Spargel ist ein beliebtes Gemüse in Deutschland. Doch die Schattenseiten vergessen viele: Importe aus Peru, beheizte Felder, Plastikfolien-Kulturen und unterbezahlte Saisonarbeiter:innen. Ist Bio-Spargel wirklich besser und worauf muss man beim Kauf achten?Ganze 1,4 Kilogramm – so viel Spargel verspeisten wir 2022/23 in Deutschland pro Kopf. Die weissen und grünen Stangen werden immer beliebter. Das spiegelt sich auch im Anbau wieder: Vergangenes Jahr ernteten Landwirt:innen hierzulange fast 106.000 Tonnen Spargel. Im Vergleich zum Jahr 2000 hat sich die Erntemenge damit mehr als verdoppelt.

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Doch ist regionaler Spargel automatisch guter Spargel? Sollte man ausschliesslich Bio-Spargel kaufen? Und ab wann gibt es Spargel aus Deutschland? Utopia hat sich angesehen, worauf du beim Stangengemüse achten solltest.

Der Trend bei Spargel geht zur regionalen Herkunft: Über 80 Prozent des Spargels kamen 2022 aus heimischen Anbaugebieten wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern. Die restlichen rund 20 Prozent des hier verkauften Spargels werden allerdings noch immer entweder mit dem Lastwagen aus Griechenland, Spanien und Italien importiert oder sogar aus Peru und Mexico eingeflogen. Und: Nur ein Bruchteil des grünen Spargels stammen aus deutschem Anbau.

Spargel aus Peru: Schlecht für Umwelt, Klima und Menschen

Was viele nicht wissen: Der südamerikanische Staat Peru ist in den vergangenen Jahren – nach China – zum zweitgrössten Spargelerzeuger weltweit avanciert. Peru ist ein gutes Anbaugebiet, da der Boden sandig und die Temperaturen in Äquatornähe konstant warm sind. Das macht es möglich, Spargel dort bis zu drei Mal im Jahr zu ernten.

Laut einer Untersuchung der ETH Zürich aus dem Jahr 2012 entsteht durch den Transport eines eingeflogenen Kilogramms Peru-Spargel ca. 20-mal mehr CO2 als bei regional angebautem Spargel. Nach Angaben des Verbands Süddeutschen Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) sind es zwölf Kilogramm CO2 pro Kilogramm Spargel aus Südamerika.

Neben dem grossen CO2-Fussabdruck gibt es ein weiteres Problem: Der Anbau in den trockenen Regionen verbraucht sehr viel Wasser – und das fehlt den Einheimischen. Der VSSE geht davon aus, dass die Produktion von Spargel z. B. in Peru wird 40 Prozent mehr Wasser benötigt als bei der Erzeugung in Deutschland. Deshalb: Wer Umwelt, Klima und Menschen nicht schaden möchte, sollte Spargel aus fernen Ländern besser meiden.

Warum du mit dem Spargelkauf warten solltest

Importierten Spargel – oft aus Griechenland, Spanien oder Italien – gibt es bereits im März. Doch Vorsicht: Inzwischen gibt es im März mitunter auch deutschen Spargel. Damit dieser so früh geerntet werden kann, wächst er auf beheizten Feldern – der Energieverbrauch ist verheerend für die Klimabilanz (mehr dazu siehe unten).

Wartet man einfach ein paar Wochen länger, beginnt auch in Deutschland die "echte" Spargelzeit. Die Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein rechnet dieses Jahr ab Mitte April mit heimischem Spargel. In der Regel kannst du ab Mitte April frischen regionalen Spargel kaufen – am besten Bio-Spargel.

Ist Bio-Spargel der bessere Spargel?

Spargel ist generell weniger mit Pestiziden belastet als andere Gemüsesorten, da der Pflanzenschutz erst nach der Ernte ausgetragen wird und bis zu zehn Monate vergehen, bis die neuen Sprossen kommen. Doch das ändert nichts daran, dass die ausgebrachten Pestizide die Böden belasten. Gegen möglichen Pilzbefall spritzen manche konventionelle Bäuer:innen sogar vorsorglich Pflanzenschutzmittel. Wer also sicher gehen möchte, dass sein Spargel frei von synthetischen Pestiziden ist, sollte unbedingt auf Bio-Spargel zurückgreifen.

