Die Liking Gap haben die meisten Menschen schon unbewusst erlebt – zum Beispiel nach einer Party mit unbekannten Menschen. Hier erfährst du, warum Menschen das Phänomen erleben und was du dagegen tun kannst.
Kennst du das? Du lernst auf einer Party neue Menschen kennen und unterhältst dich mit ihnen eigentlich total nett. Aber auf dem Weg nach Hause kommst du ins Zweifeln. Ganz plötzlich denkst du, dass die anderen Menschen dich seltsam fanden, nur aus Höflichkeit mit dir gesprochen haben oder es gar nicht gemocht haben, mit dir zu reden. Das ist ein Phänomen, das Wissenschaftler:innen zufolge nicht selten ist. In Fachkreisen spricht man von der Liking Gap.
Was ist die Liking Gap?
Die grundlegende Frage zur Liking Gap ist: Wie sympathisch wirken wir auf andere Menschen?
Die Verhaltensökonomin Erica Boothby hat gemeinsam mit den Sozialpsychologen Gus Cooney und Adam Mastroianni und dem Datenwissenschaftler Andrew Reece 2018 eine Studie veröffentlicht, in der sie diese Frage samt Folgen untersuchten.
Für die Untersuchungen liessen die Forscher:innen fremde Menschen aufeinandertreffen. Im Anschluss wurden die Proband:innen gefragt, wie sympathisch sie die anderen Personen fanden und was sie denken, wie sie bei den Personen angekommen sind. Das Ergebnis: Fast alle Menschen zeigten die Liking Gap. Das heisst, sie haben ihre eigene Wirkung unterschätzt. Dabei empfanden die meisten Befragten ihr neu kennengelerntes Gegenüber als äussert sympathisch.
Auch sei es den Forscher:innen zufolge interessant, dass Menschen in einigen Situationen dazu neigen, sich zu überschätzen (unter anderem beim Dunning-Kruger-Effekt). Beispielsweise überbewerten demnach Autofahrer:innen ihre Fähigkeiten oder Eheleute gehen davon aus, dass ihre Beziehung perfekt ist.
Die Liking Gap zeigte sich laut der Studie immer dann, wenn sich Personen zum einen neu kennenlernten und zum anderen bei Freund:innen, die sich lange Zeit nicht gesehen hatten. In diesen Situationen zweifeln demnach Menschen an sich selbst und schätzen ihre Wirkung auf andere deutlich geringer ein, als sie tatsächlich ist.
Warum gibt es die Liking Gap?
Die Liking Gap hat dem Studienautor Cooney zufolge einen Sinn, wie das Magazin Vice erklärte. Denn Menschen würden nach Gesprächen ihr Verhalten reflektieren, sie würden sich unter anderem fragen, ob sie mit einem Witz eine:n Gesprächspartner:in gekränkt hätten. Der Nutzen an der Liking Gap liegt darin, wenn jemand wirklich einen unangebrachten Witz gemacht hat, könnte er durch die Selbstreflexion diesen erkennen. Menschen brauchen also eine innere Stimme, damit sie nicht unangebrachte Bemerkungen ihren Mitmenschen gegenüber machen.
Problematisch ist es laut Cooney jedoch, dass Menschen sich immer weiter in den Zweifel hineinsteigern.
In der Studie formulierten es die Wissenschaftler:innen ähnlich: Demnach existiere die Liking Gap, weil Menschen nach Gesprächen ihr Gegenüber nicht einfach fragen, wie diese die Situation wahrgenommen haben. Stattdessen beginnt in der Wahrnehmung eine Abwärtsspirale – die Gedanken werden immer negativer, bezogen auf die eigene Wirkung. Zudem kommt laut den Studienautor:innen die innere Stimme hinzu, die ihnen zufolge aussergewöhnlich selbstkritisch und negativ ist.
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Übrigens: Nicht oder selten von der Liking Gap betroffen sind Menschen, die sich selbst als nicht schüchtern erfahren, heisst es in der Studie.
Potenzielle Gefahren der Linking Gap
Dass Liking Gap durchaus zu Problemen führen kann, führte Psychologin Terri Apter gegenüber der Zeitschrift Psychology Today aus. Wer davon ausgeht, neu kennengelernte Menschen mögen einen nicht (so wie man sie mag), könnte defensiv reagieren. Die Konsequenz könnte sein: Menschen öffnen sich nicht dem Gegenüber und eine Beziehung zwischen zwei Personen kann sich gar nicht aufbauen.
Die Psychologin geht davon aus, dass die Liking Gap vor allem damit zusammenhängt, dass Menschen soziale Wesen sind. Hauptsächlich ginge es Personen auch gar nicht oberflächlich darum, einfach nur gemocht zu werden. Stattdessen liege in der menschlichen Natur ein grundlegendes Bedürfnis danach, in eine Gruppe aufgenommen zu werden. Teil einer Gruppe zu sein, war für unsere Vorfahren überlebenswichtig.
Falls du also das nächste Mal nach einer Party in Selbstzweifel gerätst, kannst du versuchen deine:n inneren Kritiker:in zurückzuhalten und zu vertrauen. Laut Psychologin Apter sei das ein Weg, um aus der Liking Gap herauszukommen. Denn wie sie sagt und die Studie von Cooney und Kolleg:innen zeigt, denken die meisten Menschen nicht so schlecht über andere, wie diese über sich selbst.
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