutz sorgen für hohe Preise für Erdbeeren aus der Region. "Wenn wir Verbraucher weiterhin Erdbeeren aus Deutschland haben wollen, dann müssen wir mehr Geld bezahlen – anders geht es nicht", so Erdbeerbauer Andreas Rahmann aus Coesfeld.

Auch eine nachhaltige Idee: Erdbeeren im Garten oder auf dem Balkon selbst anbauen:  © UTOPIA

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