Auch, um synthetische Dünger zu vermeiden: Im konventionellen Anbau werden die Spargelstöcke manchmal mithilfe eines unterirdischen Leitungssystem mit Kunstdüngern versorgt.

Im Bio-Anbau wird Spargel dagegen vor allem mit Mist und Kompost gedüngt. Pilzbefälle bekämpfen Bio-Betriebe mit Kupferlösungen. Kupfer ist nicht unproblematisch, unter anderem weil es auf Mikroorganismen und Weichtiere schon in geringen Mengen toxisch wirken kann. Bei Demeter-zertifiziertem Spargel wird daher kein Kupfer im Spargelanbau verwendet: Zur Pflanzenstärkung werden hier "Kräutertees" verwendet, etwa aus Ackerschachtelhalm. Wer sich genauer dafür interessiert, welche Pflanzenschutzmittel im Bio-Spargelanbau eingesetzt werden dürfen, erfährt mehr in der Verordnung des BVL.

Die hohe Nachfrage nach Spargel in Deutschland führt dazu, dass im konventionellen Anbau immer mehr Pflänzchen auf engstem Raum angepflanzt werden. Viele Bio-Spargelbetriebe geben den Pflanzen dagegen mehr Platz, so haben sie mehr Luft und Licht, um natürlich zu wachsen.

Ausserdem legt man beim biologischen Spargel-Anbau grossen Wert auf die Standortauswahl, denn die Spargel-Kultur soll für zwölf Jahre bleiben. Gegen sogenannte Bodenmüdigkeit wird nach der Erntezeit von acht bis zwölf Jahren ein Jahr Pause eingelegt und etwas anderes angepflanzt, bevor auf dem Feld wieder Spargel wächst.

Den grossen Hunger nach Spargel können Bio-Betriebe allerdings nicht stillen. Bislang liegt der Anteil an biologisch angebautem Spargel in Deutschland bei nur rund acht Prozent (siehe Grafik oben). Kürbisse oder Karotten gibt es zu einem deutlich grösseren Anteil aus Bio-Landbau. Doch welche Probleme bringt der konventionelle Spargelanbau in Deutschland überhaupt mit sich?

Umweltproblem beim Spargelanbau: Die Plastikfolie

Schwarz-Weiss-Folie und Antitau-Folie kommen im Spargelanbau seit Jahren zum Einsatz. Mittlerweile kann man an kaum einem Spargelfeld vorbeifahren, ohne auf die schwarzen oder durchsichtigen Folien zu blicken. 2018 gaben in einer Umfrage unter Spargelbäuer:innen 75 Prozent an, die Folie auf allen ihren Anbauflächen zu benutzen. Auch für Bio-Spargel sind die Folienabdeckungen in der Regel erlaubt.

Frühere Ernte dank Plastikfolie

Anti-Taufolien schützen, wie der Name verrät, den Spargel vor Tau und Kälte – vor allem nachts, wenn die Temperaturen im Frühling noch stark fallen können. Wendefolien wirken wie eine Art Gewächshaus: Sie speichern Wärme, der Spargel reift dadurch früher. Der Name erklärt sich so: Auf der einen Seite sind sie meist schwarz, was Sonnenlicht anzieht, und auf der anderen weiss, was Hitze abhält und die Entwicklung des Spargels verlangsamen kann – so lässt sich der Ernteverlauf gut steuern.

Positiv an den Folien: Die Spargelpflanzen haben weniger Stress und wachsen besser. "Da es zu einer Ernte-Verfrühung um bis zu vier Wochen kommt, brauchen wir weniger Importe", so Schumacher vom VSSE. Ausserdem müssen weniger keine Herbizide eingesetzt werden, da der Spargel die Folie durchstösst, die Unkräuter dagegen nicht.

Umweltschützer:innen kritisieren hingegen den Anbau von Spargel unter Folien. Laut einer Forschungsreihe des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Brandenburg wird die Entwicklung von Bodentieren wie Milben und von Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien in zeitweise abgedeckten Spargeldämmen nicht unterdrückt, sondern sogar gefördert. Angebliche negative Einflüsse seien durch langfristige Beobachtung und fundierte Untersuchungen widerlegt worden, hiess es dazu vom Zentralverband Gartenbau.

