Mit der richtigen Körperhaltung zu mehr Selbstbewusstsein – das verspricht der Trend des sogenannten Power Posing. Aber funktioniert das wirklich?

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Hängende Schultern, gesenkter Kopf und nach unten gerichteter Blick – wir alle kennen die Körperhaltung, die wir einnehmen, wenn wir müde oder niedergeschlagen sind oder uns nicht wohl in unserer Haut ist.

Dagegen geben wir uns bei guter Laune und in einer Umgebung, in der wir uns sicher fühlen, wortwörtlich offener: Die Haltung ist entspannt, wir schauen mit aufmerksamem Blick und erhobenem Kopf in die Welt und haben dazu vielleicht noch ein Lächeln auf den Lippen. Unsere Stimmung hat viel Einfluss auf unsere Körperhaltung.

Aber wusstest du, dass nicht nur deine Stimmung deine Körperhaltung beeinflussen kann, sondern auch umgekehrt? Bestimmte Körperhaltungen sollen entsprechende Gefühle in uns auslösen und so unser Wohlbefinden und Selbstbewusstsein stärken. Der Trend "Power Posing" basiert auf genau dieser Annahme: Indem du Körperhaltungen einnimmst, die mit positiven Gefühlen verbunden sind, sollst du mit nur wenigen Minuten Aufwand am Tag zu mehr Selbstbewusstsein finden. Wir schauen uns an, was am Power Posing wirklich dran ist.

Power Posing – was ist das?

Power Posing ist der Begriff für bestimmte Körperhaltungen, die laut Studien helfen sollen, deine Stimmung und dein Selbstbewusstsein positiv zu beeinflussen. Die betreffenden Posen sollen die Cortisol– und Testosteronwerte im Körper regulieren können und so Stress abbauen und deine Laune heben.

Es geht dabei nicht um technisch exakte oder besonders komplizierte Übungen, sondern um ganz einfache Haltungen, die jede:r von uns kennt und im Leben schon mal eingenommen hat. Die jeweilige Position einige Augenblicke zu halten, soll reichen, um dein Wohlbefinden merklich zu verbessern. Power Posing ist besonders in den letzten Jahren auch auf Social Media beliebt und bekannt geworden und ist regelmässig Gegenstand psychologischer Untersuchungen und Studien.

Woher kommt der Trend?

Die Frage danach, wie Körperhaltung und mentaler Zustand zusammenhängen, ist ein gängiger Forschungsgegenstand der Psychologie. Bereits im 20. Jahrhundert prägte der Philosoph und Psychologe William James die sogenannten "Ideomotor Action Ideas". Im Rahmen seiner Forschungen dazu belegte er 1950, dass körperliche Gegebenheiten wie die Körperhaltung die Emotionen direkt beeinflussen.

Ein wichtiger Meilenstein für die Popularität des Power Posing war ein Forschungsprojekt der Universitäten Columbia und Harvard in den Vereinigten Staaten im Jahr 2010 zum Thema "Power-Posen". Die beteiligten Forschenden untersuchten, ob kurze Änderungen der Körperhaltung und das Einnehmen von Power-Posen das Verhalten und den Hormonfluss der Teilnehmenden tatsächlich nachweislich beeinflussen könnten. Sie kamen zu dem Schluss, dass dies der Fall sei.

Die Überzeugung, dass Körperhaltung, Mimik und Emotionen einander stark beeinflussen, ist seit James‘ Zeit nicht nur in der Wissenschaft immer wieder Gegenstand, sondern auch im privaten und beruflichen Alltag angekommen. Tipps dazu, wie du durch bestimmte körperliche Ausdrucksformen Einfluss auf deine Psyche nehmen kannst, sind beliebte Beiträge auf Social Media und Teil zahlloser Ratgeber zu Themen wie "Erfolg im Beruf" oder "Selbstbewusstsein stärken".

Funktioniert Powerposing wirklich?

Insgesamt kommen Studien und Untersuchungen zur Frage, ob Power Posing wirklich funktioniert, allerdings nicht zu einheitlichen Ergebnissen.

Einige Analysen bestätigen die Wirksamkeit der Praktik, so zum Beispiel die Columbia-Harvard-Studie von 2010. Laut teilnehmenden Wissenschaftler:innen sei der positive Einfluss der Power Posen auf die Psyche in verschiedenen beruflichen und privaten Situation unbestreitbar. Viele neuere Studien kamen jedoch auch zu anderen Ergebnissen oder konnten die Effektivität von Power Posing nicht ganz so zweifelsfrei belegen. Jedoch sind noch immer viele Expert:innen von dem starken Einfluss der Körperhaltung auf die Psyche überzeugt.

Die Universität Bamberg veröffentlichte im Jahr 2022 eine Meta-Analyse, in der relevante Publikationen zum Thema Power Posing genau unter die Lupe genommen wurden. Heraus kam die bis dato grösste Übersicht zu Studien zu diesem Thema. Durch Auswertung von 128 Experimenten mit beinahe 10.000 Teilnehmenden kam man zu dem Schluss: Power Posing funktioniert. Während noch immer viele Fragen zu der Problematik offen blieben, konnten die Forschenden klar erkennen, dass das Einnehmen bestimmter Posen definitiv zu einer besseren Selbstwahrnehmung und mehr Selbstbewusstsein beitragen kann.

Power Posing: So geht's

Wenn du gleich eine Prüfung, ein Vorstellungsgespräch oder einen wichtigen Arbeitstermin hast, kannst du dich mit Power Posing in wenigen Minuten in einen konzentrierteren und selbstbewussteren mentalen Zustand versetzen.

