Blutgruppen sind nicht nur wichtig für Bluttransfusionen. Ein Experte erklärt, wie sie sich auf bestimmte Krankheiten auswirken – und erläutert die wichtigsten Merkmale.
Walter Hitzler leitete vor seinem Ruhestand die Transfusionszentrale der Universitätsmedizin Mainz. Im Gespräch mit dem Süddeutsche Zeitung Magazin erklärt er, was es mit Blutgruppen auf sich hat – und welche vor welchen Krankheiten besser schützen kann.
Blutgruppe und Krankheit: Von Malaria bis Covid-19
Das AB0-Blutgruppensystem unterscheidet vier Blutgruppen: A, B, AB und 0. Laut Hitzler ist die Gruppe A in Deutschland am verbreitetsten (43 Prozent), gefolgt von 0 (41 Prozent). In asiatischen Ländern dominiert dagegen die Blutgruppe B.
Wie kommt das und welche Rolle spielen Infektionen? Laut dem Experten ähneln die Oberflächenstrukturen vieler Bakterien und Viren denen von Blutgruppen. "Die Blutgruppe kann einen Menschen also anfälliger für bestimmte Erreger machen", erklärt der Spezialist. Heisst vereinfacht: Je ähnlicher die Struktur einer Blutgruppe der einer Krankheit ist, desto anfälliger ist man für die Erreger.
Die Blutgruppe 0 etwa sei eine Mutation der Blutgruppe A, die sich gebildet habe, weil sie resistent gegen Malaria war. In "feucht-tropischen Zonen Afrikas" sei die Blutgruppe 0 deshalb auch heutzutage dominant. Hingegen waren Träger:innen der Blutgruppe 0 weniger gegen den Pest-Erreger geschützt – aufgrund ähnlicher Merkmale habe das Immunsystem sich nicht wehren können. Für Pocken wiederum seien dem Experten zufolge Menschen der Blutgruppe A besonders anfällig.
Studien deuten zudem auf einen Zusammenhang zwischen Blutgruppe 0 und A und dem Krankheitsverlauf von Covid-19 hin – Utopia berichtete. "Im Vergleich zur Normalbevölkerung hatten deutlich mehr infizierte Patientinnen und Patienten Blutgruppe A. Umgekehrt hatten weniger Patientinnen und Patienten die Blutgruppe 0", fasst Hitzler zusammen. Demnach wären Menschen mit Typ-0-Blut 50 Prozent besser vor einer ernsten Covid-19-Erkrankung geschützt. Der Experte vermutet, dass der Effekt auf Antikörper der Blutgruppe zurückgeht, welche Covid-19 neutralisieren.
Blutmerkmale: Rhesusfaktor, Kell-System
Die Blutgruppe 0 bildet die "gemeinsame Basis aller Blutgruppen", erklärt Hitzler gegenüber dem Süddeutsche Zeitung Magazin. Die anderen Typen A, B und AB unterscheiden sich durch zusätzliche Zucker auf der Zellmembran. Zudem bilden sich nach der Geburt Antikörper gegen fremde Blutgruppen.
Auch der Rhesusfaktor ist eine wichtige Blutgruppeneigenschaft. Er gibt an, ob spezielle Proteine auf der Zellmembran der Erythrozyten (roten Blutkörperchen) vorhanden sind. Besitzt eine Person das Rhesusfaktor-D-Antigen, ist sie Rhesus-positiv – dem Experten zufolge trifft das auf 85 Prozent der Menschen in Deutschland zu. Der Rhesusfaktor kann unter anderem während Schwangerschaften zu Komplikationen führen, wenn Kind und Mutter nicht kompatibel sind und die Mutter Antikörper gebildet hat. Deshalb muss unter anderem bei Bluttransfusionen darauf geachtet werden.
Ausserdem wird Blut nach dem Kell-System definiert. Hitzler zufolge sind 90 Prozent der Menschen Kell-negativ. "Man sollte bei einer Transfusion nur Kell-negatives Blut erhalten, sonst können sich Antikörper bilden," erklärt der Experte. Bei Schwangerschaften kann eine Kell-Unverträglichkeit zwischen Mutter und Kind zu einer schwerwiegenden Gesundheitsstörung des Fötus und des Neugeborenen führen.
Verwendete Quellen: Süddeutsche Zeitung Magazin
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