Ein Psychologe erklärt, wann Geheimnisse belastend sind, was Menschen am häufigsten für sich behalten und wem man sich am ehesten anvertrauen sollte.
Michael Slepian ist Psychologe an der Columbia University in New York und hat für seine Forschung über 50.000 Menschen zu Geheimnissen befragt. Seine Erkenntnisse hat er in seinem Buch "The Secret Life Of Secrets: How Our Inner Worlds Shape Well-being" zusammengefasst. Im Interview mit dem Spiegel gibt Slepian einige Ratschläge zum gelungenen Umgang mit Geheimnissen, zum Beispiel welchen Personen man sie anvertrauen sollte.
Wem sollte man seine Geheimnisse mitteilen?
Laut Slepian hängt das von der Art des Geheimnisses ab. Wer zum Beispiel den Ehepartner oder die Ehepartnerin betrogen hat, sollte dies besser nicht einem gemeinsamen Freund oder einer gemeinsamen Freundin mitteilen. Für die dritte Person sei dies belastend, denn sie müsse dann das Geheimnis mitbewahren, sei aber aufgrund der Nähe zu den Betroffenen selbst in das Problem verwickelt. Wichtig sei deshalb also, eine Person auszuwählen, die ausreichend Distanz zu den Betroffenen hat.
Die entsprechende Person sollte ausserdem mitfühlend sein und nicht urteilen. Letzterer Punkt ist auch deshalb wichtig, weil Menschen laut Slepian eher Geheimnisse verraten, die sie für moralisch verwerflich halten, da sie dies gewissermassen als gerechte Strafe sehen.
Der Psychologe gibt noch einen weiteren Tipp: "Entscheiden Sie sich für einen Menschen, der Sie Ihrer bisherigen Erfahrung nach dazu drängen wird, zu tun, was getan werden muss."
Slepian ist zwar überzeugt davon, dass es immer jemanden gebe, den man sich anvertrauen könne. Wer dazu aber nicht bereit sei, könne zumindest ein Tagebuch führen. Das Aufschreiben der Geheimnisse könne dabei helfen, eine neue Perspektive zu finden, so "als würde man mit einer anderen Person sprechen", sagt der Geheimnis-Forscher.
Wann sollte man ein Geheimnis mitteilen?
Bedenklich seien Geheimnisse, wenn man im Alltag ständig darüber nachdenke oder gar Schlafprobleme habe. Slepian erklärt: "Geheimnisse zu haben, verändert, wie wir die Welt wahrnehmen. Berge wirken steiler, Distanzen länger und körperlich fordernde Aufgaben mühsamer, wenn man ein grosses Geheimnis für sich behält." Dies hätten er und seinen Kolleg:innen in seiner Forschung bereits nachweisen können. In solchen Fällen, sei es am besten, sich jemandem anzuvertrauen, um gemeinsam eine neue Perspektive oder Lösung zu finden.
Jedoch seien nicht alle Geheimnisse belastend. Ein geplanter Heiratsantrag könne zum Beispiel Vorfreude hervorrufen, erklärt Slepian. Am häufigsten behielten Menschen jedoch "beziehungsfremde Gedanken" für sich, dächten also trotz bestehender Partnerschaft an eine Beziehung mit einer anderen Person. Auch Diebstahl, Lügen sowie sexuelle Handlungen und Fantasien zählten zu den häufigsten Geheimnissen, verrät Slepian.
Verwendete Quelle: Spiegel © UTOPIA
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