Viren auf Zahnbürste und Duschkopf? Das hört sich zunächst besorgniserregend an. Doch ganz im Gegenteil: Forschende sind begeistert von der bislang unbekannten Biodiversität und sehen grosse Chancen für medizinischen Fortschritt.

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Die Fachzeitschrift Frontiers in Microbiomes hat im Oktober 2024 eine neue Studie von Mikrobiolog:innen der Northwestern University in den USA veröffentlicht. Das Ergebnis: Auf unseren Zahnbürsten und Duschköpfen leben über 600 verschiedene Arten von Viren – viele davon bislang unerforscht oder gänzlich unbekannt.

Aber keine Sorge: Obwohl bei der Vorstellung von Viren gleich die gesundheitlichen Alarmglocken klingeln, geben die Forschenden Entwarnung. Tatsächlich sehen sie in der Entdeckung ein grosses Potenzial für Fortschritt in der medizinischen Forschung.

Hintergrund der Studie: Hygiene im Badezimmer

Doch wie kam es dazu, dass die Mikrobiolog:innen die Viren überhaupt entdeckten?

Das Forschungsteam unter der Leitung von Erica M. Hartmann hatte zunächst ein Interesse an möglichen Hygienerisiken im Badezimmer. Der Hintergrund zu dieser ursprünglichen Forschungsarbeit von 2021 basierte auf dem Wissen, dass Mikroben sich in feuchten Umgebungen am wohlsten fühlen.

Die Wissenschaftler:innen wollten demnach herausfinden, ob sich im Badezimmer gesundheitsschädliche Viren vermehren, wenn diese durch die Toilettenspülung aufgewirbelt werden. Das Team analysiert dazu Duschköpfe und Zahnbürsten aus unterschiedlichen Haushalten.

Aufbauend auf dieser Forschungsarbeit sammelten die Forschenden Proben von 96 Duschköpfen und 34 Zahnbürsten, um diese auf mikrobiologische Vielfalt zu untersuchen. Die Ergebnisse waren erstaunlich.

Viren auf Zahnbürste und Duschkopf: Was Forschende fanden

In der Studie wurden insgesamt 614 Virustypen entdeckt. Dazu sagte Hartmann:

"Die Anzahl an Viren, die wir gefunden haben, ist wirklich erstaunlich. (…) Wir haben zum einen Viren gefunden, über die wir noch wenig wissen und zum anderen welche, von denen wir bisher nicht wussten, dass sie existieren."

Bei den Viren handelt es sich um sogenannte Bakteriophagen (Phagen). Bakteriophagen sind Bakterienviren, auch Bakterienfresser genannt, die ausschliesslich Bakterien infizieren und sich in ihrem Wirtsorganismus vermehren. Sie sind der Wissenschaft bekannt, aber noch wenig erforscht.

In der Medizin hat man besonderes Interesse an den Bakterienviren, da sie das Potenzial haben, Infektionskrankheiten ausgelöst von antibiotikaresistenten Keimen zu bekämpfen. Das wäre ein grosser Fortschritt für die Wissenschaft.

Mehr dazu hier: Wenn Antibiotika versagen: Jetzt bekämpfen Viren krankmachende Bakterien

Zudem könnte es in Zukunft möglich sein, für mehr Hygiene zu sorgen, ohne dabei auf antimikrobielle Produkte angewiesen zu sein. Das wäre eine besonders schonende Art der Reinigung, bei der auf den Einsatz von harter Chemie verzichtet würde, durch den schliesslich auch die gutartigen Bakterien getötet werden.

Es ist demnach beeindruckend, was für eine bislang unbekannte Biodiversität in unseren Badezimmern zu finden ist. Die Entdeckung des Forschungsteams stösst in Fachkreisen auf viel Hoffnung und unterstreicht die Notwendigkeit für weiterführende Forschung auf dem Gebiet.

Kein gesundheitliches Risiko

Die Viren auf Zahnbürsten und Duschköpfen sind also eine grossartige Entdeckung für Wissenschaft und Medizin. Die Mikrobiolog:innen geben zudem Entwarnung – von den Bakterienviren geht kein gesundheitliches Risiko für Menschen aus. Du musst sie nicht entfernen.

Was also bedeutet die Entdeckung für den Alltag im Bad? Die Erkenntnis stellt einen weiteren Grund dar, auf synthetische Chemiekeulen zur Reinigung zu verzichten. Denn solche Mittel schaden nicht nur der Umwelt, sondern auch der Bakterienvielfalt. Stattdessen solltest du auf natürliche Reinigungsmethoden zurückgreifen. In den folgenden Ratgebern findest du Tipps und Hinweise dazu:

Auch bei deiner Zahnbürste kannst du auf Hygiene achten. Reinige eine elektrische Zahnbürste regelmässig, um sie von schädlichen Keimen zu befreien. Eine reguläre Zahnbürste solltest du wechseln, wenn du sie mehrere Monate benutzt hast.

Doch auch dann gilt im Sinne der Nachhaltigkeit: Alte Zahnbürsten nicht wegwerfen: So kannst du sie nutzen.

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