Der Einsatz von Folien hat vor allem folgenden Grund: Unsere Spargelsaison dauert etwa von Mitte April bis traditionell 24. Juni (Johannistag). Importierter Spargel aus Griechenland, Peru und Co. ist schon früher zu bekommen – und oft auch billiger. Die Verbraucher:innen möchten also Spargel immer früher essen, ihn aber am liebsten aus der Region bekommen. Die heimischen Betriebe geraten so unter Druck: Sie müssen nun früher liefern.

Plastikfolie ist nicht umweltfreundlich

Für den Spargelanbau werden riesige Mengen Abdeckfolien produziert – wie fast jeder Kunststoff basieren sie auf dem knappen Rohstoff Erdöl und sind schon deshalb nicht gerade umweltfreundlich. Wie sich die teils riesigen Folienlandschaften langfristig auf die Umwelt auswirken, ist noch nicht abschliessend geklärt.

Inwieweit Vögel, vor allem Bodenbrüter unter den Plastikabdeckungen leiden, wird diskutiert. Laut einem Gutachten der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg sind von 2003 bis 2013 mindestens 21 Brutvogelarten ausgestorben. Das untersuchte Gebiet lag zur Hälfte für den Spargelanbau unter Folie. Naturschützer:innen kritisieren: Auch Insekten, Kleinsäuger und Pflanzen leiden unter den Feldern, die kilometerweit mit Plastikfolien verdeckt sind.

Laut dem VSSE kann die Schwarz-Weiss-Folie immerhin acht bis zwölf Jahre wiederverwendet werden, wenn sie nicht beschädigt ist. Danach kann sie recycelt werden. Was in der Realität damit passiert, kommt allerdings auf die einzelnen Betriebe an. Viele Landwirt:innen verwenden statt PVC-Folien inzwischen immerhin solche aus Polyethylen. Bei diesem Material ist das Risiko, dass es gefährliche Schadstoffe abgibt, geringer als bei PVC.

Auch Bio-Spargel nicht frei von Folie

Folientunnel auf dem Feld werden auch eingesetzt, um die Wärme zu regulieren. Es muss nicht geheizt werden, aber Plastik kommt zum Einsatz. Das ist nicht nur in der konventionellen Landwirtschaft der Fall, sondern auch in Bio-Betrieben kann Folie im Anbau genutzt werden. Organisationen wie dasThünen-Institut für Biologischen Landbau lehnen die Verwendung von Folien nicht grundsätzlich ab, allerdings diskutiert der Ökolandbau den Einsatz.

Miese Klimabilanz: Beheizte Spargelfelder

Spargel beginnt bei einer Bodentemperatur von etwa zwölf Grad zu wachsen. Damit die Sprossen schon viel früher spriessen, werden manche Felder beheizt. Der Aufwand, den die Landwirt:innen hier betreiben, ist enorm. Unter der Erde, wo die Spargelpflanzen wurzeln, wird ein Röhrensystem verbaut, durch das warmes Wasser fliesst. Das Wasser wird beispielsweise durch Biogasanlagen oder Hackschnitzelheizungen erwärmt, die am Feldrand untergebracht sind. Schumacher vom VSSE ist sich aber sicher, dass nicht viele Betriebe zu dieser Methode greifen: "In unserem Verband sind ungefähr 480 Mitglieder-Höfe, von denen betrifft das gerade einmal eine Handvoll."

Spargel von beheizten heimischen Feldern kann in der Klimabilanz sogar schlechter abschneiden als importierter Spargel aus Griechenland, Spanien oder Italien. Das hiesse, es wäre dann tatsächlich besser, griechische Stängel zu kaufen als heimischen Heiz-Spargel. Wir Verbraucher:innen können diesem Irrsinn entgegenwirken, indem wir Spargel nur dann kaufen, wenn die Zeit dafür reif ist – und zwar regional.

