Wie gut steht es um die öffentlichen Verkehrsmittel in den 30 grössten deutschen Städten? Eine neue Studie zieht den Vergleich: Einzig der Überraschungssieger aus Ostdeutschland baut diese gemäss der deutschen Klimaziele aus. In zwölf Städten stagniert das Angebot an Bussen und Bahnen, in fünf wurde es sogar eingedampft.
In welcher deutschen Stadt kommt man am besten mit Bus und Bahn von A nach B? Um dieser Frage nachzugehen hat Greenpeace die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den 30 einwohnerreichsten Städten Deutschlands analysiert. Der Vergleich zeigt, wie sich der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel zwischen 2023 und 2025 entwickelt hat.
Greenpeace-Studie: Leipzig baut ÖPNV am stärksten aus
Leipzig belegt im Ranking den ersten Platz: Die Stadt hat ihr ÖPNV-Netz 2025 im Vergleich zu 2023 um ganze 14,6 Prozent ausgebaut. Seit 2024 hat Leipzig zusätzliche Buslinien und dichtere Takte auf mehreren Bus- und Strassenbahnlinien eingerichtet. Als einzige Stadt im Greenpeace-Ranking genügt der Ausbau des ÖPNV-Angebots den Anforderungen der deutschen Klimaziele (unten mehr dazu).
Nürnberg landet auf Platz 2. Die fränkische Metropole hat den Nahverkehr in den vergangenen beiden Jahren ebenfalls ausgebaut – um 5,4 Prozent. Hierfür verlängerte die Stadt U-Bahnlinien, nahm alte Strassenbahnlinien wieder in Betrieb und baute das Regionalbahn- und S-Bahn-Angebot im Umland aus.
Aachen sichert sich mit einem ÖPNV-Ausbau von 4,3 Prozent den dritten Platz. Die nordrhein-westfälische Stadt baute das Busangebot seit Mitte 2023 schrittweise aus, bis 2027 möchte man den ÖPNV um 30 Prozent steigern. Hinter Aachen folgen die Städte Münster und Dresden auf den Rängen 4 und 5.
Stuttgart, München und Co.: Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln tut sich wenig
Insgesamt zehn der 30 Grossstädte bauten ihr ÖPNV-Netz die vergangenen beiden Jahre aus. In zwölf weiteren Städten stagniert der Ausbau aber mehr oder weniger. Dazu zählen Stuttgart, Hamburg, München, Braunschweig und Wiesbaden. In Mannheim, Bielefeld und Bremen waren die Daten unvollständig, sodass sie keine Platzierung erhalten konnten.
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Berlin mit Problemen bei Bussen und Bahnen
Fünf Städte verringerten ihr ÖPNV-Angebot spürbar. Die letzten Plätze im Greenpeace-Ranking belegen deshalb:
- Karlsruhe mit -2,5 Prozent ÖPNV-Angebot
- Frankfurt am Main (-2,8 Prozent)
- Köln (-3,1 Prozent)
- Kiel (-3,7 Prozent)
- Berlin (-7,1 Prozent)
Berlin hat unter allen 30 Städten den stärksten Rückgang bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Berlin kämpft laut Greenpeace mit Personalengpässen im Busverkehr und überalterten U-Bahnen und deshalb gestreckten Takten. Ende 2024 kürzte der Berliner Senat zudem den Etat um knapp 100 Millionen Euro. Dennoch hat Berlin nach Einschätzung von Greenpeace insgesamt ein sehr gutes ÖPNV-Angebot.
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Verkehrsbetriebe stehen unter Druck
Als Gründe dafür, dass Städte den öffentlichen Nahverkehr reduzieren, nennt die Studie hohe Kosten, unter anderem durch Trassenpreise, sowie Personalmangel. Jährlich gehen laut Studie 4.000 bis 6.000 Beschäftigte in Rente, die Verkehrsunternehmen finden schwer neue Mitarbeiter:innen.
Auch die Leipziger Verkehrsbetriebe gaben etwa an, mit steigenden Kosten zu kämpfen und fordern zusammen mit anderen Strassenbahnstädten mehr Mittel vom Land Sachsen, um Angebotskürzungen zu verhindern.
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Warum wir dringend mehr öffentlichen Nahverkehr brauchen
Der öffentliche Nahverkehr ist für das Erreichen der Klimaziele im Verkehr mit entscheidend. Die Politik formulierte deshalb ambitionierte Ziele: Die Ampel-Regierung wollte die Fahrgastzahlen im Nahverkehr bis 2030 verdoppeln (im Vergleich zu 2019), ebenso die Verkehrsleistung im Schienen-Personenverkehr. Letzteres hatte zuvor bereits die Grosse Koalition beschlossen.
Zwar liess vor allem das Deutschlandticket die Fahrgastzahlen im Nahverkehr steigen und die Personenkilometer liegen leicht über dem Niveau von 2019. Von der angestrebten Verdoppelung ist der ÖPNV aber weit entfernt.
Dabei schonen die Öffis nicht nur das Klima, sondern ermöglichen auch gesellschaftliche Teilhabe jenseits vom (eigenen) Auto. Greenpeace fordert deshalb unter anderem einen mit den Bundesländern gemeinsam erarbeiteten Massnahmenplan für eine Fahrgastverdoppelung bis 2030. Ausserdem brauche es eine deutlich stärkere Finanzierung, um den ÖPNV-Betrieb zu sichern und neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen.

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Weitere Details zur Greenpeace-Studie "Verspätete Abfahrt” findet du hier. Zahlengrundlage sind die öffentlich zugänglichen Daten zum Verkehrsangebot der Städte. © UTOPIA