So einfach funktioniert Power Posing:

  • Suche dir einen ruhigen Ort, wo du ungestört bist (das kann auch einfach eine Toilettenkabine sein).
  • Nimm deine Power-Pose ein und behalte sie einige Sekunden bis zwei Minuten bei.
  • Bei Bedarf kannst du passend zur jeweiligen Pose auch deine Stärke oder deinen Erfolg visualisieren. Wie das zum Beispiel aussehen kann, erfährst du weiter unten.

Im Folgenden stellen wir dir einige beliebte Power Posen näher vor.

1. Superwoman/Superman-Pose

Für diese Pose stellst du dich zunächst gerade hin. Deine Beine stehen schulterbreit auseinander und fest auf dem Boden. Du stehst aufrecht, mit erhobenem Kopf, herausgestreckter Brust und nach hinten gezogenen Schultern. Stemm noch die zu Fäusten geballten Hände in die Hüften.

Schliesse dann gerne die Augen und stell dir vor, wie Superkräfte durch dich fliessen. Das müssen keine echten Superkräfte sein, aber du kannst dich auf deinen Körper konzentrieren und die vorstellen, wie die Pose dir Stabilität und Selbstvertrauen verleiht.

2. Stark wie ein Baum

Auch bei dieser Power-Pose stehst du aufrecht und mit schulterbreit aufgestellten Beinen. Die Brust streckst du heraus, dein Oberkörper ist gerade aufgerichtet. Diesmal jedoch bleiben die Hände locker an deinen Seiten hängen.

Konzentriere dich auf deine Atmung und stelle dir vor, dass sich deine Füsse immer tiefer mit dem Boden verwurzeln. Spüre dabei, wie dein Stand immer fester wird und fühle, wie die Stärke der Erde, mit der du verwurzelt bist, durch deinen Körper fliesst.

3. Sieger:innen-Pose

Du stehst wieder mit schulterbreitem Abstand deiner Füsse fest und aufrecht. Strecke die Arme dann hoch in die Luft, schliesse die Augen und setze ein Lächeln oder sogar ein Strahlen auf. Stell dir vor, wie du diese Sieger:innen-Pose einnimmst, wenn du dein Ziel endlich erreicht hast oder einen wichtigen Erfolg feierst. Wenn du möchtest, kannst du dir auch vorstellen, wie all deine Freund:innen und Familienmitglieder dir zujubeln und dich beglückwünschen.

4. Fertig. Los.

Diese Pose kannst du ganz leicht am Schreibtisch einnehmen. Stelle dich zunächst an deinen Tisch. Dein Stand ist stabil, die Beine leicht in Schrittstellung versetzt.

Nun stützt du dich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab und lehnst dich etwas nach vorne. Der Rücken bleibt dabei gerade und der Kopf erhoben. Diese Pose kannst du auch während eines Gesprächs einnehmen und so gegenüber deinen Gesprächspartner:innen Selbstvertrauen und Souveränität ausstrahlen.

5. Im Chef:Innensessel / Obama-Pose

Diese Pose heisst so, weil der ehemalige US-Präsident Barack Obama wohl immer so in seinem Bürostuhl gesessen haben soll.

Für diese Power-Pose musst du also nicht einmal aufstehen. Lehn dich einfach zurück in deinen Stuhl und verschränke die Arme hinter dem Kopf. Strecke dich gern dabei etwas und atme einmal ganz tief ein. Deine Beine bleiben die ganze Zeit auf dem Boden stehen oder ein Knöchel liegt auf dem anderen Oberschenkel. Wenn du ungestört bist, kannst die deine Beine auch entspannt auf der Tischkante ablegen. Nicht die Beine übereinander schlagen.

Mit dieser Pose strahlst du gleichzeitig Entspannung und Selbstbewusstsein aus und du kannst sie auch ganz einfach während eines Gesprächs einnehmen, sofern es im jeweiligen Rahmen angemessen ist. (Für ein Vorstellungsgespräch wäre diese Pose etwas zu entspannt – und auch darauf, die Beine auf den Tisch zu legen, solltest du verzichten, wenn du nicht allein im Raum bist.)

6. Du bist CEO

Auch hier bleibst du ganz entspannt in deinem Stuhl sitzen. Lehn dich zurück, beide Beine bleiben fest aufgestellt auf dem Boden. Platziere einen Arm auf der Armlehne und den anderen entspannt auf dem Tisch. Auch diese Haltung eignet sich super während eines Gesprächs als schneller Boost für dein Selbstbewusstsein.

Power Posing: Vermeide diese Fehler

Beim Power Posing solltest du es vermeiden, Körperhaltungen einzunehmen, die das Gegenteil von dem Selbstbewusstsein ausstrahlen, das du eigentlich erreichen willst. Folgendes solltest du beim Power Posing und auch generell nicht machen, wenn du dein Selbstbewusstsein langfristig stärken willst:

  • Die Schultern hängen oder nach vorne fallen lassen
  • Eine gebeugte Körperhaltung einnehmen
  • Den Kopf senken oder den Blick auf den Boden richten
  • Die Beine ganz eng aneinanderstellen oder stark anspannen
  • In der gesamten Haltung zu verkrampft sein (es soll keine Sportrunde werden; geradezustehen ist zwar wichtig beim Power Posing, versuche aber, nicht zu verkrampft dabei zu sein)

Wenn du dich mit solchen Haltungen "klein machst", suggeriert das dir und deinem Gegenüber, dass du ein geringes Selbstvertrauen hast oder sehr angespannt bist. Versuche daher beim Power Posing und auch generell in deinem Alltag, solche Positionen zu vermeiden. Du wirst überrascht sein, wie sehr dir diese kleinen Tipps in Kombination mit regelmässigem Power Posing zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen können.

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