Saisonarbeitskräfte ernten konventionellen und Bio-Spargel

Zehntausende Saisonarbeiter:innen kommen während der Spargelzeit jedes Jahr vor allem aus Osteuropa nach Deutschland, um Spargel, Erdbeeren und Co. zu ernten. Die Saisonarbeit mit den Arbeitskräften, die überwiegend aus Rumänien und Polen kommen, ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite werden sie für einen sehr harten Job sehr schlecht bezahlt (seit der Mindestlohn-Bestimmung ist die Bezahlung etwas besser) und arbeiten oft unter prekären Bedingungen. Auf der anderen Seite scheint es für Spargelbetriebe fast unmöglich, deutsche Erntehelfer:innen zu finden – offenbar möchten Einheimische den Knochenjob nicht machen. Diesen Trend konnten auch die freiwilligen Erntehelfer:innen während der Corona-Pandemie 2020 nicht stoppen.

Kurzum: Würden die Saisonarbeiter:innen ausbleiben, würde die gesamte Spargelindustrie in Deutschland zusammenbrechen. Und das gilt für Bio-Spargel genauso wie für konventionellen Spargel. Dann müsste der gesamte Spargel importiert werden. Die Spargelbetriebe sind also auf die Arbeiter:innen angewiesen und die ausländischen Arbeitskräfte auf den kargen Lohn für ihre Saisonarbeit. Laut Mindestlohn-Bestimmung, die seit 2015 auch für Saisonkräfte gilt, müssen landwirtschaftliche Betriebe derzeit 12,41 Euro pro Arbeitsstunde bezahlen.

Vieles läuft allerdings immer noch in einem Graubereich ab: Manche Landwirt:innen zahlen für ihre Arbeiter:innen nicht in die Krankenkassen ein oder bezahlen pro geerntetem Kilo anstatt pro Stunde. Dabei ist die Arbeit sehr anstrengend und die Erntehelfer:innen müssen ganz genau arbeiten: Eine reife Spargelstange befindet sich meist dort, wo die Erde schon rissig ist. Sie muss gestochen werden, bevor ihr Kopf ans Licht kommt und sich violett verfärbt. Beim Stechen dürfen die Arbeiter:innen keine heranwachsenden Sprossen in der Nachbarschaft zerstören und wenn sie die Stangen zu nah an der Wurzel stechen, schmecken sie später unangenehm bitter.

Fazit: Bio-Spargel ist besser für Umwelt und Gesundheit – wichtig bleibt das richtige Mass

Bio-Spargel ist für die Böden definitiv besser als konventioneller Spargel. Riesige Plastikfolien-Kulturen über ganze Felder sind allerdings auch im biologischen Anbau erlaubt. Höfe mit Bio-Spargel findest du z.B. unter spargeltreff.de oder unter bioverzeichnis.de. Am sinnvollsten ist es, wenn du dir die Spargelhöfe in deiner Nähe einmal genauer ansiehst.

Noch etwas weiter als die meisten Bio-Betriebe gehen Demeter-Betriebe: Für Demeter-Spargelhöfe sind Plastikfolien aus PVC verboten, Folien aus nachwachsenden Rohstoffen hingegen erlaubt und werden teilweise auch verwendet. Auf Demeter-Höfen werden auch keine Felder beheizt.

Antje Kölling von Demeter rät zum bewussten Spargelverzehr:

Spargel ist köstlich, aber auch eine Kultur, die den Boden recht stark auslaugt und viel Handarbeit erfordert. Das heisst, wenn er konventionell oft sehr billig auf dem Markt ist, sollte man das hinterfragen. Spargel ist eben doch ein Gericht für besondere Maiensonntage und kein Grundnahrungsmittel.

Utopia meint: Spargel war lange ein Luxusprodukt für besondere Tage – und keine Massenware. Da Spargel mühsam per Hand geerntet werden muss, sollten wir ihn bewusst und nur in Massen konsumieren. Grundsätzlich sollte man Spargel nur von regionalen Erzeuger:innen innerhalb der heimischen Saison kaufen – und dabei auf das Wetter achten: Wird in einem kalten, verregneten März schon Spargel angeboten, stammt dieser höchstwahrscheinlich von einem beheizten Feld. Bio-Spargel schont zudem Böden und Abwasser.

Um die Arbeitsbedingungen für die Spargel-Erntehelfer:innen und Saisonarbeiter:innen zu verbessern oder zumindest konstant zu halten, ist es ratsam, etwas mehr Geld für Spargel auszugeben: Wenn Lebensmittel sehr billig sind, kann man nicht davon ausgehen, dass dass sie zu fairen Bedingungen hergestellt werden.

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Mit Material der dpa.

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